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Gemischte GefühleGedenken und Helferfeste zum Flut-Jahrestag im Kreis Euskirchen

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Das Bild zeigt mehrere Pflastersteine in Bad Münstereifel. Der Mittlere ist mit einem Motiv aus den Tagen nach der Flutkatastrophe bedruckt.

Im Pflaster der Freitreppe erinnern Steine, die der Fotograf Joachim Rieger bedruckt hat, an die Flutkatastrophe in der Kurstadt.

Am 14. Juli jährt sich die Flutkatastrophe zum zweiten Mal. In den Orten im Kreis Euskirchen wird der Ereignisse auf unterschiedliche Weise gedacht. 

Große Gedenkfeier oder stilles Innehalten und Gebet? Die von der Flut betroffenen Städte und Gemeinden im Kreis Euskirchen haben sich im Großen und Ganzen dafür entschieden, am zweiten Jahrestag nach der Flut nicht nur der Geschehnisse vom 14./15. Juli 2021 zu gedenken, sondern auch nach vorne zu blicken. Etwa, indem auch das gewürdigt wird, was bei der Bewältigung der Folgen der Hochwasserkatastrophe und beim Wiederaufbau schon geschafft ist oder derzeit wird. Und so auch einen weiteren Schritt zur Rückkehr in die Normalität zu gehen. Das ist an den einzelnen Orten geplant.

Euskirchen will positiv in die Zukunft blicken

Zum zweiten Jahrestag der Flutkatastrophe möchten die Stadt und der Stadtmarketingverein Zeus positiv in die Zukunft blicken und die Fertigstellung des Teilbereiches Berliner Straße und den Fortgang der Arbeiten mit einem kleinen Baustellenfest feiern.

Die Schrecken des Ereignisses vor zwei Jahren, so teilte die Stadtverwaltung mit, seien bei vielen Menschen noch sehr präsent und auch vielerorts noch deutlich sichtbar, so auch in der Innenstadt.

Auch wenn die Bauarbeiten noch bis nächstes Jahr dauern werden, kann man jetzt schon an der Berliner Straße sehen, wie schön unsere Innenstadt wird.
Sacha Reichelt, Bürgermeister in Euskirchen

„Wir haben uns dafür entschieden, anstelle einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag die positive Entwicklung in der Stadt in den Fokus zu setzen, natürlich ohne dabei die Opfer und die Zerstörungen zu vergessen. Auch wenn die Bauarbeiten noch bis nächstes Jahr dauern werden, kann man jetzt schon an der Berliner Straße sehen, wie schön unsere Innenstadt wird“, erklärte Bürgermeister Sacha Reichelt.

Die Flutschäden haben umfangreiche Sanierungsarbeiten in der Innenstadt notwendig gemacht. Die Arbeiten starteten im Februar 2023, der erste Bauabschnitt in der Berliner Straße wird schließlich zum Jahrestag der Flutkatastrophe fertiggestellt sein.

Das Baustellenfest findet am Freitag von 15 bis 19 Uhr auf der Kreuzung Berliner Straße/Neustraße und in den angrenzenden Bereichen statt. Neben Livemusik, Imbiss und Getränken werden Aktionen für Groß und Klein angeboten. Das Hochwasser Kompetenz Centrum e.V. wird vor Ort informieren und für die Kids wird es die Chance geben, sich auf einem echten Bagger mit kompletter Bauarbeiterausstattung fotografieren zu lassen. Außerdem können sich die kleinen Gäste schminken lassen oder auf der Hüpfburg spielen.

In den Schaufenstern einiger Geschäfte werden zudem Bilder aus der Flutausstellung des Stadtmuseums präsentiert, die insbesondere die vielen Helferinnen und Helfer bei den Aufräumarbeiten zeigen.

Der Kreis Euskirchen wird gemeinsam mit der Stadt Euskirchen ebenfalls vor Ort sein und über die Verlängerung der Wiederaufbauhilfe und die Voraussetzungen für die Beantragung informieren. Die Stadt Euskirchen bedankt sich in ihrer Pressemitteilung ausdrücklich bei allen Beteiligten für die Kooperation und den besonnenen Umgang mit den besonderen Herausforderungen im Rahmen der Sanierungsarbeiten.

In Bad Münstereifel fallen der Jahrestag und die Kirmes zusammen

In Bad Münstereifel fallen der zweite Jahrestag der Flutkatastrophe und der Auftakt der Kirmes, die traditionell am dritten Wochenende im Juli stattfindet und von Stadt und der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft organisiert wird, zusammen. Am Freitag, 14. Juli, 18 Uhr, wird Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian diese per Fassanstich im Biergarten auf dem Vorplatz der Stiftskirche eröffnen. Mit Musik geht es danach weiter. Es gibt ein Kinderkarussell, einen Kinderflieger, das Hoch-/Rundfahrgeschäft „Super Allround“, einen Autoscooter und ein Bungeetrampolin.

Da der Fassanstich traditionell zur Kirmes gehört, wollte die Stadt trotz des Jahrestags darauf nicht verzichten. Denn das eigentliche Gedenken finde am Tag danach statt. An diesem Samstag wird um 11 Uhr die Bürgermeisterin die Fluttreppe an der Werther Straße eröffnen. In die Treppe sind Pflastersteine eingelassen, die der Fotograf Joachim Rieger mit Flutfotos bedruckt hat. Die Fluttreppe soll laut Stadt als zentrale Erinnerungsstätte dienen und zum Ort des Innehaltens werden.

