Nord-Süd-StadtbahnSpezialdämpfer auf Domstrecke eingebaut

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Die KVB puffern die Gleise auf der neuen Strecke der Nord-Süd-Stadtbahn am Dom.

Die KVB puffern die Gleise auf der neuen Strecke der Nord-Süd-Stadtbahn am Dom.

Köln – Als im Januar die Nachricht um die Welt ging, dass die U-Bahnen der KVB-Linie 5 den Dom erzittern lassen (die Kölnische Rundschau berichtete exklusiv), war der Kölner Unternehmer Hermann Ortwein (68) gerade auf der anderen Seite des Globus. „Ich habe in Sydney davon erfahren.“ Auch „Down Under“ war das Medieninteresse an dem Kölner Problem groß. Während man in Köln noch rätselte, woran es lag, dass jede vorbeifahrende Bahn in Domschatzkammer und Sakristei für lautes Rumpeln sorgte, hatte Erfinder Ortwein im fernen Australien schon die Lösung parat: Naturgummi.

Vergangenes Wochenende wurde sein Plan umgesetzt. Ab Samstag, 5 Uhr, arbeiteten Trupps von zehn bis zwölf Mann in Acht-Stunden-Schichten rund um die Uhr im U-Bahntunnel am Dom. Auf zwei 60 und 90 Meter langen Streckenabschnitten tauschten die Arbeiter 500 Schienenbefestigungen gegen Speziallager der Longericher Firma „OSC Railtec“ aus, die Ortwein zusammen mit seinem Partner Willi Schumacher (65) leitet. In diesen „delta-Lagern“ ruht die Schiene auf dicken Einlagen aus hochelastischem Naturkautschuk, die bis zu sechs Millimeter einfedern und so dafür sorgen, dass weniger Vibrationen weitergegeben werden.

Der Einbau habe „reibungslos geklappt“, berichtet Schumacher, der das Projekt als „die Krönung unseres Berufslebens“ bezeichnet. „Am Sonntag um 14 Uhr waren wir fertig, 14 Stunden früher als geplant.“ Möglich wurde dies durch präzise Logistik und etliche Vorarbeiten. „Damit es schneller geht, haben wir die Bohrungen in der Bodenplatte so geändert, dass die Schrauben in die alten Bohrlöcher der Schwellen passen. Es ist also eine Spezialanfertigung“, so Ortwein. Dass das System erstmals auf Holzschwellen statt auf Beton oder Stahl montiert wird, spiele für die Dämpfung keine Rolle. Ortwein ist sicher, dass die Lager ihren Zweck erfüllen und man die Linie 5 ab heute nicht mehr im Dom hört. „Das ist ein bewährtes System. Wir erfüllen alle Vorgaben, die der Schallgutachter gemacht hat.“

Wie groß der Effekt ist, sollen Schallmessungen zeigen, die laut KVB voraussichtlich im Dezember stattfinden. Bis das Ergebnis vorliegt, fahren die Bahnen am Dom weiterhin nur mit Tempo 20 statt 30. Ortwein und Schumacher haben bereits Hunderte Kilometer Gleis im In- und Ausland mit ihren patentierten Dämpfungssystemen ausgestattet. 1978 hat Ortwein das „Kölner Ei“ erfunden, nach seinen Worten „das weltweit erste elastische Element unter der Schiene“. Es wurde in Köln erfolgreich im U-Bahntunnel zwischen Ebertplatz und Kanalstraße getestet und später unter der Venloer Straße eingebaut, liegt aber auch auf der Harbour Bridge in Sydney.

Als die KVB im Sommer den Auftrag ausschrieb, die Strecke zum Rathaus so zu puffern, dass keine Vibrationen mehr in den Dom übertragen werden, bewarben sich die beiden Kölner mit ihrem System, das weltweit schon 150 000 Mal verbaut ist – unter anderem in Berlin, Budapest und Prag, aber auch auf der Hochbahn der Linie 13 zwischen Ehrenfeld und Mülheim und der Linie 1 zwischen Stadion und Weiden. Um sicher zu gehen, ließ Ortwein bei der Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen (STUVA) in Köln eigens ein Gutachten anfertigen und die Langlebigkeit der modifizierten Lager für die Domstrecke testen. „Die halten locker 25 Jahre.“

Die Firma OSC gewann den Auftrag – mit Gesamtkosten von 130 000 Euro lag sie deutlich unter der Kostenschätzung von 250 000 Euro. „Außerdem konnten wir den Umbau binnen 48 Stunden anbieten, so dass die Strecke nur ein Wochenende gesperrt werden musste“, so Schumacher. Strittig ist weiterhin, wer die Kosten trägt. Die KVB tritt in Vorleistung; es hieß aber, die Stadt werde den Betrag der Domverwaltung in Rechnung stellen. Dompropst Dr. Norbert Feldhoff hat eine Übernahme der Kosten bisher abgelehnt.

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