VorweihnachtsstressBlankenheimer Postboten bringen Briefe, Pakete und gute Laune

Lesezeit 4 Minuten
Sarah Vorstadt (vorne) und Nicole Wödl sortieren im Blankenheimer Verteilzentrum die Briefe, deren Anschriften die Lesemaschinen nicht entziffern konnten, per Hand. Und natürlich tragen sie an diesen Tagen rot-weiße Nikolauszipfelmützen.

Per Hand sortieren Sarah Vorstadt (vorne) und Nicole Wödl die Briefe, deren Anschriften die Lesemaschinen nicht entziffern konnten.

Für die Mitarbeiter der Post ist die Vorweihnachtszeit stressig. In den Adventswochen werden allein vom Verteilzentrum in Blankenheim aus bis zu 128.000 Pakete und an die 700.000 Briefe zugestellt. 

Einer der wohl kleinsten Weihnachtsbäume ist LED-beleuchtet, gerade mal um die 25 Zentimeter hoch – und hat einen Ehrenplatz. Sarah Vorstadt hat ihn direkt neben die Regale mit den Fächern für die Handsortierung der Briefpost ihres Zustellbezirks aufgestellt. Darüber kleben im Zustellzentrum Blankenheim an der Regalseitenwand jede Menge Grußpostkarten: Weihnachtsgrüße ihrer Kunden.

Es ist die letzte Adventswoche, also erfährt auch Vorstadt, was viele ihrer Kollegen unter den 407 Mitarbeitern im übergeordneten Zustellstützpunkt Euskirchen gerade erleben. „Die Leute bedanken sich für die Arbeit“, so Vorstadt: Dass auch sie bei Wind und Wetter zuverlässig die Post zugestellt hat.

Nur am Black Friday sind es noch mehr Pakete  

Dabei lächelt sie, das tut sie oft und gerne. Warum schlechte Laune verbreiten – ausgerechnet an diesem Mittwoch, dem Tag mit dem stärksten Brief- und Paketaufkommen des Jahres auch im Zustellstützpunkt für die Gemeinden Blankenheim und Dahlem? Bezogen auf die an einem Tag zugestellte Paketmenge war der 30. November nach dem „Black Friday“ deutschlandweit mit 10,7 Millionen Paketen der stärkste Novembertag aller Zeiten, so Pressesprecher Dieter Schuhmachers.

Auch Sarah Vorstadt spürt das auf ihrer Tour – wie auch in dieser 51. Kalenderwoche, an den sieben Tagen bis zum Weihnachtsfest. Seit 2017 fährt sie Mülheim, Rohr, Lindweiler und das Industriegebiet oberhalb von Blankenheim an.

Das Foto zeigt das Team des Zustellstützpunktes Blankenheim in schwarz-gelber Montur der Post.

Gute Laune herrscht im Team des Zustellstützpunktes Blankenheim, gerade auch am „Starkverkehrstag Nummer 1“ in dieser Vorweihnachtszeit.

Auch an diesem 21. Dezember, als sie fast zeitgleich mit den täglichen Lkw aus dem Briefzentrum Troisdorf-Spich und dem Paketzentrum Neuwied zur Arbeit im Zustellstützpunkt am Ahornweg im Blankenheimer Industriegebiet kommt, ist klar: Das ist ein Starkverkehrstag, wie es in der Branche heißt. In einer normalen Woche sortieren sie hier 77.000 Pakete und 560.000 Briefe und stellen sie zu. Gerade aber können es binnen Wochenfrist bis zu 128.000 Pakete und an die 700.000 Briefe sein.

Sarah Vorstadt, seit 2004 Zustellerin bei der Deutschen Post, bringt das   trotzdem nicht in Weihnachtsstress. Auch Kollegin Nicole Wöld am Handsortierpunkt gegenüber, die wie Vorstadt zur Feier des Tages eine Nikolausmütze trägt, wirkt konzentriert, aber nicht gehetzt.

