Nach vier JahrenKabarettist Jürgen Becker begeisterte in Waldbröl sein Publikum

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Jürgen Becker in der Aula des Waldbröler Hollenberg-Gymnasiums.

Kabarettist Jürgen Becker kam in Waldbröl sofort zur Sache. Dort hieß es: „Waldbröl lacht“. Und das nicht zu knapp.

In Waldbröl skizzierte der Kölner Kabarettist Jürgen Becker Gemeinsamkeiten zwischen Bären im Winter und der Kölner Stadtverwaltung.

Ein wahres Feuerwerk politischen und weltanschaulichen Kabaretts erlebten rund 450 Gäste am Samstagabend in der Aula des Waldbröler Hollenberg-Gymnasiums. Eingeladen hatte die Gesellschaft „Wir für Waldbröl“. Sprecher Leo Wehling begrüßte Jürgen Becker als einen der größten Kabarettisten Deutschlands, der die Kölner „Stunksitzung“ mitbegründet und fast 30 Jahrelang die „Mitternachtsspitzen“ im Fernsehen moderiert hat. Als Begrüßungsgeschenk überreichte ihm Wehling eine Warnweste mit der Aufschrift „Karneval ist bunt, nicht braun!“. Becker dankte: „Die kann ich gut gebrauchen – ich war schon häufiger Wagenengel bei den Veedelszügen.“

Zu Beginn seines Programms „Die Ursache liegt in der Zukunft“ freute sich der Kabarettist über das Durchhaltevermögen der Waldbröler, die rund vier Jahre auf diesen Abend in der Reihe „Waldbröl lacht“ gewartet hatten: „Erst ging es wegen der Pandemie nicht und im vergangenen Jahr hatte ich selbst Corona.“ Im Übrigen habe Covid-19 die Welt auch stark verändert. Plötzlich sei es Pflicht gewesen, eine Bank nur noch mit Maske zu betreten: „Früher wäre man verhaftet worden.“

Parallelen zwischen Urgroßeltern und Alten Römern

Sofort ging Becker voll zur Sache und verglich Putins Angriffskrieg damit, als ob sich die Franzosen plötzlich das Saarland zurückholen wollten: „Aber nein, das ist ein schlechtes Beispiel – das könnten sie ja ruhig haben.“ Prinzipiell gehe es auch gar nicht darum, Land zu erobern, sondern es loszuwerden: „Nehmen wir zum Beispiel Bayern – von dort kommen drei „unterirdische Verkehrsminister in Folge und dann wäre auch die Bundesliga wieder schön“.

Wie das alles ausgehe, sei ungewiss, und doch habe der Mensch das Bedürfnis, etwas über die Zukunft zu erfahren. Bei Tieren sei das anders. Wenn ein Bär merke, dass es kälter wird, rolle er sich in der Höhle zusammen, halte Winterschlaf und warte ab, was passiert: „Das gibt es bei den Menschen allerdings auch – etwa bei der Kölner Stadtverwaltung.“

Um sich für die Zukunft zu wappnen, gebe es daher Versicherungen. In der Bundesrepublik, dem Land mit den meisten Versicherungen weltweit, gebe es mehr Lebensversicherungen als Einwohner. Die Auferstehung Jesu beweise daher, dass Christus ein Deutscher gewesen sei: „Der hatte eine Reiserücktrittskostenversicherung.“

Mit der Beschreibung ,Ich laufe gerne nackt durch den Garten und esse kein Obst' hätte er keine Chance bei Eva gehabt.
Jürgen Becker über Adams Partnersuche.

Das Thema Zukunft führte Becker unmittelbar zur Digitalisierung. Noch die Urgroßeltern hätten nicht viel anders gelebt als die Römer: „Die beliebteste Freizeitbeschäftigung damals war aus dem Fenster zu schauen – heute heißt das Windows.“ Auch die Partnersuche habe eine neue Dimension erfahren. Wie das funktioniere, müsse sich erst noch zeigen. Jedenfalls würde es die Menschheit nicht geben, wenn sich Adam einer Partnervermittlung bedient hätte: „Mit der Beschreibung ,Ich laufe gerne nackt durch den Garten und esse kein Obst hätte er keine Chance bei Eva gehabt.“

Untrennbar von der Zukunft sei natürlich die Gesundheitsvorsorge. Dabei würden von Medizinern zunehmend zweifelhafte „IGeL-Angebote“ gemacht. So gebe es einen Gehirnfunktionstest für 800 Euro: „Wer bereit ist, für die Beantwortung von ein paar Fragen so viel Geld zu bezahlen, der braucht den Test eigentlich gar nicht mehr.“

Neben dem Wohnen in der Zukunft und der Digitalisierung widmete sich Jürgen Becker zudem dem Klimawandel. Dabei schaffte er es, dieses Thema humoristisch zu beleuchten und ohne erhobenen Zeigefinger zum Nachdenken anzuregen. Und er appellierte ans Verantwortungsbewusstsein der älteren Generation.

Während der Pandemie hätte die Jugend, die selbst gar nicht so gefährdet gewesen sei, zugunsten der Senioren auf viel Vergnügen verzichtet. Nun sei es Sache der Älteren, maximal dazu beizutragen, ihren CO2-Ausstoß so weit zu verringern, dass Kipppunkte bei der Klimaerwärmung möglichst nicht erreicht werden. Dabei stellte er einen der Grundzüge des Kapitalismus in Frage: „Der ständige Zwang zu mehr Wachstum kollidiert mit dem, was unser kleiner Heimatplanet bieten kann.“

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