Batteriespeicher für 100 Millionen EuroGemeinde Dahlem auf dem Weg zur Energiekommune

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Das Umspannwerk in der Gemeinde Dahlem im Kreis Euskirchen.

Das Umspannwerk bei Dahlem spielt bei den Plänen sowohl für die Freiflächen-Photovoltaikanlage wie für den großen Batteriespeicher eine Schlüsselrolle: Hier soll der Strom ins Netz eingespeist werden.

Die kleinste Gemeinde im Kreis Euskirchen ist beim Thema Erneuerbare Energien ganz groß: Jetzt will ein Unternehmen aus München in Dahlem einen riesigen Batteriespeicher bauen. Gesamtvolumen des Projekts: 100 Millionen Euro.

„Wir wollen bis 2045 zwischen Eifel und Rhein mehr erneuerbare Energie produzieren, als wir verbrauchen können, und die Region so klimapositiv machen.“ Schon bis 2035 soll der Strom für e-regio-Kunden zu 100 Prozent Ökostrom sein. Diese Ansage machte e-regio-Geschäftsführer Stefan Dott im September bei der Eröffnung des Windparks Rohr-Reetz. Große Freiflächen-Photovoltaikanlagen spielen dabei eine gewichtige Rolle. Ein derartiges Projekt will die e-regio nun mit der auf den Bau dieser Anlagen spezialisierte F & S Solar Concept aus Euskirchen in Dahlem starten.

Leistung von 8,4 Megawattstunden

Grundsätzlich positiv steht die Gemeinde diesem Vorhaben gegenüber. Im Blick haben e-regio und F&S 7,91 Hektar derzeit landwirtschaftlich genutzter Fläche oberhalb Dahlems. Die erwartete Leistung der PV-Modulreihen liegt bei 8,4 Megawattstunden pro Jahr – es entstünde eine der größten Freiflächenanlagen im weiten Umkreis. Konkret handelt es sich um zwei von der B51 getrennte Grundstücke auf den Gemarkungen „Im Eisental hinter den Steinbrüchen“ und „Auf den Steinbrüchen“.

Die Investoren beantragen nun die nötige Änderung des Flächennutzungsplans und die Erlaubnis zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Die Flächen haben nach Angaben von F&S nur einen niedrigen amtlichen Bodenrichtwert von 34 von 100 möglichen Punkten. Im Klartext: Rentierlicheres könne dem Landwirt, dem der Grund gehört, sowie der Gemeinde, der 90 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen winken, kaum passieren, so die Investorenvertreter im Gemeinderat. Zudem sei eine Genossenschaft als Betreibergesellschaft denkbar, an der sich auch die Bürger beteiligen könnten.

Trotz der schönen Einnahmeaussichten waren nicht alle Politiker von den Plänen überzeugt, wenn auch Bürgermeister Jan Lembach seine Gemeinde angesichts nicht nur dieses Vorhabens zur „führenden Kommune mindestens im Kreis in Sachen erneuerbare Energien“ aufsteigen sieht. Doch Kopfzerbrechen bereitet die vorgesehene 3,1 Hektar große Fläche im südlichen Teil, die von den Schallschutzwänden der B51 oberhalb von Dahlem abgegrenzt wird. Sie liegt, nur teilweise getrennt von Hecken oder Sträuchern, unmittelbar vor den ersten Reihen der Wohnbebauung.

Was ist für Bürger zumutbar?

CDU-Fraktionssprecher Werner Lorse machte klar, dass seine Fraktion den Plänen so nicht zustimmen könne: Er sehe vor allem eine erhebliche Beeinträchtigung der „Sichtbeziehung“ für die Anwohner. Parteikollegin und Dahlems Ortsbürgermeisterin Marita Schramm mahnte an: „Wir müssen uns fragen, was wir den Anwohnern noch zumuten können.“ Ullrich Böttger (Bündnis 90/Grüne) brachte neben einer Halbierung dieser südlichen Teilfläche als Ausgleich eine Vergrößerung der 4,85 Hektar großen, nördlich der B51 liegenden Projektfläche ins Spiel. Man solle mal das Gespräch mit dem Landwirt suchen – auch wenn die Bodenrichtwerte in diesem höher gelegenen Teil größer als im unteren seien, so auch Bürgermeister Jan Lembach.

Am Ende blieb der Beschluss zur Planänderung seitens des Gemeinderats aus, stattdessen haben die Investoren nun einige Hausaufgaben zu erledigen: Alternative Zuschnitte des Areals prüfen, mit Grundstückeigentümern sprechen und für das gesamte Areal eine Visualisierung entwickeln. Und dann dürfen sie zur nächsten Gemeinderatsitzung wiederkommen.

Riesiger Batteriespeicher für 100 Millionen Euro

Eine Schlüsselrolle könnte Dahlem, in diesem Fall das Umspannwerk, auch bei einem weiteren Großprojekt zukommen: bei der Stabilisierung des Stromnetzes, der Vermeidung von Netzengpässen und der Verwertung eingespeister Erneuerbarer Energien. Es wäre nah genug, um die Energie aus 56 jeweils um die acht Meter langen und um die drei Meter hohen Speichercontainern eines neuen Batteriespeicherwerkes aufzunehmen und ins Netz einzuspeisen.

„Rund 100 Millionen Euro“, so Johannes Rodenbücher vom Generalunternehmer Kyon Energy Solutions GmbH aus München, soll das Großprojekt kosten. Der Batteriespeicher soll eine Nennleistung von 100 Megawatt haben und eine maximale Speicherkapazität von 200 Megawattstunden, so Rodenbücher. Ein 1,5 Hektar großes, rechteckiges Grundstück, das Rodenbücher in der Gemeinderatsitzung als „ideal in ganz Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz“ bezeichnete, soll parallel der B51 wenige hundert Meter vom Umspannwerk entfernt bebaut werden.

„15 Millionen Euro Gewerbesteuer in 15 Jahren“

Von außen soll es aufgrund des erhöhten Straßendamms und möglicher zusätzlicher Begrünung der Module kaum zu sehen sein. Die Gemeinde wurde um ihr Einvernehmen gebeten, selber steuern kann sie das Bauvorhaben nicht, das laut Flächennutzungsplan im Außenbereich auf einer derzeit landwirtschaftlich genutzten Fläche liegt und genehmigungsfähig sein soll, sofern keine öffentlichen Belange dagegen sprechen. Die hat die Kreisverwaltung bislang nicht gesehen und das Großprojekt als privilegiertes Bauvorhaben eingestuft. Dafür soll die Gemeinde vom Batteriespeicher einige Jahre profitieren.

„Bis zu 15 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen in 15 Jahren Betriebszeit sind denkbar“, so Rodenbücher. Natürlich nur, wenn die Projektgesellschaft rentierlich arbeitet, also genug erneuerbare Energie dem Speicher zufließt. Die Kyon Energy GmbH bezeichnet sich selbst als Marktführer beim Batteriespeicherbau. Angesichts all dessen konnte einem schon etwas schummerig werden, auch Bürgermeister Jan Lembach: „So richtig glauben kann ich das noch nicht. Wenn, dann hätte hier keiner was dagegen.“ Bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen war der Zweifel im Gemeinderat bei der abschließenden Abstimmung überschaubar. Baubeginn könnte, ein zügiges Genehmigungsverfahren vorausgesetzt, Ende 2023 sein. Die Bauzeit beträgt dann 18 bis 24 Monate.

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