„Alaaf auf Abstand“Diese Kölner Ausstellung zeigt Karneval mal ganz anders

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pripro 2021 im Gürzenich

Die „PriPro“ 2021 im Kölner Gürzenich

Köln – Rot sind die Schuhe des Prinzen, weiß die Strumpfhose. Einsam läuft er durch das verwaiste Foyer des Gürzenich, vorbei an den hellen Säulen, geradewegs auf die Treppe zu. Es ist das Titelfoto des Bildbandes „Alaaf auf Abstand – Bilder einer anderen Session“, das am Montag im Stadtmuseum vorgestellt wurde. Die Aufnahme besticht durch ihre monumentale Wucht, gepaart mit der Einzigartigkeit dieses Augenblicks am Rande einer Proklamationsfeier ohne Publikum.

Andere Bilder überzeugen durch ihre Schlichtheit, weil sie kleine Gesten am Rande einer historischen Karnevalssession eingefangen haben. Da ist etwa die Aufnahme zweier sich innig küssender Karnevalisten, Mann und Frau, beide mit grauen Haaren.

Am 11. November ließen die Roten Funken einen Zeppelin über der Stadt kreisen.

Am 11. November ließen die Roten Funken einen Zeppelin über der Stadt kreisen.

Und beide tragen eine FFP2-Maske. „Wir haben einzigartige Aufnahmen erhalten“, freut sich Dr. Philipp Hoffmann, der zuletzt noch die Brauchtumsabteilung des Kölnischen Stadtmuseums geleitet hatte und seit Kurzem neuer Direktor des Bonner Stadtmuseums ist. Aber er ist auch Geschäftsführer der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums, die das Buchprojekt unterstützt haben.

Die Menschen hinter den Bildern

Die Fotografen: Costa Belibasakis (v.l.), Constantin Ehrchen und Joachim Rieger im Stadtmuseum.

Die Fotografen: Costa Belibasakis (v.l.), Constantin Ehrchen und Joachim Rieger im Stadtmuseum.

3 Fotografen haben die ungewöhnliche Corona-Session in Köln fotografiert. Joachim Rieger, Constantin Ehrchen und Costa Belibasakis, der auch regelmäßig für die Kölnische Rundschau fotografiert. „Es war eine Ehre, dieses Projekt begleiten zu dürfen und ungewöhnliche Einblicke zu erhalten“, sagt Belibasakis. Besonders imponiert habe ihm „die Kreativität der Karnevalisten“. Die Kunst sei es in der vergangenen Session gewesen in Erfahrung zu bringen, wo etwas Karnevalistisches passiert. „Denn es war eine Karnevalszeit ohne Terminkalender, aber dafür mit vielen Überraschungen“, so Costa Belibasakis.

Der Bildband zur Ausstellung ist im Marzellen-Verlag erschienen und kostet 24,95 Euro. Erhältlich ist das Werk bis Ende Juli exklusiv im Museumsshop des Stadtmuseums. Anschließend wird der Bildband auch im Buchhandel angeboten. Unterstützt wurde das Projekt durch die Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums um den Vorsitzenden Bernhard Conin. Normalerweise richtet der Verein unter anderem die Schull- un Veedelszöch aus. (tho)

Noch sind die Bilder halbwegs präsent: Karnevalssitzungen im Autokino, der Hänneschen-Rosenmontagszug, der weitestgehend leere Heumarkt an Weiberfastnacht. „Aber diese Aufnahmen sind ein Zeitzeugnis“, weiß Silvia Rückert, stellvertretende Direktorin des Stadtmuseums. Insgesamt etwa 150 Fotos haben es in den abwechslungsreichen Bildband geschafft, noch mehr Fotos sind beim virtuellen Stadtrundgang zu sehen, auch eine Schnitzeljagd gehört zum Klick-Erlebnis am Heimcomputer.

Wenn es etwas zu kritisieren gibt an dieser Ausstellung, dann vielleicht, dass die Bilder nur auf dem mobilen Endgerät oder am PC zu betrachten sind und nicht großformatig an Wänden hängen oder würdig im Museum präsentiert werden. „Es lag nahe, auch eine Ausstellung auf Abstand zu zeigen. Wir wollten in Zeiten der Pandemie einen sicheren Ausstellungsort kreieren“, begründet Hoffmann die Entscheidung. So ist das in diesen Zeiten.

Ein Clown in der Wagenbauhalle kann nicht hinsehen.

Ein Clown in der Wagenbauhalle kann nicht hinsehen.

Der Bildband und die Ausstellung sind durchaus geprägt von den phantasiereichen Versuchen der organisierten Vereinskarnevalisten, den Karneval trotz Corona stattfinden zu lassen. „Wir wussten anfangs nicht, was auf uns zukommt. Es war unklar, ob überhaupt jemand vor die Tür geht“, erzählt Dr. Philipp Hoffmann von den Unwägbarkeiten des Fotoprojekts, für das er drei Fotografen engagiert hatte (siehe Info-Text).

Die Online-Ausstellung ist bis zum 3. Oktober zu sehen, im August sollen die Bilder einen Tag in der Stadt durch ausgestellte QR-Codes an den Entstehungsorten sichtbar gemacht werden.

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