Neues HochschulgesetzAnwesenheitspflicht stößt auf Proteste bei Studenten

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Albertus-Magnus-Platz Köln

Der Albertus-Magnus-Platz in Köln

  • Die Aufhebung der bisher geltenden Nicht-Anwesenheitspflicht ist einer der umstrittensten Punkte im geänderten Hochschulgesetz.
  • Für viele Studierenden wird es schwer, das Studium und den Nebenjob unter einen Hut zu bekommen.
  • Wir haben uns mit den Studierenden unterhalten und gefragt, wie sie das veränderte Gesetz finden.

Köln – Mit großer Verunsicherung verabschieden sich gerade viele Studentinnen und Studenten in die Semesterferien. „Niemand weiß genau, was nach dem Beschluss des gerade geänderten Hochschulgesetzes durch die NRW-Landesregierung nun kommen wird“, erklärt Jonas Günther, Vorsitzender des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses Asta, die Ratlosigkeit auf dem Campus.

Die Aufhebung der bisher geltenden Nicht-Anwesenheitspflicht ist einer der umstrittensten Punkte in dem Gesetzespaket, auch eine „Einschränkung demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten“ kritisieren Studentenvertreter.

„Die Belastung der Studierenden steigt, psychisch und physisch“, warnt Günther. Befürchtet wird, dass viele Professoren Anwesenheitspflichten einführen wollen. Es gebe schon jetzt Probleme, Studium und Job unter einen Hut zu bekommen. Befürchtet wird auch, dass sich die Studienzeiten durch Anwesenheitspflichten verlängern. Lehramtsstudentin Nuria Cafaro (24) findet die Entscheidung der schwarz-gelben Landesregierung „unmöglich. Es ist ein riesengroßes Problem“, sagt sie. Denn „vom Bafög allein können viele nicht leben“.

80 Prozent der Studierenden arbeiten neben dem Studium

Das Gesetz

Die NRW-Landesregierung beschloss mit der Mehrheit von CDU und FDP das neue Landeshochschulgesetz, das die Autonomie der Hochschulen stärken will. Es sieht jedoch etwa die Möglichkeit vor, Anwesenheitspflichten und verbindliche Studienverlaufspläne einzuführen. Die Novellierung ist sehr umstritten, Studierende kritisieren, es schränke ihre Rechte und Freiheiten ein.(MW)

Knapp 80 Prozent der Kölner Studierenden müssen neben dem Studium arbeiten gehen, „das ist schon jetzt mit dem Studium schwer zu vereinbaren – wie soll das mit Anwesenheitspflichten funktionieren?“, fragt die angehende Geschichts- und Deutschlehrerin.

Die Möglichkeit, Anwesenheitspflichten einzuführen, sei „eigentlich asozial und lebensfern“, es schließe Leute aus und erschwere denjenigen den Alltag, die schon jetzt vor Herausforderungen gestellt sind, etwa beim Studium mit Kind oder einem Pflegefall in der Familie.

„Arbeits- und Familienzeiten kollidieren häufig mit Vorlesungen, auch abends gibt es Kurse.“ Lehramtsstudentin Imke Ahlen, Mutter einer drei Monate alten Tochter, hofft, dass es im Wintersemester zumindest Härtefallregelungen gibt, „sonst weiß ich nicht, wie ich alles unter einen Hut bekomme, wenn zum Beispiel das Kind krank ist“, sagt sie.

Bisher gab es keine Anwesenheitspflicht

Bisher sah das Gesetz keine Anwesenheitspflichten vor, nur in Einzelfällen zum Beispiel bei Praktika im Labor gibt es sie bereits. Nun haben de facto die Gremien in den Fakultäten mit Professoren und auch Studierenden zu entscheiden, in welcher Form und welchem Umfang sie die Umsetzung des Gesetzes gestalten, so Uni-Pressesprecher Dr. Patrick Honecker. „Das ist jetzt ein Diskussionsprozess bis zum Wintersemester. Es gibt diverse Kann-Möglichkeiten.“

Jurastudent Florian Knoll ist eigentlich gegen eine Anwesenheitspflicht, sieht aber auch Vorteile: Sie könne auch manche Leute dazu bewegen, zügiger zu studieren. Die Sozialwissenschafts-Studenten Leon Rottmann und Linus Rüdinger finden, das Hochschulgesetz schaffe vor allem Probleme für die, die jobben müssen. Außerdem, so Linus, „gibt es auch andere Lerntypen, so wie mich. Ich war dieses Semester in keiner Vorlesung, sondern gehe in die Bibliothek und lade mir das hoch.“

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Man habe „eh schon weniger Freiheiten“ an der Uni als früher, statt weiterer Einschränkungen für Studierende sollte es mehr Lern-Plätze und AG-Angebote geben, fordern Hannah Scheibler und Laura Wagner, die beide Jura studieren. „Es gibt bei uns keine Pflicht-Anwesenheit,. aber wir gehen sowieso hin, weil wir sonst mit dem Stoff nicht hinterherkommen.“ Dringend nötig seien dagegen mehr AGs, Plätze und Lerngruppen, „es fehlt an flexiblen Angeboten“.

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