Der Euskirchener Feuerwehrmann Matthias Stupp war mehr als 21 Stunden unterwegs. Im Gepäck hatte er auch einen Freundschaftsbaum.
Freundschaft seit der FlutEuskirchener Feuerwehrmann wandert mit Baum an einem Tag nach Essen

Der Euskirchener Feuerwehrmann Matthias Stupp ist von Euskirchen nach Essen gewandert. Knapp 120 Kilometer war er unterwegs.
Copyright: Matthias Stupp
Aus einer spontanen Idee wurde ein emotionaler Kraftakt: Matthias Stupp von der Löschgruppe Großbüllesheim ist zu Fuß nach Essen-Burgaltendorf marschiert – 117 Kilometer in gut 21 Stunden, mit mehr als 1300 Höhenmetern. Sein Ziel: den Kameraden der dortigen Feuerwehr, mit denen seit der Flutkatastrophe 2021 eine enge Freundschaft besteht, einen Freundschaftsbaum zu überbringen.
Die Verbindung zwischen beiden Wehren ist eng. Seit den gemeinsamen Einsätzen bei der Flutkatastrophe 2021 in Schweinheim und an der Steinbachtalsperre halten Burgaltendorfer und Großbüllesheimer Feuerwehrleute zusammen. „Wir sind seitdem eine echte Feuerwehrfamilie“, sagt Stupp, der seit der Hochwasserkatastrophe eine sehr emotionale Verbindung zu den Kameraden aus dem Ruhrgebiet hat. Doch dazu später mehr. Aus einer scherzhaften Frage – „Wie weit ist es eigentlich von Euskirchen bis nach Essen zu Fuß?“ – wurde sein Plan: Rucksack packen, loswandern, Baum übergeben.
Kölner Lichter zwingen Feuerwehrmann zu einem Umweg
Am vergangenen Freitag um 14 Uhr startete Stupp in Großbüllesheim. „Die ersten Kilometer waren lang und monoton – immer an der Bahnstrecke entlang. In den Villewäldern hat mich dann der erste Schauer erwischt“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Nach einem Abstecher durch Köln und über den Rhein stieß in Stammheim ein Feuerwehrfreund dazu. „Er hatte sogar einen kleinen Verpflegungspunkt vorbereitet. Das hat mir echt geholfen“, so Stupp, der in Köln einen kleinen Umweg wandern musste. Die zuvor ausgeguckte Strecke war im Bereich des Tanzbrunnens gesperrt. Der Grund: die Kölner Lichter.
Doch Stupp ließ sich weder davon noch von anderen kleinen Hindernissen auf der Tour abschrecken. „Ich wollte mich eigentlich an einer Tankstelle mit Getränken und etwas zum Essen eindecken – die war aber für immer geschlossen. In dem Moment denkst du: Was, wenn ich nichts mehr zu trinken habe? Das ist für den Kopf schon eine Hausnummer“, so Stupp.
Die letzten Kilometer wurden für Matthias Stupp emotional
Besonders emotional wurde es laut Stupp auf den letzten Kilometern: „Ab dem Ortsschild Burgaltendorf hatte ich nur noch Gänsehaut. Gedanken an die Flutnacht 2021 schossen mir durch den Kopf. Ich musste gegen die Tränen kämpfen und war mir plötzlich unsicher, ob ich überhaupt ins Ziel komme.“
Kurz vor der letzten Kurve half eine Pause: „Ein halber Liter Wasser über den Kopf – und ich war wieder bereit für die letzten Meter.“ Was dann folgte, beschreibt Stupp als unvergesslich: „Der Empfang durch die Freiwillige Feuerwehr Burgaltendorf war einfach überwältigend. Ihr seid verrückt – im allerbesten Sinne!“ Viel Zeit zum Ausruhen blieb nicht: Feuerwehrfest, ein kurzes Nickerchen, wieder Feuerwehrfest.

Auf den letzten Metern wurde Matthias Stupp von zwei Kameraden der Essener Feuerwehr begleitet.
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Ein Bild mit Dom durfte auf der Wanderung nach Essen nicht fehlen.
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Über mehr als vier Jahre verbindet Stupp mit den Feuerwehrleuten aus Essen nun schon eine enge Freundschaft. Das erste Mal aufeinandergetroffen sind sie während der Flut in Schweinheim, als ein Feuerwehrfahrzeug der Löschgruppe in Großbüllesheim in den Fluten feststeckte, die Besatzung in Lebensgefahr schwebte. Darunter befand sich auch Matthias' Bruder Volker.
Die Essener unterstützten die Euskirchener Wehr mit Strömungsrettern. Unter anderem schickte der Einsatzführer der Essener seinen eigenen Sohn in die Fluten, um die Kameraden – und eben Bruder Volker – zu retten. Zudem waren die Feuerwehrleute später noch gemeinsam im Ahrtal, um Trinkwasser in die ebenfalls schwer betroffene Region zu transportieren.
Eigene Playlist für lange Wanderungen
Das Erlebte wirkt bis heute nach. Man wandere nicht nur gemeinsam, so Stupp, sondern auch beruflich habe man mittlerweile Verbindungen. So arbeite die Therme in Euskirchen mittlerweile mit einem Essener Feuerwehrmann zusammen, um Brandschutzpläne aufzustellen und immer wieder fortzuschreiben.
Doch über was macht man sich in 20 Stunden so alles ein Kopf, wie lenkt man sich von schmerzenden Muskeln ab? Mit Musik. Der Großbüllesheimer Feuerwehrmann hat fürs Wandern eine eigene Playlist erstellt. „Da ist alles drauf: 90er-Mucke, Schlager, Techno. Hauptsache, es ist nicht monoton, denn das wäre bei solchen Wanderungen nicht gut“, sagt Stupp. Sogar Meditationsmusik gibt es ab und zu auf die Ohren. „Aber nicht nachts. Da kann ich das nicht gebrauchen“, so der leidenschaftliche Wanderer.
Der Haselnussbaum-Setzling wird laut Stupp in Essen zunächst aufgepäppelt. Später soll er dann am Feuerwehrgerätehaus einen Ehrenplatz erhalten. Auf den Heimweg machte sich Stupp übrigens nicht per pedes. Seine Kameraden aus der Löschgruppe, die mit dem Feuerwehrauto nach Essen gekommen waren, nahmen ihn wieder mit nach Großbüllesheim. Ausgeschlossen ist eine Wiederholung der 21-Stunden-Wanderung aber nicht.