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LeserbriefKolpinghaus in Wipperfürth – Fetisch falsch verstandener Barrierefreiheit

Lesezeit 3 Minuten
Kulissenstadt: Fassaden im Themenbereich Alt-Berlin im Phantasialand in Brühl.

Kulissenstadt: Fassaden im Themenbereich Alt-Berlin im Phantasialand in Brühl.

Ein Leserbrief zum Artikel „Das Kolpinghaus wird abgerissen“. Erich Kahl aus Wipperfürth äußert sich zu den Plänen. 

Dass das marode Kolpinghaus durch einen Neubau ersetzt werden soll, ist ebenso wenig strittig wie der von Herrn Lenzen in seinem Kommentar beklagte Umstand, dass die Stadt das Gebäude über lange Zeit in sträflicher Weise hat verkommen lassen.

Strittig ist aber der künftige Umgang mit der stadtbildprägenden historischen Fassade. Hier hat der Stadtrat es sich einfach gemacht, indem er sich – gegen die Stimmen der SPD – für den Abbruch ausgesprochen hat; ein Architektenwettbewerb, der hätte klären können, wie man den Erhalt der Fassade mit den Erfordernissen eines funktionsgerechten Neubaus verbinden könnte, wurde abgelehnt.

Differenzen zwischen Verwaltung und Mehrheitsfraktion

Wenn man die besondere Verantwortung bedenkt, die die Stadt als Bauherr im Altstadtbereich einnimmt, kann man diesen Beschluss meines Erachtens nur als kläglich bezeichnen; von einer Vorbildfunktion ist die Stadt meilenweit entfernt. Dabei gab es aber in der Ratssitzung eine auffällige Differenz in den Aussagen der Verwaltung einerseits und der Mehrheitsfraktion andrerseits.

Während Herr Blank davon sprach, im Rahmen des Neubaus solle die Fassade so wiederhergestellt werden, wie sie jetzt aussehe (bzw. zu ihren besten Zeiten ausgesehen habe), hieß es in der Beschlussvorlage der Verwaltung bemerkenswert schwammig, der Neubau solle „unter Prüfung einer Umsetzung in wertschätzender, dem historischen Charakter des bestehenden Gebäudes entsprechender Art“ erfolgen.

Kann die historische Fassade rekonstruiert werden?

Der Verwaltung kommt es zugegebener Maßen darauf an, dass die Geschosshöhen des Neubaus an die des Rathauses angepasst werden (die „Machbarkeitsstudie“ wird, sofern sie von kompetenter Seite durchgeführt wird, zeigen, dass diese Anpassung gerade beim Anschluss an die Eingangsebene des Rathauses zu bizarren Konsequenzen führen würde).

Unter dieser Prämisse wäre eine Rekonstruktion der historischen Fassade wirklich schwierig; zu erwarten wäre dann eher eine Reminiszenz an das Verlorene in Form einer Art Phantasialandarchitektur. Nimmt man Herrn Blanks Aussage wörtlich, dann wäre es denkbar, dass die stadtbildprägende Fassade nach genauer Vermessung niedergelegt und später als genaue Rekonstruktion dem Neubau vorgeblendet wird.

Rathaus brauche einen Aufzug

Dann müssten die jetzigen Geschosshöhen des Kolpinghauses allerdings in etwa beibehalten werden. Dass die Fassade dem Fetisch einer falsch verstandenen Barrierefreiheit zum Opfer fiel, wird man vielen Wipperfürther Bürgern nicht vermitteln können. Es kann doch kein vorrangiges Ziel sein, dass man im Rathaus endlos lange Flure hat.

Ein Treppenhaus mit Aufzug braucht das neue Gebäude auf jeden Fall, und die Machbarkeitsstudie dürfte m.E. auch zu dem Ergebnis kommen, dass ein Treppenhaus mit Podesten wesentlich platzsparender ist als eines mit langen Treppenläufen.

Wenn man ein solches Treppenhaus an der Nahtstelle von Rathaus und Neubau platziert, übernehmen die unterschiedlichen Geschosse die Podestfunktion. Das wäre eine Lösung, die man bei gutem Willen anstreben könnte.

Erich Kahl aus Wipperfürth ist Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Wipperfürth.

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