Vier Alpakas in KreuzbergFamilie Kazmierczak hält ungewöhnliche Tiere

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Zutraulich und neugierig sind die im Bergischen Land seltenen Tiere, demonstriert Sieglinde Kazmierczak. (Foto: Schmitz)

Zutraulich und neugierig sind die im Bergischen Land seltenen Tiere, demonstriert Sieglinde Kazmierczak. (Foto: Schmitz)

Kreuzberg – Schnee mag Adonis überhaupt nicht. Skeptisch stapft der pechschwarze Alpaka-Wallach mit dem eitlen Namen und seinen drei Begleiterinnen im Schlepptau voran und beäugt seine Weide. Die schmutzigen Reste der einst weißen Pracht bedecken noch immer das Gras. Adonis scheint eine genervte Grimasse zu schneiden.

„Dabei sind Alpakas im südamerikanischen Hochgebirge zu Hause – dort schneit es ja deutlich intensiver als bei uns“, wundert sich Sieglinde Kazmierczak. Wenn einer etwas über die im Bergischen seltenen Tiere mit dem dicken Fell weiß, dann die 60-jährige Kreuzbergerin. Bevor Adonis und sein Mini-Harem die Weiden nahe Ritterlöh bezogen, informierte sich Kazmierczak umfassend. Mit Gänsen, Hühnern und Kaninchen kannte sie sich aus. Mit Kleinkamelen vom anderen Ende der Erde überhaupt nicht. „Platz haben wir genug – wir wollten besondere Tiere halten“, erinnert sie sich an Diskussionen in der Familie.

Monatelang klickte sich Kazmierczak durch Internet-Foren, bestellte Ratgeber und besuchte schließlich die Einsteiger-Kurse der Nümbrechter Tierärztin Dr. Verena Spindler, die im Süden Oberbergs eine Zucht leitet. Die erste Erkenntnis dort: Alpakas sind überaus gesellig. Von Einzelhaltung wird dringend abgeraten. Ein Pärchen funktioniert aber auch nicht. „Denn die Hengste sind sehr umtriebig. Man empfiehlt deshalb rund 20 Stuten pro Gruppe und Hengst – so viele Tiere wollten wir dann doch nicht“, schmunzelt Kazmierczak. Die Kreuzbergerin entschied sich letztlich für den kastrierten Adonis und drei Stuten mit braunem und grauem Fell.

Im kommenden Mai feiert das kuschelige Quartett den dritten Geburtstag. Im gleichen Monat wartete der jährliche Fellschnitt. „Wenn die Temperaturen um die 20 Grad erreichen, wird es Zeit für die Schermaschine“, betont Kazmierczak. Die Tiere hätten sich inzwischen gut an den jährlichen Schnitt gewöhnt. „Sie spüren, dass das kurze Fell im anstehenden Sommer einfach praktischer ist.“ (siehe Info)

Hintergrund

Die Wolle der Alpakas war schon zur Zeit der Inka begehrt. Ein Mantel aus Alpaka-Wolle galt als Zeichen des Wohlstands. Heute zählt sie zu den teuersten Wollsorten der Welt. Verglichen mit Schafswolle gilt sie als weicher, wärmer und reißfester. Glaubt man europäischen Modemachern, ist die Wolle auf unserem Kontinent aktuell gefragter denn je – obwohl ein einfacher Schal schnell um die 300 Euro kostet.

Da die Veredelung der feinen Fasern aufwendig ist, werden in Südamerika, seit einigen Jahren aber auch in Deutschland, Alpaka-Linien mit sehr dichtem Fell gezüchtet. Der bislang teuerste Zuchthengst der Welt wechselte in den USA für umgerechnet 410 000 Euro den Besitzer. (sfl)

Unkompliziert sind die Vierbeiner in Sachen Futter. Frisches Gras und Heu, ab und zu etwas Mineralfutter und Wasser – mehr braucht der Alpaka-Magen nicht. Sieglinde Kazmierczak ärgert sich deshalb regelmäßig über Besucher an der Weide in Ritterlöh, die die große Neugier der Tiere als Hunger interpretieren und ihnen allerhand zuwerfen. Vom Brot bis zum Würstchen hat Kazmierczak schon alles von der Weide aufgelesen.

Wenn den Tieren etwas nicht passt, legen sie zuerst die Ohren an. Gibt der Gegner, sei es Tier oder Mensch, nicht nach, wird gespuckt. Alpakas seien zwar unglaublich neugierig, ließen sich von Unbekannten aber nur ungerne berühren, sagt Kazmierczak, die bei ihrer Gruppe in den vergangenen Monaten auch echte Macken beobachtet hat. „Zwei, drei Stellen auf jeder Weide werden zur Toilette erklärt. Wenn ein Tier aus der Gruppe in diese Richtung geht, stapfen die anderen hinterher und müssen plötzlich auch.“

Richtig wohl fühlten sich die Alpakas im Frühling. Stets auf die Minute genau lege sich das Quartett dann zur Mittagspause flach auf den Boden und genieße die Sonne. Während Sieglinde Kazmierczak erzählt, zieht eine dunkle Wolke auf. Ein paar Schneeflocken fallen heraus und landen auf der Weide. Adonis blickt nach oben und legt die Ohren an. Es scheint, als wolle er gleich in Richtung Himmel spucken.

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