Neuer Grünen-Chef im Interview„Hochhäuser dürfen in Köln kein Tabu sein“

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Grünen Chef Wolters in Köln

Stefan Wolters ist seit 11. Juni neuer Co-Chef der Grünen in Köln.  

Köln – Stefan Wolters (45) ist seit 11. Juni Co-Parteichef der Kölner Grünen. Michael Fuchs sprach mit ihm über Klimaschutz und knappe Flächen.

Warum wollten Sie Parteivorsitzender werden?

Ich bin seit 2016 im Vorstand und will mich stärker einbringen. Als wir im inneren Zirkel diskutiert haben „Wie wollen wir die nächsten Jahre gestalten?“ habe ich mir gesagt: Ich möchte gerne an vorderster Stelle dabei sein und diesen Prozess mit führen.

Sie arbeiten Vollzeit bei der Aktion Mensch. Bleibt das so?

Ja. Mein Job ist mir sehr wichtig. Politik muss offen sein für Einflüsse von außen. Wir müssen gut aufpassen, dass wir uns nicht zu intensiv in unserer grünen Politikblase aufhalten.

Zur Person

57,8 Prozent Zustimmung erhielt Stefan Wolters bei der Wahl zum Co-Parteichef. Konkurrent Willi Harz kam auf 40,3 Prozent. Wolters stammt aus Krefeld, lebt seit 1998 in Köln. Er ist seit 2011 den Grünen, seit 2016 im Vorstand, zuletzt als Schatzmeister. Er arbeitet bei der „Aktion Mensch“ in Bonn als Produktmanager im Digitalbereich. (fu)

Worauf stellen Sie sich ein?

Wir haben als grüne Partei aufregende Jahre vor uns. 2024 steht die Europawahl an, 2025 die Kommunalwahl. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Wir müssen unseren Kreisverband neu aufstellen. In kurzer Zeit haben wir viele neue Mitglieder gewonnen. Inzwischen sind es fast 2900 – dreimal so viele wie vor fünf Jahren. Das erfordert Veränderungen in der Organisation.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Co-Parteichefin und Ihre Rolle beschreiben?

Katja Trompeter und ich arbeiten sehr gut und vertrauensvoll zusammen. Alles, was wir im Vorstand beschließen, beschließen wir als Team. Und wir arbeiten sehr gut mit der Ratsfraktion zusammen. Die Geschlossenheit, die wir als Kölner Grüne zeigen – da kann ich für mich sagen: Da habe ich einen Anteil daran. In der Art und Weise, wie ich arbeite und moderiere und auch versuche zu vermitteln. Ich schreibe mir schon eine sehr integrative Arbeitsweise zu.

Sie sind bis Frühjahr 2023 gewählt. Und dann?

Ich bin natürlich angetreten, um auch darüber hinaus Verantwortung zu übernehmen.

Streben Sie ein Mandat an?

Die Trennung von Amt und Mandat halte ich absolut für richtig. Ich habe noch nie für ein politisches Mandat kandidiert und schließe das bisher für mich persönlich aus. Mein Fokus wird in den nächsten Jahren klar auf der Parteiarbeit liegen.

Tut die Ratsfraktion aus Ihrer Sicht genug? Die Grüne Jugend übt ja oft Kritik. Sehen Sie sich als Wächter der grünen Ideale, der der Fraktion auch mal Beine machen muss?

Ich sehe mich in erster Linie als Wächter für die Partei. Als gewählter Co-Vorsitzender habe ich dafür zu sorgen, dass das, was die Partei beschlossen hat, auch in die politische Umsetzung kommt. Wir haben eine Bündnisvereinbarung mit CDU und Volt, die den Fahrplan liefert für das, was in den nächsten Jahren passiert. Wir wissen, dass Kompromisse eingegangen werden mussten. Unsere Geschlossenheit ist eine unserer Stärken, darauf basieren auch unsere Erfolge. Das heißt aber nicht, dass wir als Partei die Arbeit der Ratsfraktion nicht trotzdem weiter anschieben wollen. Wichtig ist, dass Partei- und Fraktionsspitze intensiv darüber kommunizieren – in beide Richtungen.

Stichwort Klimaschutz, Energiekrise, „Fridays for future“: Wie radikal muss grüne Politik jetzt sein?

Wir haben Klimaneutralität bis 2035 eingefordert. Das ist unser klarer Leitfaden. Eine Mammutaufgabe für uns alle. Nicht nur für Politik und Verwaltung, sondern auch für die Stadtgesellschaft. Das können wir bewältigen, wir müssen aber einen klaren Fokus darauf setzen. Das weiß auch die Ratsfraktion, und da werden wir als Partei hinterher sein. Ich finde es in Ordnung, wenn die Grüne Jugend intern Reibung erzeugt und die Klimabewegung von außen Druck macht. Den brauchen wir angesichts der Herausforderungen.

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Die Grünen haben bei vier Wahlen triumphiert, setzen als stärkste Kraft im Rat neue Prioritäten. Da heißt es dann auch mal kritisch „Klimadiktat“ oder „Verbotspartei“...

Ich kann mit solchen Begriffen nichts anfangen und lasse mich davon auch nicht entmutigen. Wo wir etwas neu regeln, gibt es gute Gründe dafür. Wir sollten Beschlüsse zum Klimaschutz umsetzen, auch wenn es an manchen Stellen weh tut. Aber das muss sozial gerecht geschehen. Wenn für Menschen aus Haushalten mit geringem Einkommen Härten entstehen, müssen wir das abfedern.

Die Grünen wollen Flächenversiegelung verhindern. Wie sorgen Sie für Wohnraum?

Wir müssen in der Stadt kompakter bauen und mehr in die Höhe bauen. Auch Hochhäuser dürfen kein Tabu sein.

Lehnen Sie einen Tunnel auf der Ost-West-Achse ab?

Das Geld ist endlich, die Frage ist, wie man Ressourcen am besten einsetzt. Ich bin gegen einen Tunnel, weil er enorm viel Geld kostet, das dann anderswo fehlt. Außerdem dauert er viel zu lange. Wir müssen zudem den ÖPNV in den Außenbezirken verbessern.

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