Studie Fraunhofer InstitutWie sich das Coronavirus in den Kölner Veedeln verteilt

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Köln – Monatelang haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts gemeinsam mit dem Gesundheitsamt der Stadt die Entwicklung der Corona-Pandemie in Köln erforscht. Hierfür wurden anonymisiert 28 800 Infektionsfälle untersucht, einschließlich der bekannten Kontaktpersonen wurden für die Studie sogar 102.000 Datensätze ausgewertet. Die Forscher haben versucht, einen Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote, Mietspiegel und Migration auf die Infektionslage zu finden. Die wichtigsten Ergebnisse:

Verschiebung ins Rechtsrheinische

Die Arbeitslosenquote hat sich zu Beginn der Pandemie anders auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt als es derzeit der Fall ist. Im Frühjahr 2020 gab es mehr Corona-Infizierte in den linksrheinischen Stadtteilen mit geringer Arbeitslosigkeit. „Das hat uns überrascht. Im Herbst hat sich das Infektionsgeschehen dann ins Rechtsrheinische verschoben“, berichtet Dr. Stefan Rüping, Abteilungsleiter im Fraunhofer Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme. Auffällig ist zudem der hohe Migrationsanteil in Gebieten mit hoher Inzidenzzahl. Mitte März hatte Meschenich mit 238,7 die höchste Inzidenzzahl, gefolgt von Vingst, Bickendorf, Höhenberg, Neubrück und Sürth (siehe Grafik). Im Dezember und Januar lag die durchschnittliche Inzidenz in Stadtteilen mit einer Arbeitslosenquote unter sieben Prozent bei 109,8, lag die Arbeitslosigkeit höher als elf Prozent kletterte die Inzidenz auf 156,6.

Jede dritte Ansteckungsquelle bekannt

Bei 33,8 Prozent der untersuchten Fälle ist es der Stadt gelungen, die Quelle der Corona-Infektion auszumachen. Also bei jedem dritten Fall. Zu den Erkenntnissen gehört auch, dass sich Kontakte an Orten mit hoher Arbeitslosigkeit leichter verfolgen lassen. Wo also Menschen beruflich eher mehr Kontakte haben, steigt bei einer Infektion die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Infektionsherd nicht mehr finden lässt.

Ansteckung bei Personen gleichen Alters

In etwa 60 Prozent der Fälle erfolgt eine Ansteckung bei Personen der gleichen Generation, also bei Menschen ähnlichen Alters. In jedem vierten Fall stecken ältere Infizierte jüngere Menschen an. Und bei zwölf Prozent der nachvollzogenen Ansteckungswege ging die Weitergabe der Corona-Infektion von jüngeren Menschen aus. Interessant: Wer sich bei jüngeren Menschen ansteckt, gibt die Infektion eher selten weiter, nämlich statistisch nur in 28 Prozent aller Fälle. Bei Gleichaltrigen liegt dieses Risiko schon bei 40 Prozent.

Grafik Corona NEUNEUNEU

Vorsicht vor falschen Schlüssen

Seit Beginn der Pandemie sammelt die Stadt die Daten der Kontaktverfolgung – so sieht es das Infektionsschutzgesetz vor. „Ich war jedoch zögerlich, solche Daten vorschnell öffentlich zu diskutieren“, gesteht Sozialdezernent Dr. Harald Rau. Denn die Daten bieten enormen Interpretationsspielraum. „Das kann gelingen, aber auch daneben gehen“, weiß Rau. Es gebe viele Vermutungen, aber wenig Sicherheiten. Ziel der Studie sei es, nun Hypothesen über die Verbreitung des Corona-Virus in der Stadt bilden zu können.

Diese Schlüsse zieht die Stadt aus der Studie

Schon Ende voriger Woche hatte der Krisenstab der Stadt nach seiner Sitzung angekündigt, die Schnelltest-Möglichkeiten in den Außenbezirken zu erhöhen. „Rechtsrheinisch gibt es eher wenige Testangebote. Wir müssen jetzt an Orten mit starkem Infektionsgeschehen die Testangebote erhöhen“, folgert Rau aus der Untersuchung. Vor allem die Schulen im Rechtsrheinischen müssten besonders stark unterstützt werden. In den kommenden Monaten soll die Studie fortgesetzt werden. Die Datenbasis bezeichnet Dr. Florian Neuhann, Gesundheitsforscher der Uni Heidelberg und leitender Mitarbeiter des Kölner Gesundheitsamts, als „großen Schatz“. Die Stadt habe die Verantwortung, „diese Daten nun ordentlich auszuwerten“. So ließen sich Infektionsschwerpunkte identifizieren und Gegenmaßnahmen treffen. „Wir wollen genauer in die Aspekte der Corona-Pandemie schauen“, sagt Rau.

Fraunhofer-Institut hat Hilfe angeboten

Die Initiative zur Untersuchung ging vom Fraunhofer-Institut aus. Die Zusammenarbeit erfolgte im Rahmen des Aktionsprogramms „Fraunhofer gegen Corona“. Dabei hat das Gesundheitsamt nur anonyme Daten weitergegeben. Es wurden keine Namen von Infizierten genannt, auch keine Adressen verraten. Es war nur eine Zuordnung nach Wohnblöcken möglich gewesen.

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