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Alte Sorten aus der EifelDie Obst-Ernte schrumpft

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Inspizieren die Bäume auf der Streuobstwiese bei Glehn: Heike Günther (v.l.), Ursula Gerke und Thorsten Söns vom Verein Renette Eifeler Obstwiesen.

Inspizieren die Bäume auf der Streuobstwiese bei Glehn: Heike Günther (v.l.), Ursula Gerke und Thorsten Söns vom Verein Renette Eifeler Obstwiesen.

  • Alte Sorten, mit mehr Säure und Zucker - „Da schmeckt man den Unterschied“, meint Ursula Gerke, die Mitglied im Verein Renette Eifeler Obstwiesen ist.
  • Die 90 Obstbäume auf der Wiese nahe Glehn werden gemeinschaftlich vom Verein gepflegt und am Verkauf der Bio-Früchte lässt sich auch etwas Geld verdienen.
  • Allerdings haben die heißen Sommer und der Spätfrost den Bäumen zugesetzt. Die Ernte fällt nicht mehr so üppig aus wie früher einmal. Manche Mitglieder haben deshalb die Lust verloren.

Mechernich-Glehn – Auf einer Wiese nahe Glehn stehen rund 90 Obstbäume. Gepflegt werden sie von Mitgliedern des Vereins Renette Eifeler Obstwiesen. Nach dem Flurbereinigungsverfahren wurde die Fläche, die sich im Eigentum des Landes NRW befindet, von dem damaligen Vorsitzenden des Vereins, Peter Voissel, als Grünlandfläche genutzt. Er gab den Anstoß, diese Fläche in eine Streuobstwiese umzuwandeln. 2002 wurden die ersten Obstbäume mit Zustimmung der Biologischen Station des Kreises Euskirchen gepflanzt.

Der Verein hat die Patenschaft für diese Wiese übernommen, auf der mittlerweile viele verschiedene Obstbäume stehen. An diesem Morgen ist die Gruppe rund um den Vorsitzenden Thorsten Söns zusammengekommen, um eine Bestandsaufnahme zu machen: Welche Sorten stehen hier, wie haben sich die Bäume entwickelt und wie sehen die Früchte nach dem dritten trockenen Jahr in Folge aus?

Ein ökologisches Kulturgut

Mit dabei sind neben Voissel auch Heike Günther von der Biologischen Station des Kreises Euskirchen und Ursula Gerke, die als Baumschulmeisterin viel Fachkenntnis mitbringt. Mit den anderen Vereinsmitgliedern setzen sie sich für den Erhalt von Streuobstwiesen ein, weil sie ein besonderes ökologisches Kulturgut darstellen. Dabei geht es ihnen auch um die sinnvolle Vermarktung des Obstes. „Wenn Leute mit ihren Obstwiesen auch etwas Geld verdienen können, ist das ein zusätzlicher Anreiz, die Bäume und die Wiesen zu pflegen“, sagt Söns.

Wer Mitglied bei Renette ist, kann im Herbst sein Obst an mehreren Terminen zu Sammelstellen fahren. Dort nimmt der Verein das Obst an und transportiert es weiter zur Mosterei. Der Saft verbleibt zur Lagerung erst mal in der Mosterei und wird später vom Verein an Restaurants, Hotels, den Einzel- und Getränkehandel sowie Hofläden verkauft. Renette zahlt seinen Mitgliedern einen Preis von 17 Euro pro 100 Kilo Früchte. „Wer Obst an andere Mostereien verkauft, bekommt oft nur sieben bis acht Euro“, sagt Gerke.

Alles streng Bio

Voraussetzung für den Absatz über den Verein ist nicht nur die Mitgliedschaft, sondern auch die Bereitschaft, komplett auf den Einsatz von Kunstdünger und Spritzmittel zu verzichten. Alles streng Bio. Das angelieferte Obst wird daher auf Rückstände untersucht. Gespritzte Ware wird nicht angenommen. Obst von Plantagen wird ebenfalls nicht zugelassen. „Die überwiegend alten Sorten enthalten mehr Säure und Zucker. Darum schmeckt der Saft anders als gewöhnlicher Apfelsaft aus dem Supermarkt“, ist Gerke überzeugt.

Ein großer Teil der Mitglieder hat eigene Obstwiesen und ist froh, einen guten Vermarktungsweg gefunden zu haben. „Viele Sorten sind aber auch zu schade für die Saftpresse“, berichtet die Baumschulmeisterin. Darum werden sie unverarbeitet auf Märkten verkauft und bieten Kunden die Gelegenheit, die alten Sorten der Eifel geschmacklich kennen zu lernen.

Das nötige Know-how

Neben dem kommerziellen Aspekt haben Mitglieder noch weitere Vorteile. Sie lernen den Obstbaumschnitt und die Pflege von Obstgehölzen kennen. Wer keine eigene Wiese mit Obstbäumen hat, kann auch die Patenschaft für einen oder mehrere Bäume übernehmen. Dort wird ihm das entsprechende Know-how vermittelt, und er darf die betreuten Bäume abernten. „Oft wissen Besitzer von Obstbäumen nicht einmal, wie ihr Obst gelagert werden muss“, hat Heike Günther festgestellt.

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Das unterscheide sich auch von Sorte zu Sorte, weiß Gerke: „Es gibt stoßempfindliche Sorten und andere, die erst nach mehreren Wochen Lagerung ihren guten Geschmack erhalten. Den Boskop darf man nicht zu kalt lagern, und der Rheinische Bohnapfel ist extrem unempfindlich.“ Diese und andere Erkenntnisse tauschen die Mitglieder untereinander aus.

Kleinere Ernte, weniger Mitglieder

150 Männer und Frauen machen bei dem Verein mit. Doch die Zahl schrumpft. Das habe verschiedene Gründe, berichtet die Gruppe auf der Wiese. Manche hörten aus Altersgründen auf, da sie ihre Bäume nicht mehr selber schneiden und abernten können.

Zusätzlich hätten die Trockenheit die und Spätfröste der vergangenen Jahre die Obsternte deutlich reduziert – und damit auch bei manchem die Lust an der Pflege der Bäume. Hat der Verein in manchen Jahren bis zu 80 Tonnen Obst verarbeiten lassen und vermarktet, sind es im vergangenen Jahr nur vier Tonnen gewesen. Um die gewerblichen Kunden der Säfte und Schnäpse nicht zu verlieren, benötige es Kontinuität in der Saftlieferung. Langsam gingen die eingelagerten Reserven aber zur Neige, so die Mitglieder. Sie hoffen auf eine bessere Ernte und mehr Obst-Lieferanten in Form neuer Mitglieder.

Hier geht es zur Website des Vereins.

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