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Vier Jahre danachWie Mona Noé aus Gemünd Lehren aus der Flut für alle nutzbar macht

6 min
Mona Noé steht an einer Brücke in Euskirchen-Schweinheim.

Wie wird das Land krisenfester? Ihre Erfahrungen aus der Flut haben Mona Noés beruflichen Weg maßgeblich beeinflusst. Heute beschäftigt sie sich beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit dieser Frage.

Mona Noé hat die Flutkatastrophe in Gemünd erlebt. Jetzt beschäftigt sie sich beim BBK mit Resilienz und Krisenvorsorge.

Vier Tage vor der Flut am 14. Juli 2021 kehrte Mona Noé in ihre Heimat Gemünd zurück. Die heutige 30-Jährige hatte ihr Studium in Potsdam beinahe beendet, die Masterarbeit sollte nach dem Umzug eingereicht werden. An den Tag, an dem der Regen im Kreis Euskirchen nicht mehr aufhören wollte, erinnert auch sie sich genau.

„Ich habe das an dem Tag selbst überhaupt nicht richtig eingeschätzt. Ich war in Aachen und habe Freunde besucht. Am Abend wollte ich eigentlich noch Richtung Urfttalsperre spazieren, um zu schauen, wie viel Wasser dort drin ist“, sagt Noé: „Später am Abend habe ich noch so gerade die Durchsagen der Feuerwehr gehört, dass man sich in höherliegende Bereiche begeben solle.“ Eine Warnung, ein Hinweis, den auch sie zunächst nicht ernst nimmt – wie so viele. „Niemand in unserer Straße hat zu diesem Zeitpunkt reagiert. Ich bin zu Hause geblieben, auch deshalb, weil wir relativ hoch im Hang wohnen. Aber geglaubt, dass was so Furchtbares passieren könnte, habe ich nicht“, so Noé.

Vier Jahre nach der Katastrophe gibt es bedrückende Momente und Orte

Doch es passierte. „Viele hatten Todesangst. Die Flutnacht hat etwas mit den Menschen, aber auch dem gesamten Kreis gemacht“, sagt die Gemünderin: „Ich denke, oder eher, ich hoffe, dass die Menschen sensibler geworden sind, dass sie Warnungen und Regenmengen besser einschätzen können.“ Sie wisse aber auch von Menschen, bei denen Regen und Warnmeldungen sofort ein beklemmendes Gefühl auslösen. „Ich wünsche mir für alle Betroffenen, dass dieses Gefühl irgendwann verblasst.“

Das führt einem vor Augen, wie viel Zeit Wiederaufbau schlicht braucht.
Mona Noé, über die noch sichtbaren Zeichen der Flut

Auch die Spuren, die die Flut in den Orten hinterlassen hat, verblassen mehr und mehr. Aber eben nicht überall. „An manchen Stellen, an manchen Gebäuden war bis vor Kurzem noch der Flutschlamm, während andere schon weitestgehend wiederaufgebaut sind. Beispielsweise die Gemünder Fußgängerzone. In einem Ladenlokal sah man noch die schlammigen Handabdrücke der damaligen Helferinnen und Helfer. Ich habe ja selbst meine Hände an den Wänden auf diese Art vom Schlamm befreit. Das so sehen, trifft mich daher immer wieder“, sagt Noé. Auf der anderen Seite gebe es auch positive Dinge: „Dass wir nun in Gemünd ein Café haben, freut mich einfach.“

Aber es gebe auch Momente und Orte, die bedrückend sind. In Schweinheim sei gefühlt nicht so viel passiert, auch mit Blick auf den Hochwasserschutz. „Das führt einem vor Augen, wie viel Zeit Wiederaufbau schlicht braucht“, sagt die 30-Jährige.

Nach der Flut wollte Mona Noé sich in ihrer Heimat einbringen

In die Eifel zurückgekehrt war sie, um sich nach dem Studium vor Ort einzubringen. In Potsdam ging es nämlich nicht nur um Internationale Verwaltungswissenschaft und Politik, sondern auch um Klimawandel und Umweltethik. Als die gröbsten Flutschäden beseitigt waren, schrieb Nóe eine Initiativbewerbung an den Kreis Euskirchen. Ein Entschluss, der ihr Leben nachhaltig beeinflussen sollte.

Mittlerweile arbeitet Noé beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn (BBK). „Der Kreis Euskirchen ist der Grund, weshalb ich nun beim BBK bin. Ohne meine Tätigkeit in der Kreisverwaltung hätte ich mit Gefahrenabwehr und Bevölkerungsschutz wohl keine Berührungspunkte bekommen. Die Ebene ist zwar eine andere, aber dass ich so für das Thema brenne, geht auf meine Arbeit in der Abteilung Gefahrenabwehr und in der Stabsstelle Wiederaufbau zurück.“

Die Arbeit im Katastrophenschutz soll allen zugutekommen

Bei ihrer Arbeit im BBK geht es um mehrere Aspekte. „Jetzt kann ich auf andere Weise helfen dazu beizutragen, dass im Krisenfall beispielsweise der Strom möglichst schnell wieder da ist. Oder nicht gleich die ganze Wasserversorgung kollabiert“, sagt Noé. Doch das BBK unterstütze zum Beispiel auch die Länder darin, sich krisensicherer aufzustellen.

