Kölner Häuser mit HistorieBrutal einfach – wie der Kölner Flughafen für Furore sorgte

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Flughafen Köln Böschemeyer

Vorbild für Berlin: Die Anlage des Terminal 1 wurde später auch vom Flughafen Tegel ver­wen­det.

Köln – Was sich denn bitte schön hinter dem Anglizismus eines „Drive-In-Flughafens“ verberge, versuchte die Kölnische Rundschau 1967 ihren Lesern zu erklären: „Dieses ,Drive in’ ist schon so etwas wie eine Kurzgeschichte für sich, darin ein Passagier mit seinem Wagen in den Hafen fährt und vom Aussteigen bis zum Einsteigen ins Flugzeug auf dem kürzesten Weg, unter weitgehender Ausschaltung seiner eigenen Beine und ohne Wartezeit an Schaltern und Gepäckstellen, in die Luft gehen kann.“ Alles klar? Ein Jahr zuvor hatte der Bau des neuen Flughafenterminals begonnen. Es kamen also große Dinge auf die Kölner zu.

Keimzelle des Flughafens Köln/Bonn war ein Truppenübungsplatz mit Start- und Landebahn sowie Tower, der nach dem Zweiten Weltkrieg in die Nutzung der britischen Royal Airforce übergeben und ausgebaut wurde. „Während sich alle anderen Verkehrsflughäfen in der Bundesrepublik in das ständig ausweitende Luftverkehrsnetz systematisch einordnen konnten, war diese Möglichkeit für den Flughafen Köln/Bonn erst nach vollständiger Freigabe des Wahner Flugplatzes für den zivilen Luftverkehr im Sommer 1957 gegeben“, klagte 1966 der damalige Flughafendirektor Carl Mudlagk.

Ab da galt es viel aufzuholen, zumal der Hauptstadtflughafen Eingangstor wichtiger ausländischer Besucher war, etwa für John F. Kennedy bei seinem legendären Deutschlandbesuch 1962, und damit vielfotografierte Visitenkarte der jungen Republik. Deshalb entschloss man sich nach zwischenzeitlichen Erweiterungen des Bestands, bei denen etwa eine 3800 Meter lange und 60 Meter breite Start- und Landebahn den Ansprüchen moderner Jets entsprechend angelegt wurde, für einen Neustart in Form eines revolutionären Neubaus, den am 20. März 1970 der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann eröffnete. Bis dahin folgte die Flughafenarchitektur in Europa weitgehend dem Vorbild des Bahnhofs, also ein Empfangs- und Abfertigungsgebäude mit parallel dazu angeordnetem Flugfeld. Die Passagiere wurden unter freiem Himmel über das Betonfeld geleitet, um dort über einfache Treppen auf Rädern in ihre Maschine zu gelangen.

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Eine Innovation der Flughafen-Architektur

Insofern war das erste Terminal Köln-Bonn, geplant vom Rudolf-Schwarz-Schüler Paul Schneider von Esleben, eine Innovation, baute er doch Europas ersten Drive-in Airport nach Vorbild des Los Angeles International Airport: Dies beginnt schon bei der Anfahrt. „Von Köln kommend muss der Gast auf verschlungenen Pfaden, geschwindigkeitsbegrenzt auf jedem Kilometer, den Hafen suchen, und von Bonn aus muss man vollends über die Dörfer“, klagt die Rundschau 1967, um dann hoffnungsfroh zu verkünden: „Gleichzeitig mit den neuen Abfertigungsanlagen wird der Kölner Zubringer fertig und auf eine Fahrtzeit von zehn Minuten getrimmt sein“. Die mehrspurige Schnellstraße endete in einem Kreisverkehr, in dessen Mitte sich ein Turm erhebt, welcher der Belüftung des Flughafengebäudes dient. Die Passagiere können ihr Auto dann entweder in unmittelbarer Nähe auf dem fünfeckigen Parkdeck abstellen oder direkt vor das 500 Meter lange Empfangsgebäude fahren, drei in Stufenterrassen segmentierte Sichtbetonkonstruktionen im Stil des Brutalismus, die sich um das Parkdeck legen.

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In deren Erdgeschoss ist der Empfangsbereich. Von dort aus geht es in die erste Etage weiter, wo sich Verkaufsschalter befanden sowie, platziert an den Schnittpunkten des über Eck geführten Gebäudes, die Zugänge zu zwei sternförmigen Hallen, wo an sechs Positionen dezentral direkt am Flugzeug und somit die Besucherströme entzerrend die Abfertigung sowie die Sicherheitskontrollen geleistet werden.

Darüber sind Transitgang, Aussichtsterrassen, Besucherrestaurant sowie die Büroräume untergebracht. Alles ist auf schnelle Abwicklung und kurze Wege angelegt, bei innerdeutschen Flügen sollte es ausreichen, fünf Minuten vor Start den Flughafen zu erreichen. Seine polygonale Struktur wird später unter anderem vom Flughafen Berlin-Tegel verwendet.

Die enormen Zuwachsraten des Flugverkehrs, zur Zeit der Flughafenkonzeption noch ein wenigen Menschen vorbehaltener Luxus, konnten in dieser Form nicht vorhergesehen werden und sind entsprechend in der Architektur nicht berücksichtigt worden. Gleiches gilt für die Maße der neuen Jumbojets, die für die Brücken bald zu groß wurden. Schon 1974 wurden erste bauliche Anpassungen notwendig. Heute verfügt der Flughafen insgesamt über drei Start- und Landebahnen von bis zu 3815 Metern Länge, über neun Vorfelder mit 113 Parkpositionen sowie zwei Terminals mit 86 Check-In-Schaltern, 51 Gates und 17 Fluggastbrücken. Die Aufnahme Konrad Adenauers in den Flughafen-Namen und damit die Erinnerung an die Jahre der Bonner Republik folgte übrigens erst 1994. Im alltäglichen Sprachgebrauch blieben die Folgen überschaubar.

Terminal 1, Flughafen Köln-BonnKennedystraßePaul Schneider von Esleben1966 bis 1970

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