Lebensmittel aus der RegionOberberger entdecken Bioprodukte aus der Heimat

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Guenter_Weihrauch

„Bio“ boomt, das merken auch die Lebensmittelhändler und Nahrungsmittelproduzenten in Oberberg, zum Beispiel Günter Weihrauch vom Waldbröler Bio-Laden „Vollwert“.

Oberbergischer Kreis  – Reger Betrieb herrscht im Waldbröler Bio-Laden „Vollwert“: „Seit dem Beginn der Pandemie kommen viel mehr Kunden, es gibt einen richtigen Schub“, sagt Cäcilia Weihrauch. „Auch viele neue Kunden, die wir vorher hier noch nicht gesehen haben.“ Frisches Gemüse sei besonders gefragt, auch Brot und Käse. „Es werden auch größere Mengen gekauft als vorher.“

Zum einen liege das sicher daran, dass die Geschäfte rundum im Lockdown geschlossen haben. Viele Familien kochten selbst statt in der Kantine zu essen, säßen sonst zwei Personen am Tisch, sei es zu Zeiten von Homeoffice die ganze Familie. „Aber immer wieder kommt es auch zu Gesprächen, was wir mit unserer Welt machen, da verändert sich definitiv das Bewusstsein“, resümiert die Bioladenbesitzerin.

Kunden backen selbst

Ein Trend, den Franz Hauschild, seit 1986 Besitzer des Nümbrechter Naturkostladens, bestätigt. Auch er beobachtet viel neue Kundschaft, seit Pandemiebeginn vor einem Jahr stünden vor allem fermentiertes Gemüse wie Sauerkraut, Gurken und Karotten, die das Immunsystem stärken sollen, hoch im Kurs. Ebenso aber auch Hanfprodukte, Leinöl, Smoothies aus Biogemüse und Vollkornmehl.

„Ich habe das Gefühl, alle Leute backen zurzeit ihr Brot selbst“, scherzt Anja Bitterlich vom Bio-Markt „Landgefühl“ in Wiehl. Sabine Röttger vom Bioladen in Vollmerhausen erlebt immer wieder, dass Kunden mit dem Rezept in der Hand zum Einkauf kommen, sich Roggen und Emmer in der Mühle im Geschäft gleich schroten lassen. Über „30 bis 40 Prozent Zuwachs“ freut sich zudem Niederlassungsleiter Andreas Weibelzahl vom Bio-Gemüsekisten-Lieferdienst „Novum“ in Bergneustadt.

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Auch bei den Discountern werden die Abteilungen mit Biogemüse gefühlt immer größer. „Lidl, Aldi, Rewe hätten zusammen mit der Politik die Macht, dafür zu sorgen, dass mehr als nur viereinhalb Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ökologisch verträglich bewirtschaftet werden, indem sie den Bauern faire Preise zahlen“, sagt Biohändler Hauschild.

Er kritisiert gleichzeitig einen allgegenwärtigen Etikettenschwindel: Produkte, die aus Italien kommen und in Nordrhein-Westfalen weiterverarbeitet werden, oder Kartoffeln, die 300 Kilometer weit gereist sind, würden als „regional“ vermarktet – weil der Verbraucher mittlerweile „so regional wie möglich einkaufen will“. Deshalb kommen Hauschilds Kartoffeln aus Nümbrecht.

Auch Biofleisch findet enormen Absatz

Einige Höfe in Oberberg vermarkten ihre Produkte gleich selbst. Zu ihnen gehören Stefanie und Kai Pickhardt mit ihrem Bioland-Hof in Bredenbruch. „Die Nachfrage war vor Corona schon gut, aber jetzt ist das Interesse unheimlich gewachsen“, berichtet die junge Bäuerin.

Angusrinder, Hähnchen, Legehennen werden hier aufgezogen. „Rindfleisch ist bis August bereits vorbestellt.“ Seit einem Jahr gehören auch Schweine mit dazu. Die können im Stall im Stroh wühlen, draußen nach Belieben ein Sonnenbad nehmen und fühlen sich sichtlich sauwohl dabei. Und die Kunden reißen sich ums Fleisch.

Kai_Pickardt_mit_Angus-Rindern

„Bio“ boomt, das merken auch die Lebensmittelhändler und Nahrungsmittelproduzenten in Oberberg, so auch Kai Pickhardt  vom Bioland-Hof in Bredenbruch.

Peter Schmidt vom Klosterhof in Gummersbach-Bünghausen hat wegen der großen Nachfrage nach Bio-Eiern seiner Zwei-Nutzungs-Rassehühner bereits einen zweiten Stall bestellt. „Leider können wir nicht mehr Rinder und Schafe halten, obwohl der Bedarf der Kunden nach Fleisch da ist“, bedauert er.

Im Gegenteil: Futter sei in den vergangenen Jahren wegen der Trockenheit allzu knapp gewesen, kein Landwirt trete zurzeit Flächen ab. „Wenn das so weiter geht, müssen wir paradoxerweise den Bestand sogar reduzieren.“ Trotz des gegenwärtigen Booms. Ob der anhält, wenn Corona mal vorbei ist?

Bio-Händler Hauschild fürchtet, dass dann die Einstellung „Hauptsache billig“ wieder populärer wird, und auch Biobauer Peter Schmidt fragt sich, „ob die Leute noch bereit sind, die etwas höheren Preise zu bezahlen, wenn all die Corona-Hilfen mal ausgezahlt sind und sie weniger Geld haben“.

„Dabei ist doch das Problem der Zerstörung unserer Welt ein noch viel größeres als Corona“, gibt Cäcilia Weihrauch zu bedenken. Sie hofft, dass die gegenwärtige Nachfrage nach Regional- und Bio-Produkten nicht nur ein Boom ist, der vorbei geht, sondern tatsächlich Zeichen eines Umdenkens.

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