Razzia im AusländeramtBundespolizei nimmt Mitarbeiterin der Stadt Köln fest

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(Symbolbild)

Köln  – Die Festnahme sorgte in der Führungsetage der Stadt Köln am Donnerstag für hektische Betriebsamkeit: Eine Mitarbeiterin (58) des Ausländeramtes soll Mitglied einer Schleusergruppierung gewesen sein, die über Monate Ausländern dabei geholfen haben soll, nach Deutschland zu gelangen.

Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, wird die Frau verdächtigt, sogenannte Fiktionsbescheinigungen (Aufenthaltsberechtigungen) und Reisepässe für Ausländer ausgestellt zu haben. „Die Beschuldigte soll an allen 26 vorgeworfenen Taten konkret beteiligt gewesen sein. Die Mitarbeiterin der Stadt Köln soll pro Papier 3500 Euro bekommen haben“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Lisa Klefisch, der Rundschau. Auf diese Weise soll die Beschuldigte mehr als 90 000 Euro eingenommen haben. Die 58-Jährige habe in der mittleren Führungsebene beim Ausländeramt gearbeitet und die Möglichkeit gehabt, entsprechende Papiere auszustellen. Der Kontakt zu den Beschuldigten sei im Ausländeramt entstanden. „Dort lernte man sich kennen“, sagte Klefisch weiter.

Razzia auch in Gelsenkirchen und im Raum Limburg

Die Stadt Köln wollte sich zu den laufenden Ermittlungen nicht äußern. Stadtsprecher Alexander Vogel betonte aber, man unterstütze die ermittelnden Behörden „natürlich in vollem Umfang. Sollten sich erhobene Vorwürfe bestätigen werden seitens der Stadt Köln arbeitsrechtliche Konsequenzen geprüft.“ 

Die Ermittler wurden nicht nur bei der Mitarbeiterin der Kölner Ausländerbehörde vorstellig. Im Rahmen einer Razzia in NRW und Hessen in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei durchsuchten 250 Beamte zwölf Wohnungen und Büroräume von elf Beschuldigten im Raum Köln, in Gelsenkirchen und im Großraum Limburg, so die Staatsanwaltschaft. Die Durchsuchungen in Köln fanden in links- und rechtsrheinischen Stadtteilen statt.  Zwei Männer und die Mitarbeiterin des Ausländeramtes seien auf der Grundlage von Haftbefehlen des Amtsgerichts Köln festgenommen worden.

Die Beschuldigten sollen einreisewilligen Ausländern, die überwiegend aus Syrien stammten, dabei geholfen haben, nach Deutschland einzureisen. Pro Schleusung sollen sie mehrere tausend Euro bekommen haben. Dafür hätten sie den Einreisewilligen unrechtmäßig ausgestellte Ausweise über Mittelsmänner ins Ausland geliefert. Damit hätten die Einreisewilligen beim Verlassen ihres Heimatlands ein Aufenthaltsrecht in Deutschland vorweisen können. Vor der Einreise nach Deutschland hätten sie die Ausweise dann entsorgt, um in Deutschland Asyl beantragen zu können.  

Köln ein Drehkreuz für Schleuser

Bei den Durchsuchungen am Donnerstag wurden rund zwölftausend Euro sowie etwa 50 Mobiltelefone sowie mehrere Datenträger, Laptops, Computer und zahlreiche Ausweisdokumente beschlagnahmt. Wie die Rundschau erfuhr, sind bei den Durchsuchungen auch gefälschte Impfpässe entdeckt worden. Was die Schleuser mit diesen Papieren wollten, soll noch geklärt werden. Möglicherweise agierten die Beschuldigten auch als Impffälscher, hieß es. Auch gefälschte Führerscheine stellten die Beamten sicher.

Der Großraum Köln ist wegen seiner zentralen Lage bei Schleusungen immer wieder ein Brennpunkt. „Sie hoffen auf ein besseres Leben in Europa, verkaufen ihr weniges Hab und Gut und legen ihr Schicksal in die Hände von kriminellen Schleusern“,  so formulierte es die Bundespolizei unlängst nach dem Schlag gegen eine Schleuserbande. Verkehrstechnisch sei die Domstadt über die Bahn oder die Autobahnen sehr gut erreichbar. Von Köln aus würden die Geschleusten entweder weiter geschickt oder sie blieben im Rheinland.  Auch der Zoll befasst sich in Köln häufig mit Schleusern.

„Moderne Sklaverei“ mitten in Deutschland

Aus mehreren Verfahren wissen die Ermittler, dass junge Vietnamesen von Schleppern gezielt zur Arbeit nach Deutschland gefahren werden, um hier in Nagelstudios für einen Hungerlohn zu arbeiten. Über die Schlepper und Hintermänner erzählen die Festgenommenen oft nur wenig. „Sie haben Angst vor den Folgen einer Aussage“, sagt Zollsprecher Jens Ahland und spricht von einer „modernen Sklaverei“. Was manchen Frauen geschehe, sei furchtbar. Bei einer Razzia vor wenigen Monaten im Raum Köln wurde eine Schwangere in einem Nagelstudio angetroffen. „Sie war auf der Fahrt nach Deutschland von Schleusern vergewaltigt worden und musste trotz der Schwangerschaft in einem Geschäft arbeiten“, berichtete der Sprecher.  

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