50 Jahre Engelskirchen – Zeitzeugen feiern Goldhochzeit und blicken auf eine bewegte Gemeindefusion zurück.
JubiläumZwischen Ründeroth und Engelskirchen besteht eine Zwangsehe

Veteranen der Kommunalpolitik: (v.l.) Heinz Scherer, Peter Moll, Hans Gries, Peter Ruland, Reinhard Pilatzki und Bruno Bosbach waren dabei, als die Gemeinden Engelskirchen und Ründeroth zusammengeführt wurden
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Zum Schluss meldete sich ein Zuhörer aus dem Publikum. „Ich sag es mal so: Die Flitterwochen waren nicht so einfach.“ Ein Satz, der im Ratssaal von Engelskirchen zunächst für Heiterkeit sorgte – und dann für nachdenkliches Nicken. Es war Jürgen Mann, ein ehemaliges Gemeinderatsmitglied der Altgemeinde Ründeroth, der sich an seine ganz persönliche Perspektive auf die kommunale Eheschließung erinnerte: „Wir waren uns was wert.“
Der Zusammenschluss von Engelskirchen und Ründeroth war vor allem eines – eine Zwangsehe. Dass aus dieser Vernunftverbindung von 1975 ein 50-jähriges Erfolgsmodell wurde, darüber war Mann dann doch einig mit den Zeitzeugen auf dem hochkarätig besetzten Podium. Anlässlich des goldenen Gemeindejubiläums sprachen im Ratssaal der Gemeinde Engelskirchen Zeitzeugen aus Politik und Verwaltung, die den Zusammenschluss von Engelskirchen und Ründeroth miterlebt und mitgestaltet haben.
Gebietsreform 1975: Als Engelskirchen und Ründeroth zusammenkamen
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Bürgermeister Gero Karthaus. Reiner Thies, Redakteur dieser Zeitung, führte mit einem historischen Überblick ins Thema ein und moderierte die anschließende Gesprächsrunde. Bruno Bosbach, SPD-Ratsmitglied aus Engelskirchen-Blumenau von 1975 an, erinnerte sich an seine frühen interkommunalen Verbindungen: „Durch den Turnverein Bickenbach hatte ich natürlich schon Kontakte nach Ründeroth. Diese Kontakte zu pflegen war schon früher kein Problem.“
Andere fanden sich in einem emotional aufgeladenen Umfeld wieder, so Peter Ruland, SPD-Ratsmitglied von 1975 bis 2014: „Ich war von außen dazugekommen und ein bisschen überrascht, wie stark die Emotionen bei der Namensgebung waren.“ Der Vorschlag „Aggertal“ als neutraler Kompromiss habe damals keine Chance gehabt. Der Regierungspräsident Antwerpes lehnte diesen ab – zu viele Orte liegen an der Agger.
Krankenhaus Ründeroth: Ein heißes Eisen der Gemeindefusion
Reinhard Pilatzki, ehemaliger CDU-Fraktionsvorsitzender, sprach über das andere heiße Thema dieser Zeit: das Krankenhaus in Ründeroth. „Das war eigentlich das emotionsgeladenste Thema, was wir hatten.“ 1978 wurde es geschlossen – zu Gunsten der größeren Kliniken in Engelskirchen. Beim Karneval hingegen konnte man sich einigen. Heinz Scherer, Karnevalist und ehemaliges SPD-Ratsmitglied, erklärte den eleganten Kompromiss: „Immer im Wechsel darf Engelskirchen zuerst in das Rathaus einmarschieren und dann Ründeroth – im nächsten Jahr dann andersrum.“ So hält man den Frieden in der fünften Jahreszeit.
Peter Moll hatte als junger Verwaltungsmitarbeiter einen ganz anderen Blick auf die Fusion. Während die politischen und strukturellen Herausforderungen im Vordergrund standen, fiel ihm auch die unterschiedliche Ausstattung der Amtsstuben auf: „Ründeroth punktete mit modernen Bürostühlen. In Engelskirchen herrschte eher Holzklasse.“ Die Folge? „Die Ründerother brachten beim Umzug ihre Stühle einfach mit.“
Hans Gries, der die Verwaltung von 1957 bis 2000 miterlebte, brachte es nüchtern auf den Punkt: „Wir aus der Verwaltung sind es gewöhnt, uns an Spielregeln zu halten.“ Emotionale Ausbrüche? Fehlanzeige. Dass es nicht nur strukturelle, sondern auch emotionale Hürden gab, wurde aber vor allem in den Zuschauerbeiträgen deutlich. Noch einmal Jürgen Mann: „Wir Kinder haben uns damals nicht weiter als hinter Feckelsberg getraut. Das war eine imaginäre Grenze.“ Mobbing im ReisebusSelbst auf einem Busausflug nach Amsterdam sei die Herkunft aus Ründeroth ein Problem gewesen. „Heute würde man das wohl Mobbing nennen.“
Trotz aller Startschwierigkeiten, Konsens auf dem Podium war am Ende: Die Fusion von Engelskirchen und Ründeroth hat sich bewährt. Reinhard Pilatzki ist sicher: „Einzeln hätten die Gemeinden keine nennenswerte Entwicklung erfahren.“ So kündigte Bürgermeister Karthaus an, dass das 50-jährige Bestehen gebührend gefeiert wird: Anfang Juli steigt auf dem Festplatz am Rathaus ein großes Jubiläumswochenende. Am 4. und am 5. Juli sorgen verschiedene Musikacts für gute Stimmung. Der Sonntag, 6. Juli, gehört den Familien – mit Vereinspräsentationen und einem Tag der offenen Tür im Rathaus.