Mit dabei bei den Impfungen: Ralf Schmallenbach erhält Schützenhilfe vom ärztlichen Leiter des Impfzentrums.
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Oberberg – Der ärztliche Leiter des Gummersbacher Impfzentrums, Dr. Johannes Schlechtingen, hat Kreisgesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach gegen Zweifel daran in Schutz genommen, dass dieser als organisatorischer Leiter des Impfzentrums wirklich zu den gemäß der geltenden Impfordnung schützenswerten Personen gehört.
Schmallenbach ist der einzige aus der Führungsriege im Kreishaus, der schon geimpft worden ist – und zwar bereits am 27. Dezember aus den an diesem ersten Tag übrig gebliebenen Dosen. Nachdem Schmallenbach sich dazu am Sonntagabend nicht geäußert hat, bestätigte der Kreis am Dienstagnachmittag auf Anfrage dieser Zeitung seine Impfung. Das Angebot des vor Ort eingesetzten ärztlichen Leiters der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sei unter dem Aspekt, dass der Restimpfstoff entweder zeitnah verimpft oder verworfen werden musste, angenommen worden.
Schutzbereich der höchsten Priorität für Menschen mit Patientenkontakt
Landrat Jochen Hagt: „Die Entscheidung des Leiters des Impfzentrums, das Angebot des impfenden Arztes der Kassenärztlichen Vereinigung anzunehmen, vermag ich vor dem geschilderten Hintergrund nicht zu kritisieren.“ Es habe in kürzester Zeit improvisiert werden müssen. Interessant daran: Es war die Antwort auf die Frage, ob Schmallenbach als ein organisatorischer Leiter des Impfzentrums tatsächlich in den Schutzbereich der höchsten Priorität nach der Impfordnung fällt, obwohl er – anders als ein Arzt – in der Regel keinen Patientenkontakt hat. Genau darauf gibt Hagt also keine Antwort.
Dabei gibt es Bedenken. So erklärt der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Ralf Wurth auf Nachfrage: „Wir überprüfen das. Ich habe Zweifel, ob ein rein organisatorischer Leiter des Impfzentrums wirklich gemeint ist.“ Auch ein Klinikdirektor falle seines Erachtens nicht in dieser Gruppe, nur weil in seinem Haus zum Beispiel auf der Intensivstation Covid-19-Patienten behandelt würden. Es komme auf den Patientenkontakt an.
Mehr Genesene als neue Fälle
Die Wocheninzidenz ist am Dienstag weiter gesunken. Stand 0 Uhr gab es noch 84,5 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen (–3,3). Wie die Kreisverwaltung zudem mitgeteilt hat, wurden im Gesundheitsamt 14 weitere laborbestätigte Fälle erfasst, zugleich galten 55 zuvor positiv Getestete als genesen und wurden aus der Quarantäne entlassen.
So sank die Zahl der aktuellen Fälle von 320 auf 279. Unter ihnen waren 84, die stationär im Krankenhaus behandelt wurden. Neun dieser Patienten waren auf Beatmung angewiesen. Eine Quarantäne war am Dienstag noch für 802 Betroffene angeordnet (–11), neben den positiv Getesteten waren dies Kontaktpersonen. (ag)
Auch Mediziner Schlechtingen – jener „vor Ort eingesetzte ärztliche Leiter“ der KV, also – bestätigt, dass er selbst den Dezernenten in die Kategorie eins eingestuft habe. „Er war an vorderster Front im Einsatz. In den ersten elf Pflegeheimen war er immer dabei und hat zum Teil auch den Impfstoff transportiert. Für mich ist die Entscheidung eindeutig.“
Weniger klar bleibt, wie es zu den Impfungen im Innendienst des Rettungsdienstes sowie bei Mitarbeitern aus Schmallenbachs Gesundheitsdezernat gekommen ist. Der Dezernent selbst hatte die Vorwürfe am Sonntag noch als „Quatsch“ bezeichnet, der Kreis hatte sie am Montag in einer Pressemitteilung ausdrücklich bestätigt. Dr. Johannes Schlechtingen bleibt dabei: „Ich wusste nicht, welche Funktion derjenige hat, den ich impfe, sondern nur, wo er herkommt.“
Klar ist aber, dass alle, die in der Anfangsphase geimpft wurden, inzwischen auch die Zweitimpfung erhalten haben. „Das läuft automatisch: Es wird sofort ein Termin drei Wochen später bestimmt“, sagt Schlechtingen. Der Kreis betont auf Nachfrage allerdings, dass das Land die Dosen für die Zweitimpfung von vorne herein einplant habe. Zusätzliche Dosen hätten dafür nicht geordert werden müssen. Für die ersten Impfungen am 27. Dezember endete die Drei-Wochen-Frist am Sonntag, 17. Januar – kurz vor dem Impfstopp in NRW am 20. Januar. Zweitimpfungen waren auch danach vorgenommen worden, Erstimpfungen fielen aber aus, auch in Pflegeheimen.
Mediziner Schlechtingen bekräftigt noch mal, dass in Oberberg von Beginn an sechs statt fünf Dosen verimpft wurden. Ihm sei vollkommen bewusst, dass die offizielle Erlaubnis später erteilt wurde. „Für uns galt aber von Anfang an: Es ist wichtiger, dass wir keinen Impfstoff wegwerfen.“