Erinnerung an jüdische FamilieGummersbach verlegt fünf Stolpersteine

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Die fünf Stolpersteine wurden am Mittwoch von (v.l.) Kevin Kleinert und Markus Schmidt vom städtischen Bauhof gesetzt.

Gummersbach – Von dem „größten dezentralen Mahnmal der Welt“ sprach Markus Niklas, Schulleiter des Gummersbacher Lindengymnasiums, am Mittwoch bei der Verlegung von fünf Stolpersteinen vor dem ehemaligen Haus der jüdischen Familie Simons an der Gummersbacher Seßmarstraße. Damit ist die seit drei Jahren geplante und durch Corona ausgebremste Aktion der Künstlers Gunter Demnig auch in Gummersbach angekommen. Der Künstler erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt.

Am Mittwoch konnte Demnig nicht nach Gummersbach kommen. Zu groß ist die Zahl der Termine, die sich durch Corona angehäuft haben. So ist auch auf der Homepage des Künstlers zu lesen, dass er vor Februar 2023 keine freien Termine mehr habe. Inzwischen wurden 90 000 Steine in 26 europäischen Ländern verlegt. Das städtische Lindengymnasium hatte die Aktion wie mehrfach berichtet ins Leben gerufen, damals noch von Geschichtslehrerin Jessica Leifgen und nach deren Schulwechsel von Judith Weißhaar fortgeführt. Schnell habe das Projekt der damaligen Neuntklässler viele Unterstützer gefunden, so das Weißhaar von einem „ehrlichen Anliegen der ganzen Stadt“ am Mittwoch sprach.

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Das städtische Lindengymnasium hatte die Aktion ins Leben gerufen.

Um Vergebung bitten für erfahrenes Leid

„Wir verneigen uns vor der Gummersbacher Familie Simons und vor allen Opfern des verbrecherischen NS-Regimes. Wir bitten sie um Vergebung für das ihnen widerfahrene, unermessliche Leid. Die Botschaft, die von unseren Stolpersteinen ausgeht, ist klar: Gegen das Vergessen – in Gummersbach, in Deutschland und auf der ganzen Welt“, sagte Bürgermeister Frank Helmenstein. Der gesamte Abiturjahrgang nahm am Mittwoch an der Aktion an der Seßmarstraße teil. Mitarbeiter des städtischen Bauhofs setzten die fünf Steine in den Gehweg, während Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums eine Kurzbiografie der Menschen vortrugen, denen die Steine gewidmet sind.

Im November 1938 wurde Dr. Alfred Simons, Gummersbachs erster Kinderarzt, in „Schutzhaft“ genommen. Mit Ehefrau Dr. Sophie, Gummersbachs erste Ärztin, und Sohn Klaus konnte er im April 1939 von Rotterdam nach Australien ausreisen. Seine 70-jährige Mutter Hulda blieb in Gummersbach zurück. Sie wurden von den Nazis 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet.

Begleitende Ausstellung in Schule eröfffnet

In der Gummersbacher Altstadt erinnert bereits seit 1995 der in Simonsplatz umbenannte Marktplatz an die Familie Simons und an alle anderen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Zur Einweihung reiste damals Klaus Simons, der ebenfalls Arzt wurde, im Alter von 64 noch einmal nach Gummersbach und traf dort auch alte Klassenkameraden. 1999 starb er in Adelaide im Alter von 69 Jahren.

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Der ärztliche Direktor der Kinderklinik am Kreiskrankenhaus Gummersbach, Dr. Roland Adelmann, erinnerte daran, dass während der NS-Zeit 799 Kinderärzte jüdischen Glaubens und damit 54 Prozent aller Kinderärzte wegen ihres Glaubens aus Deutschland geflohen oder umgekommen seien. „Einer von ihnen war Dr. Alfred Simons.“ Nach der Steinverlegung wurde in der Schule noch eine begleitende Ausstellung eröffnet.

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