Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Premieren-KonzertDas urige Nettersheimer Kino ist jetzt auch ein Konzertsaal

4 min
Das Bild zeigt die Band mit ihrem Publikum.

Zum Auftakt der Konzerte mit zeitgenössischem Jazz spielte das „Ben Miller Trio“ im Kino 42 in Nettersheim vor voll besetztem Saal

Vor gut einem Jahr nahm das Kommunalkino in Nettersheim den Betrieb auf. Die Bilanz fällt gut aus, jetzt gibt es eine Neuerung: eine Musikreihe.

Als spannende und lohnende Investition erweist sich mehr und mehr das Kommunalkino, das die Gemeinde Nettersheim im vergangenen Jahr an den Start gebracht hat. Anfang September 2024 flimmerten die ersten Bilder über die Leinwand in dem liebevoll ausgebauten Dachgeschoss des Hauses an der Steinfelder Straße. Mit Rosie Placzek und Thomas Kamm haben sich zwei Betreiber des Kinos 42 angenommen, die wahre Enthusiasten sind und seit Jahren bereits das Scheunenkino in den Sommermonaten organisieren.

Namensgebend sind die 42 Sitzplätze, über die der kleine Saal verfügt. Und die auch oft besetzt sind, wie Kamm berichtet. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte er in Rückschau auf die vergangenen Monate. Das Kino habe eine Auslastung, die auch andere gern hätten.

Das Nettersheimer Kino erhält Lob für die Auswahl der Filme

Lob gebe es immer wieder für die Auswahl der Filme. „Gehobenes Arthouse“, das sei das Konzept der Programmgestaltung. Doch es geht nicht nur um cineastische Kunstwerke, die zuweilen eher ein Nischenpublikum ansprechen. Genauso werden auch Filme gezeigt aus dem Genre des Popcornkinos, die gut ankommen – jüngst etwa „Das Kanu des Manitu“. Aber genauso seien die anspruchsvolleren Filme gern nachgefragt, beispielsweise „Amrum“ von Fatih Akin oder der Thriller „Konklave“ um die Papstwahl.

Mit publikumsträchtigen Filmen könne man, so Kamm, diejenigen quersubventionieren, die nicht so gut laufen. Zum Beispiel „Kein Land für Niemand“, ein Dokumentarfilm über die Abschottung an Europas Grenzen. „Der wird es schwer haben“, weiß Kamm aus Erfahrung. Trotzdem werde er gezeigt, denn auch und gerade solche Filme sollten ihren Platz haben.

Blockbuster laufen erst mit einigen Wochen Verzögerung

Probleme, Filme zu bekommen, gebe es nicht. Allerdings seien die Blockbuster für die kleinen Kinos oft erst einige Wochen nach dem Start erhältlich. „Die Verleiher verlangen beim Start eine feste Anzahl von Vorführungen, da können wir mit nur einem Saal nicht mithalten“, erläuterte Kamm. Mit dem Seniorenkino ist auch eine Sonderreihe gut etabliert.

Dabei taugt der Kinosaal mit dem urigen Ambiente längst nicht nur, um Filme zu gucken. Zum ersten Mal fand dort ein Jazzkonzert statt – als Auftakt einer regelmäßigen Reihe. Zur Premiere gastierte das „Ben Miller Trio“ aus Essen in Nettersheim – und lobte einen kleinen Wettbewerb aus: Wer alle Titel erkenne, die die Band an dem Abend spiele, solle einen Preis bekommen.

Eine Frau und ein Mann stehen hinter einem Tresen, im Hintergrund Flaschen und Gläser.

Rosie Placzek und Thomas Kamm freuen sich über den Erfolg, den das Kino 42 in Nettersheim im vergangenen Jahr gehabt hat.

Dabei hatten natürlich nicht nur die Jazzkenner Chancen – genaues Hinhören half schon. Denn als Grundlage für ihre Stücke hatten die Musiker aus dem Ruhrgebiet Stücke aus Rock und Pop gewählt, etwa „On the Road Again“ von Canned Heat oder „Harvest Moon“ von Neil Young. Aber auch die Neue Deutsche Welle wurde nicht als Inspiration verschont.

Das ist wahrlich kein ganz neues Konzept, denn Akkordfolgen und Themen populärer Songs zu übernehmen und nach Belieben zu verändern, ist eine der Grundtechniken des Jazz. Als Vorlagen wurden gern die „Standards“ genommen, Songs vor allem aus dem amerikanischen Musical- und Unterhaltungsrepertoire, dem „Great American Songbook“. Auch die Musiker des Modern Jazz zeigen keine Hemmungen, sich anderer Genres zu bedienen, allen voran die Jazzlegende Miles Davis, der 1985 den Cyndi-Lauper-Hit „Time After Time“ coverte.

Meine Eltern haben mir davon erzählt, dass es dieses Kino hier gibt.
Ben Miller, Jazzgitarrist

So auch die drei Musiker, die mit ihrem ruhigen, von der Sologitarre dominierten Jazz das Publikum fesselten. Der Namensgeber Ben Miller ist in der Eifel kein Unbekannter, er wuchs in Gemünd als Benedikt Müller auf. Nach dem Gitarrenstudium in Arnheim zog er nach Essen, wo er mit Schlagzeuger Marius Lamm und Bassist Moritz Götzen den „Jaku Jazz- und Kulturverein Essen“ gründete.

Auf Müllers Initiative war der Nettersheimer Abend zustande gekommen. „Meine Eltern haben mir davon erzählt, dass es dieses Kino hier gibt, und da habe ich mich einfach bei den Betreibern gemeldet“, berichtete er.

Womit die Veranstaltung in eine Marktlücke stieß und damit die Unterversorgung mit live gespieltem Jazz in der Region erfolgreich bekämpfte. Ein ausverkauftes Haus konnten Rosie Placzek und Thomas Kamm verdientermaßen melden. „Das hat genau gepasst, ich musste niemand wegschicken“, sagte Kamm. Die Idee zu Jazzkonzerten in dem kleinen Kino finde er gut. Also wird daraus eine Reihe gemacht: Alle zwei Monate solle am zweiten Dienstag des Monats ein Konzert stattfinden.