Serie „Verlassene Orte“ (3)Housekeeping ohne Gäste im 25Hours Hotel

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Niemand ist momentan auf den Fluren unterwegs.

Köln – Die Fahrt im Aufzug ist spektakulär, längst ist er zum Fotomagneten für Touristen und Einheimische geworden: Von innen ist der Lift verspiegelt und im Schachbrettmuster mit LEDs beleuchtet. Wer mit ihm hoch in die Bar im achten Stock fährt, um auf der Dachterrasse einen abendlichen Drink zu nehmen, hat bis zur Fahrstuhltür oft eine Stunde gewartet. Durch die Lobby des 25Hours Hotel im Gerlingviertel zieht sich eine lange Schlange der Wartenden – das Hotel ist seit Eröffnung im Sommer 2018 ein angesagter Treffpunkt.

Die meisten der 207 Zimmer sind während des Lockdowns leer

Bis März 2020. Die Warteschlange, die brummende Lobby, der bis auf den letzten Platz gefüllte Co-Working-Bereich – im Lockdown herrscht gähnende Leere. „I’m Okay“ (Mir geht’s gut) steht auf den Stoffmasken, die jetzt neben der Rezeption verkauft werden. So „okay“ ist aktuell aber eigentlich gar nichts: Touristische Reisen sind verboten.

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Sonst stehen die Besucher hier Schlange – jetzt ist die Lobby leer.

75 Prozent Einbußen hatte das Hotel seit Beginn der Pandemie, sagt Grit Pauling, General Manager des Kölner Hauses. „Wir haben 80 Mitarbeiter, alle sind aktuell in Kurzarbeit“, so Pauling. Zwei Hotels der deutschen Kette, Hamburg und Zürich, mussten schon schließen. Das Kölner Hotel werde aufbleiben, so Pauling – doch die laufenden Kosten sind da und die Pacht des denkmalgeschützten Gebäudes hoch.

Ganz verwaist sind die Zimmer des Hotels dennoch nicht: Geschäftsreisende dürfen weiterhin übernachten, teilweise ist das Hotel in der Woche bis zu 30 Prozent gebucht, an den Wochenenden sind es noch rund zehn Prozent. Das mag nach viel klingen – doch das sonst fast immer ausgebuchte Haus trägt schwer an der Situation. Normalerweise finden im Haus täglich Veranstaltungen statt: vom Yogakurs bis zum Firmenseminar.

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Ein unbewohntes Zimmer während des Lockdowns.

„Die lit.Cologne war im vergangenen März die erste große Veranstaltung, die abgesagt wurde“, erinnert sich Pauling. Im Hauptquartier der Literaturmesse war plötzlich Leere eingekehrt. Im Sommer waren einzelne Veranstaltungen wieder möglich – seit November sind die Stühle im Konferenzraum wieder permanent hochgestellt.

Alle zwei Tage werden die Wasserhähne aufgedreht

Ein Hotel ohne Gäste bedeutet jedoch nicht, dass es nichts zu tun gibt. Jedes der 207 Zimmer muss täglich inspiziert und gereinigt werden: Im 25Hours Hotel hat jeder Raum echte Pflanzen, alle müssen gegossen werden, so Pauling. Alle zwei Tage werden die Wasserhähne in den Zimmern aufgedreht, es müssen so genannte Legionellen-Spülungen gemacht werden, um Keimen vorzubeugen.

„Damit wir nicht jeden Tag die Glasduschen putzen müssen, sind die Mitarbeiter erfinderisch geworden: Einer dreht die Dusche auf, der andere steht mit einem Eimer drunter“, verrät Pauling die Tricks der Angestellten. Auf diese, vor allem die Mitarbeiter im Service, kommen aktuell nämlich ganz neue Aufgaben zu: Das Hotel hat den Vertrag mit der Reinigungsfirma aus Kostengründen unterbrochen. Geputzt wird von den Angestellten selbst. „Wir merken jetzt, wie viel das eigentlich ist.“ Täglich wird durchgewischt, von den Treppenhäusern bis zu den Zimmern, in denen Wände und Ablagen schwarz sind, „und wo der Staub sofort sichtbar wird“.

Geschlossen ist die Sauna im siebten Stock mit Blick auf Köln, im Sommer durften dort noch vier Gäste aus zwei Zimmer gleichzeitig saunieren. Und auch die angesagte „Monkeys“-Bar ein Stockwerk höher ist zu. Die Barkeeper, erzählt Pauling, haben die Zeit genutzt um im Homeoffice neue Drinks zu kreieren, nach dem Lockdown wird es eine neue Karte geben. Anders sieht es im gegenüberliegenden Restaurant „Neni“ aus.

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Die Tische im Restaurant des Hotels sind weiterhin eingedeckt.

In der offenen Küche stehen dampfende Pfannen auf dem Herd. Speisen können hier tagsüber als „Take away“ abgeholt werden, das Hotel arbeitet auch mit Lieferdiensten zusammen. Geschäftsreisende dürfen im Restaurant mit Blick über Köln auch frühstücken. Was irritiert: Jeder einzelne Tisch ist eingedeckt – als würden gleich die Besucherströme anrücken. Vor der Pandemie war das beliebte israelische Restaurant manchmal wochenlang ausgebucht. „Für die Atmosphäre decken wir hier alles ein. Unsere Gäste sollen nicht neben hochgestellte Stühlen sitzen. Selbst wenn es nur zwei Leute sind. So haben wir hier ein Stück Normalität. Auch für unsere Mitarbeiter.“

Denn nach der Krise soll der Betrieb schnellstmöglich wieder hochgefahren werden, so wie im Sommer. „Wir waren schnell wieder bei 80 bis 90 Prozent Auslastung“, berichtet Pauling. Aber auch da ging das Virus nicht spurlos an allen vorbei. Einen Corona-Fall gab es in der Mitarbeiterschaft, bei den Hotelgästen gab es zwei positive Tests. Eine 30-köpfige Sportmannschaft musste vierzehn Tage im Hotel in Quarantäne verbringen, weil einer von ihnen mit dem Virus infiziert war. „Sie haben das Essen auf ihr Zimmer bekommen“, sagt Pauling.

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Hochgestellte Stühle in der Bar.

Vereinzelte Fotoshootings oder Dreharbeiten

Ein paar Einnahmequellen hat sich das Hotel auch in Lockdownzeiten bewahrt: Vereinzelt finden Fotoshootings oder Dreharbeiten statt. „Ein Shooting bezahlt einen Mitarbeiter pro Monat“, sagt Pauling. Zudem bietet das Hotel seine Zimmer als „Homeoffice“ an: Für 50 Euro pro Tag kann das Zimmer in der Woche zwischen 8 und 19 Uhr als Arbeitsplatz genutzt werden – Minibar und Kaffee inklusive.

Sogar das Restaurant darf dann genutzt werden. Das Angebot werde von den Kölnern gut angenommen: In drei bis fünf Zimmern pro Tag werde aktuell gearbeitet. Und auch Langzeitgäste für ein bis zwei Jahre sind erwünscht: Für rund 1200 Euro im Monat (für Studenten 999 Euro) vermietet das Hotel seine Zimmer. Internet und Zimmerreinigung sind inbegriffen.

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