Zahlreiche Leitfäden und Konzepte hat das BBK erstellt, die Ländern, Unternehmen, aber auch Privatleuten als Orientierung dienen können. „Die Leitfäden orientieren sich an der Realität, an häufig gestellten Fragen. Bestimmte Probleme treten in vielen Fällen immer wieder auf. So muss nicht jeder Akteur bei Null anfangen. Die Leitfäden helfen da sehr“, so Noé.

„Was ich täglich tue, soll uns allen zugutekommen, der Allgemeinheit dienen. Ich empfinde meine Arbeit als absolut sinnvoll, das ist ein unheimliches Glück und wirklich erfüllend“, so Noé. Alleine durch die Klimakrise sieht sie immer größere Aufgaben auf die Gesellschaft zukommen.

Der Notfallrucksack liegt heute gepackt auf dem Schrank

Im Alltag beim BBK bereitet sie unter anderem Seminare mit vor: „Ich arbeite im Bereich des sogenannten Integrierten Risikomanagements. Wir sprechen hier von einem strukturierten Verfahren für die ebenen- und ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Akteuren. Anmelden können sich Unternehmen, die kritische Infrastrukturen wie die Wasser- oder Stromversorgung betreiben, oder Behörden wie der Kreisverwaltung“, so Noé.

Ziel sei es, dass alle Verantwortlichen an einen Tisch gebracht werden. Zudem unterstütze sie den Bereich Öffentlichkeitsarbeit: „Das BBK hat neben den genannten Leitfäden eine Vielzahl von Broschüren, Videos und Infomaterial für verschiedene Zielgruppen, von Schulklassen bis zu Fachleuten.“

Die Erfahrungen der Flut führten womöglich dazu, dass die Menschen besser vorbereitet seien. Bei ihr selbst, sagt Noé, sei das jedenfalls so. Einen Notfallrucksack beispielsweise habe sie vor vier Jahren nicht gehabt. Mittlerweile liegt einer auf dem Schrank in ihrer Wohnung in Gemünd. Mit allem, was da so reingehört: „Ich habe wichtige Dokumente gescannt und wasserdicht ausgedruckt. Kleidung für mehrere Tage und auch Lebensmittel eingepackt.“

Zum Thema Notfallrucksack hat das BBK einen seiner zahlreichen Leitfäden zusammengestellt. Doch etwas fehlte für Noé: „Einen Punkt habe ich für mich in der Checkliste ergänzt: Ohropax. Wenn ich evakuiert werden und zum Beispiel in einer großen Halle übernachten muss, dann geht ohne Ohropax gar nichts bei mir.“


Die Empfehlungen des BBK

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (kurz: BBK) ist seit 2004 die zentrale Stelle des Bundes für den Bevölkerungsschutz in Deutschland. Im BBK werden alle Bereiche der Zivilen Sicherheitsvorsorge fachübergreifend und damit zu einem wirksamen Schutzsystem für die gesamte Bevölkerung zusammengesetzt. Der Begriff Bevölkerungsschutz bezeichnet zusammenfassend alle Aufgaben und Maßnahmen des Bundes im Zivilschutz sowie die Aufgaben und Maßnahmen der Kommunen und Länder im Katastrophenschutz.

Für die Bevölkerung hat das BBK zahlreiche Leitfäden und Checklisten zu unterschiedlichen Themen der Krisenvorsorge veröffentlicht. Die Empfehlungen sind online abrufbar.

Wenn das Haus beispielsweise schnell verlassen werden muss und die Unterbringung möglicherweise unklar ist, kann es hektisch werden. Selbst wenn die Zeit reichen sollte, einige Dinge zu packen, etwa bei einer Evakuierung, ist es aufgrund der Stresssituation nicht einfach, an alles zu denken. Mit vorbereitetem Notgepäck kann alles Wichtige mit einem Griff mitgenommen werden.

Das gehört nach Empfehlung des BBK in einen Notfallrucksack: Medikamente, Erste-Hilfe-Material, batteriebetriebenes Radio, Reservebatterien, Dokumentenmappe, Verpflegung für zwei Tage in staubdichter Verpackung, Wasserflasche, Essgeschirr und -besteck, Dosenöffner und Taschenmesser, Taschenlampe, Schlafsack oder Decke, Kleidung , Wetterschutzbekleidung, Kopfbedeckung, Arbeitshandschuhe, Hygieneartikel für ein paar Tage, Schutzmaske, für Kinder ein Brustbeutel oder eine SOS-Kapsel mit Name, Geburtsdatum und Anschrift.