Zu dieser Feier an der Freitreppe hat die Bürgermeisterin auch alle Feuerwehrleute der Stadt eingeladen. An beiden Tagen werde man am Rathaus die Flaggen auf Halbmast setzen, kündigte die Stadt an.

Am Samstag, 15. Juli, gegen 22.30 Uhr, startet das Höhenfeuerwerk „Burg in Flammen“, dass das City Outlet Bad Münstereifel und die Schützen ausrichten. Begleitet wird es im Vorfeld von einem Late-Night-Shopping bis 22 Uhr.

Der Sonntag ist ab 13 Uhr verkaufsoffen. Bis 18 Uhr haben die Geschäfte geöffnet. Ab 14 Uhr gibt es musikalische Unterhaltung im Biergarten. Am Montag, dem Familientag, bieten die Schausteller ihre Attraktionen zu vergünstigten Preisen an.

Stilles Gedenken und ein Helferfest in der Stadt Schleiden

Egal, wo man sich an den beiden Tagen aufhält, ob zu Hause, ob im Urlaub oder vielleicht sogar der Region gezielt zum Jahrestag entflohen, wir werden uns von den Gedanken daran nicht lösen können.“ So äußert sich Bürgermeister Ingo Pfennings in einem Facebook-Post zum zweiten Jahrestag der Katastrophe, der in der Stadt Schleiden sehr still und ohne  offizielle Gedenkveranstaltung begangen wird.

Jeder trauert unterschiedlich, geht anders mit Verlusten, Ängsten und traumatischen Erlebnissen um.
Ingo Pfennings, Bürgermeister in Schleiden

Bereits im vergangenen Jahr hatte man sich in der Stadt, in der 5000 Menschen direkt von der Flut betroffen sind, für das stille Gedenken zum Jahrestag entschieden und setzt diesen Weg fort. Man möchte den Betroffenen den Raum bieten – das kann alleine sein, mit der Familie oder mit Freunden. „Jeder trauert unterschiedlich, geht anders mit Verlusten, Ängsten und traumatischen Erlebnissen um, und braucht seinen individuellen Zeitraum für die Verarbeitung des Erlebten“, so Pfennings.

Die Flaggen werden in der Stadt zum Jahrestag am Freitag auf Halbmast wehen. Am 14. Juli ist für 20.30 Uhr eine ökumenische Andacht in der Olefer Kirche vorgesehen, um 20.50 Uhr werden die Glocken aller Kirchen und Kapellen im Stadtgebiet läuten. Ein Treffpunkt zum gemeinsamen Innehalten und Gedenken ist am Jahrestag um 20.30 Uhr der Stein am ehemaligen Ose-Gebäude an der Dreiborner Straße in Gemünd: Ab 20.50 Uhr ist für 15 Minuten ein schweigendes Gedenken vorgesehen.

Deutlich lauter und fröhlicher dürfte es am ersten August-Wochenende zugehen, wenn das im vergangenen Jahr abgesagte Helferfest gefeiert wird, Am Freitag, 4. August, sind von 18 bis 23 Uhr Konzerte von Kasalla, The Meadow Connection und Stringchronicity auf dem Marienplatz in Gemünd vorgesehen. Am Samstag, 5. August, sind ebenfalls von 18 bis 23 Uhr die Domstürmer, Dan O'Clock und Highway 51 auf dem Schleidener Driesch eingeplant. Zu beiden Veranstaltungen ist der Eintritt frei – Freigetränke wird es aber nicht geben.

Die Stadt Mechernich feiert ein Sommerfest in Kommern

Zum zweiten Jahrestag der Flut laden die Stadt Mechernich und der Arbeiter-Samariter-Bund am Samstag, 15. Juli, ab 18 Uhr zum Sommerfest nach Kommern ein. Das haben die Kommerner Vereine auf die Beine gestellt. Neben Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick ist der Kölner Musiker Stephan Brings Schirmherr der Veranstaltung und wird auch auftreten. Direkt zum Auftakt spielt Stephan Brings sein Flutlied und vieles mehr.

Wir wollen den Zusammenhalt feiern, den wir alle in der Flut erlebt haben und der so wichtig war.
Ralf Claßen, Kämmerer in Mechernich

Nach dem Auftritt haben die Organisatoren weitere Musiker für die Bühne engagieren können. „Die Band Ten Ahead wird ein vierstündiges Live-Musikprogramm der Extraklasse bieten“, verspricht Björn Schäfer vom Kommerner Vereinskartell.

„Wir werden das Fest auch für ein Gedenkminute nutzen, um an die Menschen zu erinnern, die der Flut zum Opfer gefallen sind“, sagt Ralf Claßen. Im Vordergrund solle aber der Blick in die Zukunft stehen.

„Wir wollen den Zusammenhalt feiern, den wir alle in der Flut erlebt haben und der so wichtig war“, so der Mechernicher Dezernent und Kämmerer weiter. Kein Wunder also, dass auf dem Plakat der Slogan „Mir halde zesamme!“ besonders ins Auge sticht.

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