Jahrmarkt anno dazumalWarum die Kommerner Museums-Kirmes längst Tradition ist

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Seiltänzerin Silea beim "Jahrmarkt anno dazumal" im LVR-Freilichtmuseum Kommern.

Der Jahrmarkt wie zur Kaiserzeit wird in der Baugruppe Westerwald wieder lebendig. Seilakrobatin Silea aus Berlin mag nicht nur den Dorfplatz-Charakter ihres Arbeitsplatzes, sondern schätzt auch das aufmerksame und konzentrierte Museums-Publikum.

Als Kind mit den Eltern zur Museums-Kirmes, jetzt mit den eigenen Kindern. – Zur Halbzeit wurden schon 26.000 Gäste im Freiliichtmuseum gezählt.

Der historische Jahrmarkt ist längst Tradition im LVR-Freilichtmuseum: Vor 28 Jahren, am Osterwochenende des Jahres 1995, kamen erstmals Artisten und Schausteller nach Kommern, um die Besucher mit ihren traditionsreichen Jahrmarkt-Darbietungen und Kunststücken zu unterhalten. Da verwundert es also nicht, dass es auch bei vielen Besuchern zur Tradition gehört, an Ostern den Jahrmarkt zu besuchen.

Etwa bei Familie Zimmermann aus Viersen: „Wir sind in meiner Kindheit fast jedes Jahr hier beim Jahrmarkt gewesen, heute komme ich mit meiner Frau und den eigenen Kindern nach Kommern“, berichtet Familienvater Thomas. „Es ist toll, dass es die Veranstaltung immer noch gibt, und ich freue mich auch über neue Attraktionen.“ Andere sind zum ersten Mal bei der Museumskirmes dabei. Mit insgesamt acht Familienmitgliedern und Hund ist Familie Dost aus Hennef angereist. „Das Museum kennen wir natürlich, aber beim Jahrmarkt waren wir noch nie. Wir sind gespannt, was uns erwartet“, sagen die Neulinge zu Beginn ihres Rundgangs: „Die Kinder sind total gespannt auf den Flohzirkus.“

Besucher beim "Jahrmarkt anno dazumal" im LVR-Freilichtmuseum Kommern.

Mit insgesamt rund 7500 Besuchern war der Ostermontag der bislang besucherstärkste Tag des diesjährigen Jahrmarkts anno dazumal.

Gleich am Anfang, in der Baugruppe Westerwald, kommen die Besucher an einem aufgespannten Drahtseil vorbei. Hier macht sich Artistin Silea bereit für ihren Auftritt. Vor zehn Jahren war sie auch schon einmal beim historischen Jahrmarkt zu Gast. „Ich finde, das ist hier eine sehr schöne Atmosphäre im Museum. Und das Publikum ist sehr aufmerksam und konzentriert bei der Sache. Deshalb bin ich sehr gerne hier“, sagt die Berlinerin mit schwedischen Wurzeln. „Bevor ich Artistin wurde, habe ich Leistungssport gemacht. Und die Begeisterung fürs Zirkus-Milieu hatte ich auch schon immer.“

Staatlich geprüfte Artistin auf dem Drahtseil

In Berlin hat sie sich zur staatlich geprüften Artistin ausbilden lassen. „Mit Drahtseil als Hauptfach“, sagt Silea. Das Publikum spendet tosenden Beifall, als sie auf dem fingerdicken Seil einen Spagat hinlegt oder zum Sprung ansetzt. Körperbeherrschung demonstriert sie auch abseits des Drahtseils, wenn sie auf einer Flasche balanciert– trotz Schuhgröße 34,5. „Manche fragen mich, wie man überhaupt auf so kleinen Füßen stehen kann“, scherzt die Artistin.

Stangenakrobat Noah Chorny beim "Jahrmarkt anno dazumal" im LVR-Freilichtmuseum Kommern.

Mit Leichtigkeit erklimmt Stangenakrobat Noah Chorny seinen Arbeitsplatz in luftiger Höhe.

Das Spiel mit dem Publikum beherrscht auch Stangenakrobat Noah Chorny, der zunächst als schusseliger Hausmeister im grauen Arbeitskittel auftritt, bevor er mit spielerischer Leichtigkeit einen sehr biegsamen, sechs Meter hohen Laternenmast erklimmt, um die Zuschauer mit seinen waghalsigen Darbietungen zu unterhalten. Den Zuschauern stockt der Atem bei soviel Akrobatik – aber dann wird auch schon wieder herzhaft gelacht: „Ihr seid wirklich das beste Publikum, das ich je hatte“, bedankt sich Chorny nach der Show: „Und das sage ich nicht einfach so – das sage ich immer.“

Nachkriegs-Kirmes auf dem Marktplatz Rheinland

Der Marktplatz Rheinland gehört auch in diesem Jahr den Jahrmarkt-Vergnügungen aus der Nachkriegszeit: Die Raupenbahn, der Geister-Express und die Schiffschaukel – diese Attraktionen kennen viele Besucher noch aus der eigenen Jugend. Leuchtende Augen rufen sie aber auch beim jungen Publikum hervor: „Die Fahrt in der Raupe war toll, das ging immer schön rauf und runter“, berichtet der achtjährige Noah nach seiner ersten Fahrt mit dem historischen Fahrgeschäft.

Auch Museumsdirektor Dr. Carsten Vorwig ist begeistert – vor allem, was den Strom der Besucher zum Jahrmarkt angeht. „Der Karsamstag war super mit 5200 Besuchern. Ostersonntag hatten wir knapp 6100 Gäste und Ostermontag war mit rund 7500 Besuchern der bisherige Spitzentag. Damit kommen wir zur Jahrmarkts-Halbzeit bereits auf rund 26000 Besucher“, freut sich der Museumschef. Sehr zufrieden ist Vorwig auch mit dem überarbeiteten Ausstellungskonzept: „Das wird gut angenommen von den Besuchern.“ Auf großen Schauwänden werden wichtige historische Hintergründe erläutert. „Eine Tafel befasst sich zum Beispiel mit dem Thema Rassismus oder Menschen als Attraktion auf Jahrmärkten. Im Jahr 2023 muss man das einfach erklären“, so Vorwig.


Zweimal bis 21 Uhr geöffnet

Der Jahrmarkt findet noch bis Sonntag, 16. April, statt. Er öffnet jeweils von 10 bis 18 Uhr seine Pforten. Am Freitag und Samstag, 14. und 15. April, bleibt er sogar bis 21 Uhr geöffnet.

Der Eintritt kostet für Erwachsene 9,50 Euro, Studierende und Auszubildende zahlen 7,50 Euro und für alle unter 18 Jahren ist der Eintritt frei. Zusätzlich wird an allen Veranstaltungstagen eine Parkgebühr von drei Euro erhoben. Tickets gibt es auch im Online-Shop des Museums. (thw)

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