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Denkwürdige SitzungGemeinderat Blankenheim lehnt Bürgerbegehren gegen Tiny-Häuser ab

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Ein Mann steht inmitten von vielen sitzenden Menschen in einer Aula.

Dirk Schumacher (rechts, stehend), einer der Initiatoren des vorläufig gescheiterten Bürgerbegehrens gegen den Bau von 20 Tiny-Häusern im Wald oberhalb des Freilinger Sees.

Anwesende der Bürgerinitiative haben sich im Anschluss deutlich geäußert: „Was hier geschieht, ist Politik über die Köpfe der Bürger und Bürgerinnen hinweg!“

In einer denkwürdigen Sitzung hat der Blankenheimer Gemeinderat das Bürgerbegehren gegen den Bau von 20 Tiny-Häusern im Waldgebiet oberhalb des Freilinger Sees abgelehnt. Mehr als 30 Zuhörer verfolgten das Geschehen im Gemeinderat. Für diejenigen, die den Bürgerentscheid gegen den geplanten Bau der Tiny-Häuser in Freilingen unterstützen, waren es bittere Minuten.

Denn Béla Gehrken, Fachanwalt für Verwaltungsrecht der Kölner Großkanzlei Johlen und Partner, die die Verwaltung um Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens beauftragt hatte, machte schonungslos klar: Das Bürgerbegehren erfülle – wie schon berichtet – zentrale inhaltliche Anforderungen nicht und sei daher unzulässig.

Blankenheim: Initiative stellt Antrag auf Eilentscheidung zur Zulässigkeit ihres Begehrens

Zuvor hatte sich Dirk Schumacher für die Initiative des Bürgerbegehrens unter Verweis auf die Gemeindeordnung das Rederecht erbeten. Der öffentliche Teil der Ratssitzung wurde kurz unterbrochen. Er sei „entsetzt darüber, wie der Gemeinderat sich über die Meinung von 20 Prozent der Wahlberechtigten hinwegsetzt“, sagte Schumacher in Erwartung des folgenden Abstimmungsergebnisses.

Gemeint waren die 1528 gesammelten Stimmen des Bürgerbegehrens. Die Initiative hatte schon am vergangenen Dienstag vorsorglich beim Aachener Verwaltungsgericht einen Antrag auf Eilentscheidung zur Zulässigkeit ihres Begehrens beantragt. Doch das Gericht, so Bürgermeisterin Jennifer Meuren, habe nach Telefonaten mit den Rechtsanwälten der Streitparteien eine solche Eilbedürftigkeit verneint.

Das sagen die Blankenheimer Fraktionen zur Entscheidung

Wer erwartet hatte, dass sich nach Wiederaufnahme der Sitzung nun Vertreter der Fraktionen in der Sache zu Wort melden würden, sah sich enttäuscht. So blieb die Öffentlichkeit – in diesem Fall immerhin mehr als 30 Bürgerinnen und Bürger in der Aula der Gesamtschule Eifel – uninformiert über die Standpunkte der Fraktionen. Der Redaktion dieser Zeitung wurde allerdings eine schriftliche „Stellungnahme“ aller Ratsfraktionen übermittelt.

In dem Text, den Herbert Daniels, Vorsitzender der CDU-Faktion, für alle Ratsmitglieder unterschrieben hat, heißt es unter anderem, dass sich der Gemeinderat der Stellungnahme der Anwaltskanzlei Johlen und Partner anschließe. Dazu habe man sich „nach bestem Wissen und Können und unter Beachtung des Grundsatzes der Verfassung des Landes und der Gesetze zum Wohle der Gemeinde“ entschlossen.

Die Initiative der „Bürgerumfrage“ werde aber ebenso begrüßt wie die „Stellungnahmen vieler Bürger:innen, die die politischen Verantwortlichen gebeten haben, die Gemeinde Blankenheim weiterhin im touristischen Segment aufzuwerten“. Einstimmig war dann – ohne eine einzige Wortmeldung – das Abstimmungsergebnis.

Bau der Tiny-Häuser ist noch nicht entschieden

Doch der Bau der Tiny-Häuser ist damit noch nicht entschieden. Davor steht noch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen. Das sollte nicht die einzige Merkwürdigkeit dieser Gemeinderatssitzung bleiben. In deren Vorfeld hatte Herbert Daniels für die CDU-Fraktion in dieser Zeitung die entstandenen Mehrkosten beim Umbau des Gebäudes Ahrstraße 50, des ehemaligen Konsums, zum neuen Rathaus kritisiert, eine „Neubewertung“ der gesamten Baumaßnahme gefordert und verlangt, keine weiteren Ausgaben für das Projekt zu genehmigen. All das hatte die CDU-Fraktion als Beschlussantrag für die Ratssitzung angekündigt.

Doch überraschend zog Daniels für die Christdemokraten den Antrag zurück. Am 1. März habe es einen Baustellentermin mit allen Fraktionsvorsitzenden, Vertretern des nicht-öffentlich tagenden Arbeitskreises „Runder Tisch Bauprojekte“, des Architekten, der Bauleitung, Baufirmen und der Verwaltung gegeben. Dabei seien alle Bedenken ausgeräumt worden. So steht es in der Beschlussvorlage zur Gemeinderatsitzung. Daniels kritisierte im Rat nur noch, „dass man das frühzeitiger kommunizieren und transparenter hätte darstellen müssen“. Denn es handele sich um eine „Ausnahmesituation und kein normales Bauprojekt“.

„Was hier geschieht, ist Politik über die Köpfe der Bürger und Bürgerinnen hinweg!“

Beschlossen wurde bei dem Termin offenbar auch eine Mittelfreigabeermächtigung für die Bürgermeisterin in Höhe von bis zu 100.000 Euro für den Fortgang der Baumaßnahme. Sogar 150.000 Euro für den Rohbau und die Zimmererarbeiten stimmte der Rat zu. Dazu heißt es in der Sitzungsvorlage: „In der anschließenden Besprechung im Rathaus war man sich einig, dass der Baufortschritt nicht ständig durch neue Sachverhalte gehemmt werden darf.“

Zum Thema gab es im Gemeinderat neben Herbert Daniels’ Anmerkungen und dem Hinweis von Rudi Huth (FDP) auf die Abmachung im Rathaus nur noch eine Wortmeldung. Erich Krings (SPD) aus Ripsdorf verweigerte seine Zustimmung: „Wir haben den Ratsbeschluss, dass alle Ausgaben über 5000 Euro allen Gemeinderatsmitgliedern mitgeteilt werden. Jetzt geht es um 150.000 Euro!“

Bürgermeisterin Jennifer Meuren gelobte Besserung für die Verwaltung, doch die Zustimmung von Erich Krings zur Mittelfreigabe erhielt sie nicht. Rund 15 Minuten später war die öffentliche Sitzung beendet. Die wenigen noch gebliebenen Bürger – der Großteil hatte die Aula der Gesamtschule nach dem Beschluss zum Bürgerbegehren verlassen – packten ihre Sachen. „Was hier geschieht, ist Politik über die Köpfe der Bürger und Bürgerinnen hinweg!“, ließ eine Besucherin noch lautstark verlauten. Der Gemeinderat nahm es ohne sichtbare Reaktion zur Kenntnis.

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