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Verein kämpft für Finanzierung„Lebensfarben“ hilft Kindern von psychisch Erkrankten

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Um Kinder von psychisch Erkrankten kümmern sich (v.l.) Dennis Balzano, Sandra Karsten, Hubertus Vierschilling und Team.

Um Kinder von psychisch Erkrankten kümmern sich (v.l.) Dennis Balzano, Sandra Karsten, Hubertus Vierschilling und Team.

Wiehl – Für Sandra Karsten und ihr Team geht es um viel. Es geht um die berufliche Zukunft der fünf angestellten Fachkräfte des Wiehler Vereins „Lebensfarben“, und es geht vor allem um die Zukunft der Klienten. Der 2017 gegründete Verein kümmert sich um Kinder von Eltern mit psychischen Problemen und Suchterkrankungen. Und das mit Erfolg. Aber seine weitere Finanzierung ist ungewiss.

„Psychisch Erkrankte erhalten zwar eine gute Versorgung in unserem Gesundheitssystem. Aber um die Familienangehörigen und insbesondere um die Kinder kümmert sich niemand“, sagt Geschäftsführerin Sandra Karsten. Sie hat den Verein vor fünf Jahren mit Hilfe einer Anschubfinanzierung der Karl-Bröcker-Stiftung gegründet und dafür einen unbefristeten Arbeitsvertrag an den Nagel gehängt.

Paten sorgen für schöne Zeit

„Damals habe ich mich nach Möglichkeiten umgeschaut, wie man den Kindern von psychisch Erkrankten helfen kann“, erinnert sich Sandra Karsten, die 17 Jahre lang als examinierte Krankenschwester in der Erwachsenenpsychiatrie des Klinikums Oberbergs gearbeitet hat.

Sie erkannte sehr schnell, dass es zwar Behörden, Kliniken und Ärzte gibt, die den Betroffenen helfen – aber niemand hat den Betroffenen durch dieses Dschungel geholfen. „Daher haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Leistungen für die Betroffenen und ihren Familien zu koordinieren und daraus ist unser Netzwerk entstanden, welches wir heute aktiv betreiben und auch ständig erweitern“, erklärt die 47-jährige.

Einmal pro Woche ein schönes Erlebnis für die Kinder

Im Fokus des Vereins steht die Bedarfssicherung und Hilfe für Kinder von psychisch Erkrankten. Aber letztlich ist es eine soziale Arbeit, die vor allem dem Erhalt der Familie gilt und zudem einen großen präventiven Charakter hat. „Viele Studien belegen, dass Kinder von psychisch Kranken ohne Unterstützung überdurchschnittlich oft im späteren Leben selbst erkranken“, erklärt Sandra Karsten.

Ein Weg, um betroffenen Kindern zu helfen, sind die Patenschaften, die der Verein organisiert. Nach einem eigenen Konzept ausgebildete Ehrenamtler kümmern sich als Paten darum, dass die Kinder von psychisch Erkrankten eine Abwechslung in ihrem Leben und eine konstante Bezugsperson haben. Ob man gemeinsam ins Schwimmbad, auf den Spielplatz oder ein Eis essen geht – es geht einzig darum, den Kindern einmal pro Woche ein schönes Erlebnis zu ermöglichen und eine stabile Beziehung zu bieten.

Förderung des Landschaftsverbandes läuft aus

Die Ehrenamtler werden eigens für ihre Aufgabe ausgebildet. Danach gilt es in einer mehrstufigen Annäherungsphase den passenden Paten oder die passende Patin für ein Kind zu finden. „Nur, wenn alle Seiten sich die Patenschaft gut vorstellen können, kommt diese auch zustande“, erklärt Dennis Balzano.

Finanzierung

Der Oberbergische Kreis will sich für eine weitere Finanzierung des Angebotes von „Lebensfarben“ einsetzen. Nach dem Kreisgesundheitsausschuss hat am Montag auch der Jugendhilfeausschuss einstimmig dafür gestimmt, dass die Verwaltung Lösungen für die Finanzierung erarbeiten und in die Haushaltsplanungen für das Jahr 2023 einbringen soll. Kreisdezernent Ralf Schmallenbach merkte an, dass die Finanzierungsfrage keine einfache sei. Sie könne nicht ausschließlich über die Jugendhilfe erfolgen. Der Kreis will auch beim Landschaftsverband anfragen, ob der weiter zahlen kann. (ag)

Der Krankenpfleger mit langjähriger Berufserfahrung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist seit März letzten Jahres als Vollzeitkraft beim Wiehler Verein tätig und das „mit Herzblut“, wie er sagt. Auch er hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit dem Klinikum gegen die Mitarbeit beim Verein Lebensfarben eingetauscht und steht seither den Kindern und ihren Familien als Berater, Lotse und Koordinator zur Seite. Derzeit haben bereits 49 Kinder dank des Vereins eine Patin oder einen Paten gefunden, weitere 40 Kinder stehen auf der Warteliste.

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Eine Förderung durch den Landschaftsverband Rheinland, mit der das Projekt auch auf den Kreisnorden ausgeweitet wurde, läuft zum Ende dieses Jahres aus. Daher arbeitet derzeit eine Steuerungsgruppe, die aus Vertretern aller Jugendämter im Kreis, dem Gesundheitsamt, der Koordinierungsstelle gesellschaftlicher Entwicklung des OBK und dem Verein Lebensfarben besteht, an einer dauerhaften Regelfinanzierung.

Der nächste Infoabend für an einer ehrenamtlichen Patenschaft Interessierte ist am Mittwoch, 22. Juni, 19 Uhr, in der „Alten Drahtzieherei“ in Wipperfürth. Anmeldung unter kontakt@lebensfarben-oberberg.de oder (02262) 7 94 95 46.

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