Corona in der Eifeler RegionKleine Verlage setzen in der Krise auf ihre Netzwerk

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Seinen Kleinverlag führt Ralf Liebe, hier in der Buchbinderei, zusammen mit seiner Frau Tracy Cichy.

Weilerswist/Hillesheim – Die längste Zeit dieses Jahres sind auch Kleinverleger von den Einschränkungen durch die Corona-Krise betroffen gewesen. Die Buchhandlungen sind im Frühjahr geschlossen worden, Autorenlesungen ausgefallen. Doch siehe da: Für zwei Bücherproduzenten in der Region ist das noch lange kein Grund zur Panik.

„Kleinverlage kennen ja eigentlich gar nichts anderes als Krise.“ Ralf Liebe, 50, seit 28 Jahren Verleger in Weilerswist, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Corona? „15 bis 20 Prozent der Verlage werden das nicht überleben“, ist er sich sicher: „Doch das ist eigentlich eher ein Problem der großen Verlage.“

Manufakturen des Buchdrucks wie sein Betrieb sind ohnehin so klein, ihre Druckauflagen so niedrig, dass es kaum noch etwas einzusparen gibt. Das macht sie jetzt eher stark – denn gelesen wird nach wie vor.

So hat Liebe dem Lockdown im Frühjahr, als auch die Buchhandlungen geschlossen waren, als über Großlieferanten wie Onlinehändler Amazon plötzlich Bücher mehrwöchige Lieferzeiten hatten, eher entspannt zugesehen. „Amazon beliefern wir ohnehin nicht“, so Liebe.

Verkleinerung bereits hinter sich

Um die zehn Prozent Umsatzrückgang erwartet er in diesem und vielleicht noch einmal im kommenden Jahr, doch Grund zur Panik ist das für ihn nicht. Die Druckerei und Buchbinderei des Verlages ist im Wohnhaus, das Eigentum ist. „Der Maschinenpark, der hier steht, ist abbezahlt“, so Liebe. Und das Liebe-Verlagsteam besteht nur aus ihm und Ehefrau Tracy Cichy. 2014, das sei für seinen Kleinstverlag das eigentliche Krisenjahr gewesen. Damals habe man sich verkleinert – jetzt zahle sich das aus.

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Im Corona-Jahr profitiert Liebe von der damals geänderten Strategie. Er setzt auf verlässliche Stammkunden und muss keine Großauflagen planen. Seit 25 Jahren zum Beispiel druckt er das Jahrbuch des Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen, 1000 Stück Auflage. Für den Rimbaud-Verlag in Aachen fertigt er seit zwei Jahren sechs bis zehn Bücher pro Jahr mit einer Auflage von 500 Stück.

Das sind bibliophile Werke mit Lyrik und Prosa, die ein Liebhaberpublikum haben. Dazu kommen in Kleinstauflagen etwa Familienchroniken. „Und es gab in diesem Jahr auch Solidaritätskäufe“, freut sich Liebe. Nur eines hat wegen Corona nicht stattgefunden: die geplante Verlagsfeier zum 10000. Produktionstag des Minibetriebs, der am 1. Dezember 1992 sein erstes Buch auf den Markt gebracht hat.

Zusammenarbeit mit dem Kölnischen Stadtmuseum

Dafür macht der Sonderfördertopf „Neustart Kultur“ des Landes vielleicht möglich, was sonst nicht finanzierbar wäre. Zusammen mit dem Kölnischen Stadtmuseum wird Liebe eine Neuerscheinung unter dem Titel „Franzosen in Köln“ drucken. Der Förderantrag wird derzeit vom beauftragten Börsenverein des Deutschen Buchhandels geprüft, doch Liebe ist optimistisch. Er sieht mit solchen Förderungen die Bedeutung auch der Verleger als Bildungsarbeiter anerkannt.

„Der größte Fehler der Kleinverlage ist, dass sie auf ihren Enthusiasmus hereinfallen“, sagt Liebe zu einem Grundübel seiner Branche. Für ihn wie für Ralf Kramp, mit seinem KBV-Verlag seit 20 Jahren auf dem Markt der Regionalkrimis eine feste Größe, gilt das wohl nicht.

Kramp sitzt hinter seinem voluminösen Schreibtisch im Anbau des Hillesheimer Kriminalhauses und erzählt von einem Jahr, wie er bisher noch keins er lebt hat. Als etwa im Frühjahr mit dem Lockdown auch die Buchhandlung Lesezeichen im Kriminalhaus, geführt von seiner Frau Monika, schließen musste: „Da hatten wir schon Befürchtungen, wie es weitergehen soll.“

Krise nicht so schlimm wie befürchtet

Doch die Sorge ist – Kramp wirkt erleichtert – bislang unbegründet gewesen. „Die kleinen, unabhängigen Buchhandlungen haben sich dann ja auf die Hinterbeine gestellt, auch meine Frau hat die Haustürverkäufe gemacht. Und es gab eine Welle der Solidaritätskäufe ihrer Stammkunden.“

Das machte nicht nur Buchhändlerin Monika Kramp Mut. Auch ihr Mann und Verleger Ralf Kramp stellt jetzt fest, „dass 2020 im Vergleich zu den letzten 20 des Verlages zwar ein eher schwaches Jahr war, aber am Ende bei Weitem nicht so schlecht wie zu Jahresbeginn befürchtet“.

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Vorsichtig optimistisch blickt Ralf Kramp, Verleger des Krimiverlages KBV in Hillesheim,  in Richtung 2021.

So haben statt 90 Autorenlesungen, zu denen Krimiautor Kramp selbst normalerweise pro Jahr eingeladen ist, nur 20 stattgefunden. Dafür hat der KBV-Verlag neue Leseformate per Video entwickelt. Bei den „Mittwochsabendlesungen“ sind per Live-Stream Verlagsautoren aus Aachen, Halle oder vom Niederrhein mit ihren Neuerscheinungen zu sehen und zu hören gewesen.

Das Format hat die Autorenvereinigung „Syndikat“ auch bei der turnusmäßigen Preisverleihung des Krimipreises „Glauser“ gewählt. Kramp moderierte die Online-Gala in Frack und mit Fliege aus seinem Kriminalhaus.

Krimifestival auf 2022 verschoben

Das „Tatort Eifel“-Krimifestival ist von 2021 auf 2022 verschoben. Dafür soll es erstmals die „Hillesheimer Krimitage“ vom 16. bis zum 19. September 2021 geben.

Die Idee stammt vom Touristiker des Ortes, Manfred Schmitz, und wird von den „Tatort Eifel“-Machern finanziell und personell unterstützt. (sli)  

Vor allem aber hält der Verleger am Gewohnten fest: Zum Frühjahr wie zum Herbst erscheint das neue Verlagsprogramm mit je zehn neuen Titeln. Der Unterschied im Corona-Jahr: Der Verlagsstand auf der Leipziger und der Frankfurter Buchmesse ist ersatzlos gestrichen. Ansonsten sei lediglich ein Titel vom Frühjahr auf den Sommer verschoben worden. Kramp selbst plant sein neues Mord-und-Totschlag-Buch um Ermittler Herbie Feldmann für 2021.

Wie es dann weitergeht? Kramp ist vorsichtig optimistisch: „Wir werden jedenfalls auch im Frühjahr und im Herbst unsere Neuerscheinungen präsentieren!“ Und er hoffe, dass die in diesem Jahr ausprobierten Open-Air-Autorenlesungen von den Veranstaltern bei einem möglichen neuen Lockdown erneut angeboten werden.

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