Julius BüscherDieser Oberberger ist als Trainer bei der Fußball-WM in Katar dabei

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Der Engelskirchener Julius Büscher (l.) trainiert die Torhüter der  katarischen Nationalmannschaft.  

Engelskirchen – Dass Julius Büscher irgendwann mal Akteur einer Fußball-Weltmeisterschaft werden würde, hätte der Engelskirchener wohl in seinen kühnsten Träumen nicht gedacht. Auch nicht im Januar 2009, als er den Schritt wagte, sein Heimatland in Richtung Katar zu verlassen, um dort Fußballer auszubilden. Und auch nicht im August 2017, als der Torwarttrainer zunächst interimsweise dem Trainerteam der katarischen Nationalmannschaft angehörte.

Aus der Interimslösung wurde eine Dauerlösung – und Büscher ist weniger als ein halbes Jahr vor der Fußball-WM in seiner beruflichen Wahlheimat noch immer in dieser Funktion tätig und bereitet die besten Torhüter des Landes auf das größte sportliche Highlight ihrer Karriere vor.

Wurzeln im Oberbergischen

„Selbst nach dem Gewinn der Asienmeisterschaft vor gut drei Jahren hätte ich noch nicht damit gerechnet, dass es tatsächlich so kommen könnte, auch vor einem Jahr noch nicht“, verrät der 41-Jährige, der seine Wurzeln im Oberbergischen hat. Doch die Entwicklung sprach für die Nationalmannschaft und das Trainerteam, das in dieser Konstellation größtenteils bereits seit rund einem Jahrzehnt zusammenarbeitet.

Im Januar 2019 feierte Katar die Asienmeisterschaft, bei einem 1:0-Testspielsieg gegen die Schweiz wurde erstmals eine europäische Mannschaft bezwungen und in der FIFA-Weltrangliste gelang zwischenzeitlich sogar der Sprung auf Platz 42 – und damit die beste Platzierung jemals (aktuell Rang 51).

Arab-Cup als Bewährungsprobe

Eine große Bewährungsprobe war zudem der Arab-Cup im Dezember 2021 mit allen namhaften arabischen Nationalteams. Es war das Testevent ein Jahr vor der WM-Ausrichtung. Die katarische Auswahl schied im Halbfinale gegen Algerien aus und wurde am Ende Dritter mit einem Sieg im kleinen Finale – ein starkes Ergebnis. „Erst danach habe ich gedacht: Okay, jetzt gibt es tatsächlich nicht mehr so viele Stolpersteine auf dem Weg zur WM“, berichtet Julius Büscher schmunzelnd.

Wenn alles nach Plan läuft, wird er somit auch beim WM-Eröffnungsspiel am 21. November gegen Ecuador auf der Trainerbank sitzen. „Zwei Tage vor dem Spiel werde ich bestimmt richtig aufgeregt sein, aktuell ist es eher ein Mix aus emotionaler Vorfreude und analytischer Vorbereitung“, sagt Büscher.

Erfahrung in Duellen mit großen Namen

Die weiteren Gruppengegner: Senegal und Niederlande. „Damit haben wir ganz sicher keine einfache Gruppe erwischt. Wir schauen von Spiel zu Spiel und haben natürlich den Traum vom Achtelfinale“, erklärt der Engelskirchener. Doch in Duellen mit großen Namen hat Katars Nationalmannschaft inzwischen Erfahrung. „Wir haben in den vergangenen Jahren schon gegen Messi, Neymar und Cristiano Ronaldo gespielt.“

Um bestmöglich gewappnet für die WM im eigenen Land zu sein, begann Anfang Juni eine fünfmonatige Vorbereitung, die größtenteils in Spanien und Österreich stattfindet. In dieser Zeit wird der 35-köpfige Kader nach und nach reduziert. Die katarische Liga läuft währenddessen weiter – ohne die Nationalspieler. „Das ist sicher eine außergewöhnliche Situation, dass wir so lange zusammen sein können. Doch wir wollen eine möglichst gute WM spielen, dieses Ziel eint uns alle“, erklärt Büscher, dessen Fokus auf den anfangs vier Torhütern liegt, mit denen er größtenteils schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet.

2009 den Schritt nach Katar gewagt

Nach seinem Schritt von Deutschland nach Katar Anfang 2009 war Büscher, früher selbst als Keeper bis hin zur Oberliga aktiv und anschließend Nachwuchs-Torwarttrainer beim 1. FC Köln, zunächst bei der „Aspire Academy“ tätig, einer hochmodernen Sportakademie im Westen der Hauptstadt Doha. Dass Katar in 2022 die Fußball-WM ausrichtet, wurde erst ein Jahr später in 2010 verkündet.

Sein Weg führte fortan in die Junioren-Nationalmannschaften – von der U13 bis hin zur U23. Das Trainerteam bestand dabei fast immer aus den gleichen Personen. „Überwiegend aus Spaniern, ich bin der einzige Deutsche und bekomme manchmal auch Flüche auf Spanisch ab, wenn ein Torhüter mal einen Fehler macht“, berichtet Julius Büscher lachend.

Frau in Katar kennengelernt

Davon abgesehen fühlt er sich sowohl in diesem Team als auch in Katar sehr wohl. Auch seine Frau, eine Engländerin, hat der Engelskirchener in Katar kennengelernt. Beide haben zusammen mit den zwei Kindern ein Haus im englischen  Leeds.

Doch Lebensmittelpunkt ist Katar – und das soll auch gerne über die WM hinaus so bleiben. „Ich würde mich freuen, wenn es danach weitergeht. Mir macht der Job nach wie vor großen Spaß und wir haben gemeinsam schon viel erreicht“, sagt der 41-Jährige.

Großer finanzieller Aufwand

Natürlich betreibe der Verband mit Blick auf die WM seit Jahren einen großen finanziellen Aufwand mit professionellen Rahmenbedingungen. „Man darf aber nicht vergessen, dass Katar weniger als drei Millionen Einwohner hat, von denen viele auch gar nicht katarischer Herkunft sind. Unsere Auswahl an qualitativ guten Fußballern ist entsprechend gering“, erklärt Büscher.

Dennoch ist es gelungen, die Junioren-Nationalspieler, die Büscher und seine Trainerkollegen seit Jahren kennen und geformt haben, auf ein international konkurrenzfähiges Niveau zu entwickeln. „Wir haben junge, einheimische Spieler in der Nationalmannschaft installiert. Das war ein langer Weg und keinesfalls ein Selbstläufer. Darauf sind wir schon stolz.“

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Die Kritik rund um die Fußball-WM in Katar ist dem Engelskirchener freilich bekannt, äußern möchte er sich dazu nicht. Im Land selbst dominiert die Vorfreude. Das zeigte sich nicht zuletzt bei der Test-WM vor einigen Monaten. „Die Stadien waren ausverkauft, das Publikum international und die Stimmung laut, emotional und positiv. Die Atmosphäre war großartig und das Turnier ein voller Erfolg“, erzählt Büscher und fügt an: „Das hat richtig Lust auf die WM gemacht – denn das wird noch größer.“

Dass es auch sportlich groß wird für den Gastgeber, dafür sollen die Grundsteine in den kommenden fünf Monaten gelegt werden. Dann heißt das Traumziel Achtelfinale. „Dort könnten wir dann sogar auf England treffen“ – das Heimatland seiner Frau. So oder so: Auf Julius Büscher warten aufregende Monate.

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