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Salonkonzert mit Ann VriendRekordkulisse in der Scheune in Witscheiderhof

Lesezeit 3 Minuten

Zugabe um Zugabe forderten die Besucher in Witscheiderhof von Kaley Kinjo (v.l.), Ann Vriend und Elie Mercier.

Bad Münstereifel-Witscheiderhof – „Die hat eine Stimme wie Carole King“, sagte ein Konzertbesucher. Tatsächlich steht die Kanadierin Ann Vriend den ganz Großen des Musikbusiness in nichts nach. Sie begeisterte beim Salonkonzert auf ganzer Linie und riss das Publikum mit ihrer kraftvollen Blues-Stimme und ihrem Groove von den Stühlen. Als die Temperaturen in der Scheune am Abend allmählich sanken, heizte sie musikalisch mächtig ein.

Gastgeberin Waltraud Stening freute sich auch im Namen der Bürgerstiftung Bad Münstereifel und des Sponsors Westenergie sehr, Ann Vriend (Gesang, Piano), Kaley Kinjo (Bass) und Elie Mercier (Schlagzeug) endlich begrüßen zu können. Das Konzert war bereits für April 2020 geplant, musste aber pandemiebedingt immer wieder verschoben werden. Rund 200 Leute waren gekommen, um sich von der kanadischen Band mitreißen zu lassen, sich auch nachdenklichen Themen zu widmen, die Ann Vriend in ihren Songs verarbeitet hat.

Unter der Pandemie gelitten

Ihr Lebensmotto, aus allem das Beste zu machen, spiegelte sich in der Musik wider, aber auch in ihrer Moderation. Als Künstlerin war sie von den Pandemie-Maßnahmen besonders hart betroffen. Neben dem wirtschaftlichen Aspekt fehlten ihr Bühne und Publikum. Nicht auftreten zu dürfen, war eine Belastung. Die Musik wollte aus ihr raus. Daher stellte sie sich eines Tages auf die Terrasse vor ihrem Haus, begann zu musizieren und erlebte, wie die Menschen kamen, lauschten und Freude hatten.

Trennung durch Pandemie und Krieg inspirierten Ann Vriend zu ihrem Song „If You Were Here“. Das zarte, fluffige Stück war umrahmt vom A-cappella-Gesang am Anfang und liebevoll gesetzten, perlenden Klaviertönen am Schluss. „Anything I Know“ handelt von einem Liebespaar in einem armen Stadtviertel. Ann Vriend selbst wohnt in einem weniger privilegierten Teil von Edmonton. Sie erzählte von der Drogenproblematik dort und von einem Einbruch in ihr Haus, bei dem sie mit Kopfhörern im Dachgeschoss saß und arbeitete, während der Einbrecher sich vom Keller bis nach ganz oben herauf wagte und schließlich bei ihr im Zimmer stand. Verurteilt wird bei Ann Vriend nicht, sie beschäftigte sich lieber mit den Hintergründen für die Tat. Hierzu sang sie das Lied „Hurt People“.

Mädchenhafter Charme

Ann Vriend lässt den Kopf niemals hängen, und das strahlte sie auch aus. Ihr mädchenhafter Charme war einfach umwerfend. Frisch, lebensfroh, präsent und überaus nahbar zog sie das Publikum in ihren Bann. Mit dem Piano schien sie verwachsen zu sein, denn das spielte sie so mühelos „nebenher“, als sei es das Einfachste der Welt. Packend war aber vor allem ihre unglaubliche Stimme, kraftvoll, aber natürlich und unaufdringlich.

Die in Vancouver geborene Vollblut-Musikerin zeigte sich als absolute Frontfrau. Zurückhaltender waren dagegen meist ihre männlichen Bandkollegen, denen aber immer wieder Solopassagen vergönnt waren, die sie teilweise spektakulär ausfüllten. Sagenhaft, was Elie Mercier aus seinem stark reduzierten Schlagzeug alles rausholte.

Kaley Kinjo profilierte sich nicht nur als bemerkenswerter Bassist, sondern unter anderem auch als Komponist und Leadsänger des Songs „Flags“. Er zeigte dabei eine andere Handschrift als Vriend, die Musik hatte etwas von Reggae, seine Stimme erklang warm und samtig.

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Am Ende war das Publikum völlig aus dem Häuschen. Wer bis dahin nicht längst zum Tanzen aufgestanden war, sprang auf und forderte eine Zugabe. Und noch eine und noch eine. Ann Vriend, Kaley Kinjo und Elie Mercier gaben nochmal so richtig Gas und verließen die Scheune ebenso beglückt wie die Gäste.

Auch für die Band war das Konzert eine große Sache, denn sonst spielt sie eher vor 25 bis 100 Zuhörern, berichtete der Bassist in der Pause. Das kleinste Konzert gaben sie in einer Berliner Wohnung, das größte nun in der Scheune in Witscheiderhof.