Nach der Cyber-AttackeEuskirchens Kämmerer übt scharfe Kritik an Rechenzentrum

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Ein rot beleuchteter Computer zeigt eine fiktive Fehlermeldung an, in der Mitte des Bildschirms der Warnhinweis „Alarm“.

Noch immer machen der Stadt Euskirchen die Folgen der Hacker-Angriffs (hier ein gestelltes Bild) auf das Rechenzentrum der Südwestfalen IT zu schaffen.

Euskirchens Kämmerer Klaus Schmitz berichtete über die Wiederherstellung der städtischen Finanz-Software. Die Stadt leidet unter den Folgen.

Zwischendurch wurde im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Euskirchen herzhaft gelacht, doch wirklich witzig – und das sahen auch die Fraktionen so – war der Anlass des Heiterkeitsausbruchs nicht.

Kämmerer Klaus Schmitz hatte über die immer noch laufende Wiederherstellung der städtischen Finanz-Software berichtet. Sie war durch die Cyber-Attacke auf das Rechenzentrum des Zweckverbands Südwestfalen IT, mit dem die Verwaltung kooperiert, unbrauchbar geworden.   

Die Stadt Euskirchen war finanztechnisch nicht mehr handlungsfähig

Nach dem Angriff Ende Oktober 2023  wurde das Programm Informa, mit dem das Finanzwesen arbeitet, heruntergefahren. „Dadurch war die Stadt von einem auf den anderen Tag in finanztechnischer Sicht nicht mehr handlungsfähig“, schrieb Schmitz in seinem Bericht. In der Ausschusssitzung formulierte er es so: „Jeder im Haus, der mit Geld zu tun hat, war sozusagen lahmgelegt.“ Eine Situation, so der Kämmerer, die man sich vorher nicht hätte vorstellen können.     

Die Folgen waren und sind mannigfaltig. Die Stadt konnte unter anderem weder im November noch jetzt, im Februar, die Grundbesitzabgaben einziehen und auch lange keine Wohngeldanträge bearbeiten. In anderen Bereichen ist langsam die Normalität zurückgekehrt. So ist die Stadtkasse wieder in der Lage, Einzahlungen zu verbuchen, doch die Arbeitsrückstände sind groß.

Firmen drohten der Stadt Euskirchen, ihre Leistungen einzustellen

Schmitz zählte weitere Beispiele auf, etwa das gestörte Auszahlungssystem: „Wir bekommen jeden Tag Rechnungen, manche Firmen sagen uns: ,Wenn Ihr nicht zahlt, stellen wir unsere Leistungen ein'.“

Städtische Bedienstete, die wegen der Folgen des Hacker-Angriffs nicht mehr arbeiten konnten, bauten Überstunden ab, anderen nahmen Urlaub, wie der Kämmerer berichtete. Ein externes Unternehmen, das Ende Oktober mit der Erstellung des Jahresabschlusses 2022 begonnen hatte, wurde jäh gestoppt. Jeglicher Datenzugriff war über Monate blockiert, erst am 15. Februar gingen die Arbeiten weiter.

Der Euskirchener Haushaltsplan wird erst im April verabschiedet

Die eigentlich für Dezember geplante Einbringung des Stadthaushalts wurde verschoben. Die Kämmerei geht davon aus, dass sie den Etat-Entwurf den Ratsmitgliedern erst Ende Februar digital zuleiten wird.  Verabschiedet werden könnte der Haushalt dann am 18. April.  

Klaus Schmitz hielt mit Kritik an der Südwestfalen IT (SIT) nicht hinter dem Berg. Der Hacker-Angriff sei nach den aktuellen Erkenntnissen durch Sicherheitslücken begünstigt worden. Mehr noch: Zwischenzeitlich habe die SIT der Stadt angeboten, gewünschte Daten herunterzuladen und auf einem USB-Stick zu speichern, so der Kämmerer: „Diesen Stick könnten wir uns in Siegen abholen und bei unserer Sparkasse abliefern. Davon haben wir keinen Gebrauch gemacht, weil wir davon nichts hätten und weil die Sparkasse keinen USB-Stick annehmen würde von einem Rechenzentrum, das gehackt worden ist.“   

Könnte die Stadt Euskirchen auf Schadenersatz klagen?

Damit löste Schmitz Gelächter aus, CDU-Fraktionschef Klaus Voussem fand die Episode aber nicht lustig.  „Sie spiegelt vielmehr das mangelnde Problembewusstsein der Firma wider“, sagte er. Die Frage sei, ob die SIT aus der Cyber-Attacke „nicht genug gelernt hat“. Im Rechenzentrum hätten Sicherheitsvorkehrungen gefehlt, die heutzutage Standard seien. „Die sind auf jedem Kinderrechner vorhanden.“   

SPD-Sprecher Michael Höllmann fragte, ob die Stadt die SIT womöglich auf Schadenersatz verklagen könne. Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos) erklärte, zu diesem Thema werde er sich im nicht öffentlichen Sitzungsteil äußern.    

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