Haus von Flut zerstörtKünstlerin Silvia Kock wagt zweiten Neuanfang in Blankenheim

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Eine Frau steht neben einem Kunstgemälde

Silvia Kock will im einstigen Einzelhandelsgeschäft künftig Mal- und Zeichenkurse für alle Altersstufen anbieten. Ihr Atelier heißt in der Ahr“, was rückblickend durchaus wörtlich gemeint ist.

Die Künstlerin Silvia Kock hatte alle ihre Arbeiten digitalisiert und konnte die Festplatten vor der Flut retten.

Wieder gibt es einen Leerstand weniger an der Ahrstraße. Die aus Berlin an die Ahr gewechselte Künstlerin Silvia Kock hat mit ihrem Ehemann ein Wohnhaus samt Verkaufsraum im Erdgeschoss gekauft. Ab Mai bietet sie dort Mal- und Zeichenkurse an. „In der Ahr“ hat die 65-Jährige ihr Atelier genannt. Diese Bezeichnung hat nicht nur mit der Lage im historischen Kern des Ahrquellen-Ortes zu tun. Der Fluss hat vielmehr das Schicksal von Silvia Kock und Ehemann Hartwig Kausch in jüngster Zeit entscheidend geprägt.

„Wir haben zuvor 40 Jahre in Berlin gelebt, haben uns dann aber über Besuche von Bekannten, die aus der Stadt an die Ahr gezogen sind, ins Ahrtal verliebt“, so Kausch. 2021 gab er sein Taxigewerbe in der Hauptstadt auf, und die beiden machten sich an die Renovierung eines 350 Quadratmeter großen Wohnhauses mitten in Altenahr, nahe des Tunnels.

Die aus Dormagen am Niederrhein stammende Künstlerin hatte – nach Ausbildungen zur Gestaltungsassistentin am Staatlichen Berufskolleg in Rheinbach, als Grafikerin an der heutigen Cologne International School of Design in Köln, nach mehreren Semestern an der Hochschule der Künste in Berlin, nach sieben Jahren als Kunsttherapeutin in der Justizvollzugsanstalt in Berlin-Tegel und dazu als kreative Mitarbeiterin in Berliner Kitas – alles auf eine Karte gesetzt:

Frisch renoviertes Haus von der Flut zerstört

„Berlin hat sich in den vergangenen rund 20 Jahren erheblich verändert. Die Stadt ist teurer geworden, der Ton aggressiver“, so Kock. Gerade ein halbes Jahr lang hatten Kock und Kausch die Renovierungsarbeiten im neuen Zuhause in Altenahr beendet und die Künstlerin ihr Atelier im Erdgeschoss mit Arbeiten aus 40 Jahren gefüllt, da kam die Flut. „Unser Haus wurde bis in die zweite Etage geflutet“, so Silvia Kock. Zum Glück ist hinter dem Gebäude ein Garten, der sich den Berg hinaufzieht.

Dorthin konnte sich das Ehepaar flüchten. Doch ihre gerade frisch bezogene neue Existenz war zerstört. Glück im Unglück: Kock hatte alle ihre Arbeiten digitalisiert und konnte die Festplatten retten. Doch der Traum vom Leben im Ahrtal war erst einmal ausgeträumt. „Das wird nie mehr so, wie es mal war“, so Hartwig Kausch, nachdem die beiden nach der Flut ihr Haus besichtigten – das, was davon übrig war. Die Schäden wurden zu zwei Dritteln erstattet, das Haus war unterversichert.

Paar findet neues Haus in Blankenhein

Kock und Kausch fanden zunächst einen Unterschlupf bei ihrer Familie, dann mieteten sie eine 35 Quadratmeter große Wohnung in Köln-Ehrenfeld an. Ihren Traum von einem Leben in der schönen Eifel und an der Ahr wollten sie dennoch nicht aufgeben. „Wir haben uns vor gut einem Jahr einfach auch in Blankenheim umgesehen, und nach längeren Verhandlungen wurden wir mit dem Besitzer des Hauses hier nahe am Georgstor handelseinig“, so Hartwig Kausch.

Hier leben die beiden nun seit zwölf Monaten. Auf 100 Quadratmetern im Erdgeschoss des ehemaligen Einzelhandelsgeschäfts ist das Atelier „In der Ahr“ entstanden. Ab Mai werden Mal- und Bastelkurse für Kleinkinder, Angebote für Jugendliche und Erwachsene sowie ein Kurs in Freier Malerei angeboten. Über dem Atelier und Kursraum wohnen die beiden, im zweiten Obergeschoss ist eine Ferienwohnung eingerichtet. Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren haben Kock und Kausch einen Neuanfang gewagt.

Alleine waren sie dabei nicht: „Wir haben unheimlich viel Solidarität gespürt“, so Silvia Kock. Etwa 70 Stühle wurden ihnen zum Beispiel für den symbolischen Preis von 50 Euro geschenkt. Vor allem die Freundlichkeit der Blankenheimer gefalle ihr, sagt Kock dankbar. Das sei einfach etwas anderes als die Berliner Schnoddrigkeit. Und nicht nur das: Auch ihren ersten Geisterzug haben die beiden schon hinter sich. „Das war einfach faszinierend“, schwärmt Kock. Den Geisterzug, Berlin oder jede andere Weltstadt hin oder her, gibt es eben so nur in Blankenheim.

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