Caritasverband50 neue Ehrenamtler meldeten sich für Geflüchtetenhilfe in Euskirchen

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Ehrenamtliche Sprachmittler: Student Michael Mai beantwortet einer ukrainischen Mutter und ihrer Tochter erste Fragen. 

Euskirchen – 1100 Geflüchtete aus der Ukraine befinden sich zurzeit im Kreis Euskirchen. Das jedenfalls war der Sachstand am vergangenen Donnerstag. „Man kann aber davon ausgehen, dass es rund ein Drittel mehr sind“, sagt Carsten Düppengießer, Leiter des Bereichs Migration und Geflüchtetenhilfe beim Caritasverband Euskirchen.

Da es kein verbindliches Meldesystem gibt, lässt sich die Zahl der Menschen, die vor dem Krieg in ihrer ukrainischen Heimat geflüchtet sind, nicht genau beziffern. Drei Viertel der Geflüchteten im Kreis, so die Schätzung, sind privat bei Verwandten oder Bekannten untergekommen. Nur eine verschwindend geringe Anzahl sei bislang den Kommunen zugewiesen worden.

Kontaktaufnahme ist erschwert 

„Der Nachteil ist: Durch die private Unterbringung kommen wir nur schwer an die betreffenden Personen heran“, so Mitarbeiterin Lydia Honecker. Bei Geflüchteten, die nach ihrer Ankunft registriert und zunächst in Zentrale Unterkünfte (ZUE) des Landes kommen, sei es einfacher, Informationen über Hilfs- und Unterstützungsangebote zu streuen: „Man fährt einfach in die Unterkünfte“, so Honecker.

Die Migrations- und Geflüchtetenhilfe der Caritas Euskirchen hat in den letzten Jahren beste Erfahrung gemacht mit der flankierenden Arbeit ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer. Zwei Wochen nach Ausbruch des Krieges wurde deshalb ein Aufruf gestartet, auf den sich mehr als 50 Menschen gemeldet haben, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. Viele von ihnen sprechen entweder Russisch oder Ukrainisch.

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Wollen flexibel auf die Bedürfnisse reagieren:  Johanna Strömer (v.l.), Simon Rauch, Lydia Honecker und Carsten Düppengießer.

Aus dem Pool dieser freiwilligen Helfer entstammen auch die Sprachmittler, die mittlerweile an jedem Wochentag im Café International zu finden sind. Michael Mai ist einer von ihnen. „Ich wollte irgendetwas tun, nicht nur zu Hause sitzen“, sagt der 21-Jährige, der in Euskirchen lebt und in Köln Betriebswirtschaftslehre studiert.

Drei Stunden in der Woche

Drei Stunden in der Woche verbringt er in in dem offenen Treff und hilft den Neuankömmlingen, erste sprachliche Hürden zu nehmen. „Ich kann kein Ukrainisch. Aber die meisten Ukrainer sprechen auch Russisch, außerdem sind sich die Sprachen ähnlich – etwa so wie Deutsch und Holländisch“, so der junge Mann.

Begeistert ist das Caritas-Team auch von jenen Geflüchteten, die bereits seit einigen Jahren zu den Klienten der Einrichtung gehören und die in der Regel ein Asylverfahren in Deutschland durchlaufen haben. Lena Alchurrahi ist eine von ihnen, und ihr bereitet es große Freude, nun selber etwas für geflüchtete Menschen tun zu können.

Ehrenamtler stehen bereit

Migration und Geflüchtetenhilfe

Das Caritaszentrum für Migration und Geflüchtetenhilfe bietet in seinen Räumen in den Herrenbenden 1 in Euskirchen Beratungsdienste und Einzelfallhilfen für Geflüchtete und erwachsene Zuwanderer an.

Café International

Teil des Konzepts ist die offene Begegnungsstätte Café International. Montags bis donnerstags, 9.30 bis 16.30 Uhr, sowie freitags von 9.30 bis 13 Uhr bietet sich hier Raum für Austausch und Begegnung alter und neuer Nachbarn. Für Geflüchtete aus der Ukraine und auch deren Unterstützer sind jeden Tag ehrenamtliche Sprachmittler vor Ort, die Russisch oder Ukrainisch sprechen. Sie helfen Ratsuchenden bei Fragen, beim Knüpfen von Kontakten oder mit ersten Informationen zum Angebot des Caritaszentrums für Migration und Geflüchtetenhilfe.

