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Kinder dürfen Sarg bemalenWie ein Morsbacher Kfz-Mechaniker zum Bestatter wurde

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Puhl Bestatter OB

Nach Todesfällen bietet der Morsbacher Bestatter Manuel Puhl den Hinterbliebenen eine „Rundum-Betreuung“ an.

Morsbach – „Man bekommt mit der Zeit eine andere Sicht auf das Leben, weil man erlebt, wie schnell es vorbei ist“, sagt Manuel Puhl, Chef des Morsbacher Bestattungsunternehmens Puhl. Trotz der vielen Berufsjahre berührt ihn jeder Todesfall auch heute noch: „Wenn mich der Tod eines Menschen einmal kalt lassen sollte, dann höre ich mit dem Job auf.“ Der 41-Jährige führt die Firma jetzt schon in der vierten Generation. Gelernt hat er allerdings Kfz-Mechaniker.

„Ich hatte immer schon ein Faible für Fahrzeuge, und meine Familie hat mir die Freiheit gegeben, erstmal etwas anderes zu machen“, blickt Puhl zurück. 2001 wechselte er dann ins Familienunternehmen, legte 2010 die Bestatterprüfung ab und machte 2011 als erster in Oberberg die neue Fortbildung zum Bestattungsmeister. Im selben Jahr übernahm er zudem die Leitung der Firma.

Bestatter funktioniert als Mediator zwischen den Hinterbliebenen

„Die meisten Leute glauben, die Arbeit eines Bestatters bestehe im Wesentlichen aus dem Einsargen des Toten und der Beerdigung“, sagt Puhl. Doch sei das Arbeitsgebiet viel weitläufiger. Wenn er zu einem Todesfall gerufen werde, versuche er zunächst, die Angehörigen zu beruhigen. Nach Landesgesetz dürfe ein Verstorbener noch 36 Stunden zu Hause bleiben: „In den vergangenen Jahren ist ein Bewusstsein dafür gewachsen, sich in Ruhe zu verabschieden.“

Viel Zeit nehme er sich für das Trauergespräch, das in der Firma oder bei den Angehörigen geführt werden könne. Oft sei er dabei als Mediator gefragt. Es sei eine große Herausforderung, verborgene Spannungen zwischen den Trauernden zu erspüren und zu lösen. Wenn das Gespräch beim ersten Termin nicht beendet werden kann, wird es an einem anderen Tag fortgesetzt: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kunden nach spätestens zwei Stunden nicht mehr aufnahmefähig sind und entweder nur noch zustimmen oder gar nichts mehr sagen.“

Natürlicher Umgang mit Verlust ist wichtig

Das ist jedoch nicht in seinem Sinne, da er viel Wert auf Individualität bei der Gestaltung des Trauerprozesses legt. Ein Totenhemd sei durchaus nicht mehr Standard, das letzte Hemd müsse auch nicht unbedingt ein Anzug sein: „Wenn für einen Fußballfan das Vereinsshirt gewählt wird, ist das vollkommen in Ordnung.“ Ebenso können persönliche Gegenstände in die Trauerfeier einbezogen oder ein letzter Brief mit in den Sarg gelegt werden. Häufig werden Fotos als Grabbeigabe gewählt. Neu sei es, einen Fingerabdruck des Verstorbenen zu nehmen und in einem Schmuckstück zu verarbeiten, berichtet Puhl.

Puhl rät, auch jüngere Kinder bei der Trauer nicht außen vor zu lassen: „Sie können ein Bild malen oder etwas basteln und es dem Verstorbenen mit auf den Weg geben.“ Bei einer Feuerbestattung können sie den Sarg bemalen oder mit Handabdrücken verzieren. Wichtig sei in jedem Fall, einen natürlichen Umgang mit dem Verlust zu finden: „Der Tod gehört zum Leben.“

Konten auflösen, Tageszeitung abbestellen

Der Bestatter bietet eine Rundumorganisation, um Hinterbliebene zu entlasten. Das reicht von der Abmeldung beim Standesamt über die Planung der Trauerfeier und die Organisation einer Grabstelle bis hin zu einer Fülle von bürokratischen Angelegenheiten, zählt der Morsbacher auf. So sei es nicht ungewöhnlich, sich um die Auflösung von Konten zu kümmern, die Tageszeitung abzubestellen oder die Abmeldung von Onlinediensten vorzunehmen. Puhl: „Manche Angehörige bringen mir einfach ein paar Ordner – mit den Worten ,Das ist alles von Papa’ – und der Bitte, sich um die Beendigung aller offenen Vorgänge zu kümmern.“

Unterstützung bekommt er dabei von seinen vier Mitarbeitern und dem 20 Jahre alten Azubi Giacomo Neumann. Nach einem mehrmonatigen Praktikum im Frühjahr ist Neumann jetzt im ersten Lehrjahr als Bestattungsfachkraft: „Mich reizt, den Angehörigen dabei zu helfen, stärker durch die Trauerzeit zu gehen und dem Verstorbenen einen würdigen Abschied zu bereiten.“

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Auch sein Chef sagt: „Ich bin froh, dass ich die Menschen begleiten darf. Ich bin einer der glücklichen Menschen, die sich jeden Tag auf ihre Arbeit freuen.“ Dennoch sei es ein anstrengender Job und eine Belastung für die Familie, an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden erreichbar zu sein.

Im Alter von 15 Jahren hat er seinem Vater das erste Mal beim Einsargen geholfen. Das mulmige Gefühl habe sich im Laufe der Jahre gelegt, sagt Manuel Puhl. Eine große Anspannung spürt er immer, wenn er zu einem Unfall gerufen wird: „Ich hoffe jedes Mal, dass es kein Bekannter ist.“