Hausarzt Jens Niedtfeld befürchtet eine Eskalation.
Copyright: Dierke
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Nümbrecht – Jens Niedtfeld ist einer von drei Ärzten im Hausarzt-Zentrum in Nümbrecht. Er bemängelt die viel zu geringe Menge an Impfstoff.
Im Impfzentrum in Gummersbach mangelt es an Impfstoff. Wie ist die Lage bei Ihnen?
Jens Niedtfeld: Wir sind drei Ärzte im Hausarzt-Zentrum Nümbrecht. Für kommende Woche haben wir die Information erhalten, dass wir pro Arzt für Neuimpfungen gerade mal sechs Impfungen von Biontech zur Verfügung gestellt bekommen und zusammen noch etwa 20 von Astra-Zeneca.
Ähnliches höre ich von ganz vielen Hausärzten. Ich weiß von zwei Kollegen, dass sie mittlerweile gar nicht mehr impfen, weil sie sagen: Der Aufwand ist zu groß, das macht zu viel Frust.
Kostet das Impfen für Ihre Mitarbeiterinnen viel Zeit?
Unsere Mitarbeiterinnen, die auf Hochtouren arbeiten und viele Überstunden machen, müssen unsere Patienten ja mehrmals anrufen. Aber viel schlimmer als das ist, dass sie ihnen keine klaren Zusagen machen können. Wir haben mehrere hundert Anrufe am Tag, können aber nur ein paar für nächste Woche auswählen, da ist der Frust natürlich groß. Wir haben momentan zwischen 400 und 500 Patienten, die geimpft werden möchten. In den letzten zwei Wochen hatten wir aber auch schon nur zwölf Biontech-Impfungen pro Arzt. Wir haben die Liste jetzt erst mal geschlossen, damit wir ein bisschen was abgearbeitet kriegen.
Im Juni sollen die Impfmengen erhöht werden – winkt dann eine Entspannung?
Ich schätze das so ein, dass der Gewinn durch mehr Impfdosen aufgefressen wird durch die Ausweitung des Impfens auf größere Betriebe, Betriebsärzte und Fachärzte. Ich rechne deshalb für den Hausarztbereich nicht mit einer zügig und dramatisch steigenden Impfmenge, die unbedingt notwendig wäre. Denn allein bei uns könnte man pro Woche 200 bis 300 Impfungen machen.
Ist denn der nächste Run auf die Hausarztpraxen zu erwarten, wenn die Priorisierung komplett aufgehoben wird?
Das ist absolut zu erwarten. Wir haben jetzt schon Nachfragen von vielen Patienten, die sich auf die Liste schreiben lassen wollen, obwohl sie gar nicht priorisierbar sind. Mit einer weiterhin knappen Impfmenge wird das zu einer weiteren Eskalation der Situation führen. Wenn in den Ferien dann auch Schülerinnen und Schüler geimpft werden sollen, führt das zu einer weiteren Verknappung.
Was wäre die Lösung?
Lösung wäre nur eine Erhöhung der Impfstoffmenge und eine Weitergabe an die Praxen. Jede Praxis hat ein funktionierendes Impfmanagement, weil wir ja jedes Jahr die Grippeimpfung machen.