Gespräche mit Psychologen

Jeden Dienstagvormittag kommt der Leiter der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL), Benedikt Kremp, in die Begegnungsstätte. Der Psychologe bietet Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind, Gespräche über das Erlebte an – auf Wunsch mit Begleitung durch eine ukrainische Psychologin. Anmeldung unter Tel. 0 22 51/7 94 74 13. 

Kleiderstube für Baby- und Kinderkleider

Angesichts steigender Nachfrage hat die Caritas in einem Nebenraum das Kici eröffnet, eine Kleiderstube für gut erhaltene gebrauchte Baby- und Kinderkleidung, die an geflüchtete Menschen aller Nationalitäten kostenfrei abgegeben wird. 

Der Krieg in Syrien brachte sie vor sechs Jahren mit ihrer Tochter ins Land. Im Café International ist sie nicht nur als Sprachmittlerin für Arabisch und Syrisch im Einsatz, sondern jetzt auch im Kleiderladen Kici. Dieser wurde kurzerhand in einem der Räume eingerichtet: „Unser eigentlicher Laden an der Wilhelmstraße wurde während der Flut zerstört und ist noch nicht wiederaufgebaut“, berichtet Carsten Düppengießer.

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Im Kici helfen Ehrenamtliche wie Christine Jost (r.) und Lena Alchurrahi, die selber vor vor dem Krieg in Syrien geflüchtet ist.

Die Baby- und Kinderbekleidung, die sich in den Regalen stapelt, wird kostenfrei an alle Geflüchteten abgegeben, nicht nur an Menschen aus der Ukraine. „Für manche Geflüchtete, die schon länger hier sind, ist es eine Sache der Ehre, hier auszuhelfen oder selber Kleidung zu spenden“, erzählt Honecker und fügt an: „Hier wird Vielfalt gelebt!“

Auch andere Angebote, die zurzeit entstehen oder schon lange im Caritaszentrum für Migrations- und Geflüchtetenhilfe angesiedelt sind, richten sich an alle Klientinnen und Klienten: Zum Beispiel der Spielplatz-Treff, den eine ehrenamtliche Deutschlehrerin jeden Donnerstag von 16 bis 17.30 Uhr organisiert. Während sich die Kleinen gemeinsam austoben, übt sie mit den Erwachsenen Deutsch.

Sprachkurse noch stärker nachgefragt

Die niederschwelligen Sprachkurse, die die Caritas in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk anbietet, sind durch die Zuflucht suchenden Menschen aus der Ukraine noch gefragter als sonst schon. „Derzeit laufen fünf Kurse. In einem sind ausschließlich Ukrainer, für einen weiteren gibt es bereits eine Warteliste“, sagt Caritas-Mitarbeiter Simon Rauch. Ukrainische Geflüchtete hätten zudem direkt Anspruch auf einen Integrationskurs, in dem rund 600 Unterrichtsstunden Deutsch enthalten sind, so Rauch. Ein Umstand, der nicht für alle Geflüchteten gilt.

Überhaupt: Die gesellschaftlich spürbare Tendenz, Geflüchtete in zwei Klassen zu unterteilen, schmeckt hier niemandem. „Ich würde mir wünschen, dass die Hilfe und Unterstützung, die die ukrainischen Menschen zu Recht erhalten, zumindest ein Stück weit in gleicher Flexibilität und Offenheit für alle gelten würden, die vor Krieg und Not geflüchtet sind“, formuliert es Düppengießer vorsichtig .

Weitere Planung ist schwierig

Noch weiß niemand, wie viele Menschen aus der Ukraine noch ihren Weg in den Kreis finden werden. „Zurzeit können wir das alles noch gut stemmen, ohne dass unsere Bestandsklienten hinten runterfallen“, sagt Simon Rauch. Sollte die Zahl etwa durch Zuweisung in die Kommunen des Kreises deutlich steigen, käme der Caritasverband nicht ohne zusätzliche Ressourcen aus. „Seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gibt es aber bereits Signale, dass auf Antrag die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer personell aufgestockt werden kann“, so Düppengießer.

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