Stadtrat EuskirchenGrüne Ratsfraktion lässt Bündnis mit CDU platzen

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Rathaus_Euskirchen

Das Euskirchener Rathaus (Symbolbild)

Euskirchen – Die schwarz-grüne Listengemeinschaft im Euskirchener Stadtrat ist geplatzt. Gut 14 Monate nach Beginn der Zusammenarbeit hat der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen beschlossen, den Gestaltungspakt zu lösen. So hatten die Partner ihre – im November 2020 auf beiden Seiten einhellig abgesegnete – Vereinbarung genannt.

Ausgelöst wurde der Bruch durch die Grünen-Ratsfraktion. Sie hatte für eine weitere Zusammenarbeit keine Grundlage mehr gesehen und deshalb dem Ortsverband einstimmig empfohlen, den Pakt aufzukündigen. An der Abstimmung in der Fraktion nahmen 14 Mitglieder teil. Zehn stimmten für das Ende der Kooperation, vier enthielten sich der Stimme, wie auf Anfrage Thomas Keßeler erklärte. Er ist Stadtverordneter und zugleich Sprecher des Ortsverbandes.

CDU-Chef Voussem: Durch die Grünen geht ein Riss

In dessen Reihen fiel die Abstimmung dann mit 9:7 (bei vier Enthaltungen) knapp aus. „Das Ergebnis zeigt, dass ein Riss durch die Partei geht“, sagte CDU-Chef Klaus Voussem. Diese Spaltung habe bewirkt, dass die Grünen nicht mehr kooperationsfähig gewesen seien. So sei das Ende der Listenpartnerschaft zwar „bedauerlich, aber kein Beinbruch“, erklärte Voussem, der sowohl den Stadtverband als auch die Ratsfraktion der Union leitet.

Der Zusammenschluss von CDU und Grünen zu einer Listengemeinschaft im Herbst 2020 kam überraschend, waren zwischen ihnen in den Jahren zuvor doch immer wieder deutliche Gegensätze zu Tage getreten. Prompt betonten die Partner, jeweils eigenständig zu bleiben.

Sie wollten Sachthemen in den Vordergrund stellen und im 59-köpfigen Rat mit ihren 31 Stimmen als gestaltende Mehrheit auftreten. Als Ziele nannten sie unter anderem ein besseres Stadtbus-Angebot, Optimierungen im Radwegenetz, mehr bezahlbaren Wohnraum, eine stärkere ökologische Ausrichtung sowie einen Qualitätsausbau in der Ganztagsbetreuung und in der Jugendsozialpolitik.

Einiges davon wurde umgesetzt, anderes immerhin in die Wege geleitet. Die Grünen erklärten nach der Trennung, sie würden im Rat weiter „mit allen demokratischen Kräften zum Wohle der Stadt“ an konstruktiven Lösungen arbeiten, um die Zukunft Euskirchens positiv zu gestalten.

Unionssprecher Voussem sagte: „Wir machen jetzt ,CDU pur’. Ohne uns, die größte Fraktion, wird es für die anderen schwer, Anträge durchzusetzen.“ (ejb) 

Auf der Gegenseite sagte Keßeler, die CDU-Fraktion sei „nicht homogen“, sie bestehe aus „verschiedenen Interessengruppen“. Dies habe dazu geführt, dass wiederholt Teile des schriftlich beschlossenen Gestaltungspakts nicht eingehalten worden seien. So formulierten es Keßeler und Co-Sprecherin Sabine Repschläger in einer Pressemitteilung.

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Im Detail werfen die Grünen der CDU vor, sich in drei Punkten nicht an Vereinbarungen gehalten zu haben. So habe die Union nicht geschlossen zu der Abmachung gestanden, im Stadtbusverkehr einen 15-Minuten-Takt einzuführen. Dazu erklärte Voussem, dass die Entscheidung darüber im Aufsichtsrat der Stadtverkehrsgesellschaft SVE gefallen sei – und zwar in nicht öffentlicher Sitzung, zu deren Inhalten er sich nicht äußere.

Beide Parteien überziehen sich mit Vorwürfen

Ein weiterer Vorwurf der Grünen bezieht sich auf die Planung von Wohngebieten. Vereinbarungen zum sparsamen Flächenverbrauch und zur Stärkung des Hochwasserschutzes im Stadtgebiet seien „nur schöne Worte geblieben“, so der Ortsverband. „Trotz der Flutkatastrophe ist hier keine Bereitschaft zur Veränderung erkennbar“, heißt es weiter.

Voussems Konter: „Hochwasserschutz war doch gar nicht Gegenstand unserer Abmachungen.“ Ihm sei von Anfang an klar gewesen, dass die Zusammenarbeit nicht einfach werden würde. Doch es habe „einige Themen mit Schnittmengen“ gegeben. In der konkreten Ausgestaltung habe sich aber ergeben, dass zwischen den Fraktionen unüberbrückbare Differenzen bestanden hätten.

Das Fass zum Überlaufen brachte offenbar im Dezember die Ratsdebatte zum geplanten Wohngebiet auf dem ehemaligen Gelände der Westdeutschen Steinzeugwerke, speziell die Frage, wie hoch der Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen sein soll. Die CDU stimmte mit FDP und AfD für einen Anteil von 17 Prozent, „obwohl“, so der Vorwurf der Grünen, „der Investor signalisiert hatte, auch eine höhere Quote von 20 Prozent zu akzeptieren“.

Mit Blick auf die AfD, ohne die der Beschluss nicht zustande gekommen wäre, erklärte jetzt der Grünen-Ortsverband: „Die im Wahlkampf noch beschworene Brandmauer gegen die extreme Rechte wurde also von CDU und FDP ohne Not eingerissen.“ Dass die Union sich der Stimmen der AfD bedient habe, „überschreitet eine Grenze, jenseits derer eine Grundlage für die Zusammenarbeit nicht mehr gegeben ist“.

Voussem nannte diese Argumentation „völlig absurd, völlig haltlos“. Im Rat habe eine Vorlage der Verwaltung zur Abstimmung gestanden. „Wie sich die Stimmen der Fraktionen verteilen, kann man vorher nicht wissen.“ Eine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD „gibt es nicht und wird es nicht geben“.

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