Selbstgebackenes und kleine Geldgeschenke von den Kunden

Ja, manchmal sei es nicht nur die Weihnachtskarte, sondern auch  Selbstgebackenes, so Vorstadt, das man ihr als kleine Aufmerksamkeit überreiche. Ein vorgezogenes Neujährchen, wie es oft auch die Mitarbeiter der Müllabfuhr oder die Zeitungszusteller erhalten. Manchmal ist es   auch Bares, das man ihr in diesen Tagen schenkt. Bis 25 Euro darf sie das Geld behalten. Was darüber hinausgeht, muss mit den Kollegen geteilt werden, so ihre Vorgesetzte, Euskirchens Stützpunktleiterin Ute Klinkhammer.

Vorstadt jedenfalls freut sich darüber, während sie ihren Elektro-Zustelltransporter startklar macht. Die Pakete sind im Ladebereich, die Briefe auf dem Beifahrersitz in den gelben Tragecontainern in „Gangfolge“ gestapelt. Vorne in der Windschutzscheibe prangt ihr Vorname auf einem kleinen Metallschild – als wäre der gelbe Wagen ein 40-Tonner und sie nicht die Zustellerin, sondern ein „Trucker-Babe“. Unter dem Schild hat Sarah Vorstadt etwas Kunstreisig drapiert. Zusammen mit der Zipfelmütze tragenden Fahrerin ist klar: Hier kommt die Nikoläusin von der Post. Weihnachtsstress? Wo?

Schon zweimal von einem Hund gebissen worden

Schwungvoll startet sie und rollt zügig nach Mülheim ein. „Wie geht es Ihnen?“, fragt sie wenige Minuten später besorgt die ältere Dame, die ihr freundlich die Haustüre öffnet. Briefpost hat sie dabei, vielleicht auch „Waren tragende Sendungen“. So nennt die Post etwas umständlich die stark steigende Zahl aller nur denkbaren Brief- und Päckchensonderformate, die auch eine Folge des boomenden Onlinehandels sind. Die hat Vorstadt unter den Arm geklemmt und in der Hand für die ersten Adressen, die sie zu Fuß abläuft. „Vorsicht Hund“, warnt unmissverständlich der Hausbesitzer per Schild am Tor seines massiven Gartenzauns, das Vorstadt jetzt öffnen muss.

Zustellerin Sarah Vorstadt füttert die Briefkästen eines Mehrfamilienwohnhauses in Mülheim. Eine weiße Katze lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen.

„Die Leute in meinem Bezirk, das ist meine zweite Familie.“ Zustellerin Sarah Vorstadt ist unterwegs in Mülheim.

Der Vierbeiner ist zwar nicht zu sehen, doch die Weihnachtspostzustellerin wirkt aufmerksam: Zweimal sei sie ja schon gebissen worden: „Einmal so schwer, dass ich 14 Tage ausgefallen bin.“ Dennoch ist für sie – und erst recht so kurz vor Weihnachten – klar: „Alle Hunde in meinem Bezirk kriegen Streicheleinheiten.“ Mag das Gegenüber das nicht, ist sie geschult, wie sie mit Hundeaggression umzugehen hat. Schlimmstenfalls kann sie die Zustellung abbrechen.

Die Leute in meinem Bezirk sind für mich wie eine zweite Familie
Sarah Vorstadt, Postzustellerin

Doch soweit soll es ja nicht kommen. Stattdessen gibt es weitere kurze, freundliche Gespräche an Haustüren und Gartenzäunen – und vor Weihnachten jede Menge Selbstgebackenes. „Die Leute in meinem Bezirk sind  für mich wie eine zweite Familie“, strahlt Sarah Vorstadt und startet ihr Elektroauto. Geräuschlos rollt sie die Straße in Richtung Ortszentrum von Mülheim hinab.

Rundschau abonnieren