Häuser mit HistorieWo das Gedächtnis der Stadt vor 50 Jahren gelagert wurde

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Fest der Gotik: Die Fassade des Alten Stadtarchivs würdigte am Ende des 19. Jahrhunderts die mittelalterliche Baukunst. Lange nach Schließung des Archivs im Jahr 1971 zog das Design-Hotel „The Qvest“ ein.

Köln – Die Portalfiguren sind es, die dem geübten Blick verraten, dass das dreigeschossige neogotische Gebäude zwar in unmittelbarer Nähe zu St. Gereon steht, es aber trotzdem kein altes Klostergebäude ist, sondern bis immerhin 1971 Sitz des Historischen Stadtarchivs sowie der Bibliothek Köln war. Unter verzierten Baldachinen stehen am Hauptportal mit seinem großen Mittelgiebel und seiner Maßwerk-Fensterfront nämlich keine Heiligen, sondern Gottfried Hagen, Verfasser der 1270 vollendeten gereimten Stadtchronik Boich van der stede Colne, sowie Ulrich Zell, der 1465 erster Kölner Buchdrucker geworden war.

Architekt Friedrich Carl Heimann, der später erster Stadtkonservator Kölns werden sollte, freute sich in seiner Rede anlässlich der Einweihung am 21. Dezember 1897, „dass des Archivs kostbaren Schätzen, den stummen und doch so beredten Zeichen der ruhmreichen Vergangenheit unserer Stadt, nach einem Jahrhunderte währenden Unterkunftswechsel endlich ein sicheres und würdiges Heim bereitet ist“.

Archivalien lagerten zuvor im Rathaus-Gewölbe

Ab Anfang des 15. Jahrhunderts waren die Archivalien in einem eigens dafür errichteten „Gewölbe für die städtischen Urkunden“ im Rathausturm untergebracht gewesen, bevor dieses aus allen Nähten platzte und das Archiv zunächst auf mehrere Standort aufgeteilt wurde und später auf Wanderschaft durch einige Provisorien gehen musste. Schließlich jedoch erwarb die Kölner Stadtverordneten-Versammlung am 28. Juli 1892 das 2321 Quadratmeter große Grundstück, das der Kölner Localanzeiger als Standort des neuen Archivs nicht nur wegen der Lage lobte. Toll fand man den Bauplatz, weil „er bei großem Flächeninhalt nur eine verhältnismäßig wenig umfangreiche Frontentwicklung gestattet und es so ermöglicht, die Entwicklung reicher gestalteter Architektur einzuschränken“. Man befürchtete nämlich, dass die Bauaufgabe, Archivalien zu beherbergen und gegen äußere Einflüsse zu schützen, zu einem unschönen klobigen Erscheinungsbild führen müsste.

Nicht so gegenüber St. Gereon, wo „die aus dem Bibliotheksgrundrisse sich ergebende eintönige Ausbildung des Äußern dem Auge der auf den Vorplatz weilenden Beschauer völlig zu verbergen“ wäre. Hier also errichtete Heimann nach Grundsteinlegung am 16. Mai 1894 ein historistisches Gebäude. Anlässlich der Einweihung erläuterte der Architekt, dass mit der Wahl des Baustils an jene Zeit erinnert werden solle, als Köln „auf politischem wie künstlerischem Gebiet gleich hohen unbestrittenen Ansehens genoss, als die mittelalterliche Bauweise zu höchster Blüte sich entfaltete, die Gotik in raschem Laufe ihre Gebiete gewann“. Hinter der Schmuckfassade und den repräsentativen öffentlichen Räumen schloss allerdings ein Zweckbau aus Backstein an – der allerdings repräsentativ ausgestattet wurde.

Vom Archiv zum Hotel

„Berechtigt war die Wahl des Stiles längst vergangener Tage im Hinblick auf die Werktätigkeit eines Jahrtausends“, erläutert Heimann hierzu, „zweifelhaft erschien seine Verwendung für die Ausgestaltung der Räumlichkeiten die auch den modernen Anforderungen entsprechen sollen.“ Als imposant lobt der Kölner Localanzeiger den Studiersaal, „eine 12,14 Meter lange, 6,95 Meter breite gotische Halle, von Stern- und Netz-Gewölben überspannt, deren Rippenwerk sich aus zwei Granitsäulen schlank entwickelt“.

Nach diversen Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zunächst wieder instand gesetzt und vom Archiv benutzt, bis dieses 1971 in den Neubau in der Severinstraße umzog. Daraufhin diente das ehemalige öffentliche Archiv lange als Privatbibliothek des Gerling-Konzerns, bevor es die Architekten HKR schließlich 2014 zu einem Hotel umbauten. Die Eingriffe konzentrierten sich hier allerdings auf den Innenraum, wo etwa ein barrierefreies Treppenhauses integriert oder aber in eine der Suiten eine Tannenholzdecke aus dem Jahr 1390 versetzt wurde, die einstmals das Wohnhaus eines Goldschmieds auf der Hohe Straße zierte.

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Das Historische Archiv der Stadt Köln soll möglichst bald in den von Waechter + Waechter Architekten konzipierten Neubau am Eifelwall. Der Bau ist inzwischen weitgehend fertig. Ein genauer Termin für den Einzug steht noch nicht fest. Die Archivalien werden weiter restauriert oder befinden sich an verschiedenen Standorten – wie vor dem Bau des Alten Archivs im 19. Jahrhundert.

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