Die Münchner will die Olympischen Spiele – das haben sie in einem Bürgerentscheid deutlich gemacht. Wollen die Bürger der 16 möglichen NRW-Bewerberkommunen sie auch? Fragen an Christoph Niessen, Vorstandschef des Landessportbunds NRW.
Olympia-BewerbungWollen die Menschen in NRW die Spiele, Herr Niessen?

Das modulare Olympiastadion könnte in Köln oder Essen entstehen.
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Zwei Drittel der Abstimmenden haben sich Ende Oktober für eine Olympia-Bewerbung der bayerischen Landeshauptstadt München ausgesprochen. Freuen Sie sich mit? Oder atmen Sie eher tief durch: Hui, die haben stark vorgelegt? Und vor allem: Was können wir lernen?
Das Votum ist ein starkes Signal für eine deutsche Bewerbung. Es zeigt, dass viele Menschen sich wünschen, wieder einmal Olympische und Paralympische Spiele in unserem Land zu erleben. Für unsere Bewerbung aus Nordrhein-Westfalen ist das eine zusätzliche Motivation.
Ist es ein Nachteil, dass wir in NRW den Bayern den Auftakt überlassen haben?
Nein. Wir haben jetzt ausreichend Zeit, die Bürgerinnen und Bürger bei uns von unserem Bewerbungskonzept zu überzeugen. Auch in Hamburg wird erst im nächsten Jahr abgestimmt, in Berlin eventuell gar nicht. Wir schauen ohnehin weniger auf die Mitbewerber, sondern konzentrieren uns auf die Stärken unserer Bewerbung.
Am 19. April 2026 sollen die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen NRW-Kommunen abstimmen. Erwarten Sie zum Beispiel auch in Köln eine Zwei-Drittel-Mehrheit?
Wir wissen um unser kompaktes, nachhaltiges und spektakuläres Angebot für die Spiele. Deshalb sind wir davon überzeugt, beim Bürgerentscheid in 2026 ebenfalls eine klare Zustimmung der Menschen an Rhein und Ruhr für eine Bewerbung zu erhalten. Dass unser Konzept auf hundert Prozent vorhandenen und temporär zu errichtenden Sportstätten aufbaut, ist dabei ein wichtiges Plus. Außerdem werden insgesamt 14 Millionen Menschen vor Ort die Spiele miterleben können, so viele wie an keinem anderen Standort. Denn hier stehen einfach die meisten großen Stadien und Hallen. Und nicht zuletzt sind die Paralympics bei uns integraler Bestandteil aller Planungen, das wird einen Schub für Inklusivität weit über den Sport hinaus geben.
Wir stehen mit unserer Bewerbung vielleicht nicht so viel in den Medien, aber um die Zustimmung mache ich mir keine Sorgen.
Hand aufs Herz: Wenn die Zustimmung in NRW-Kommunen hinter der aus München zurückbleiben sollte, was würde das für die Chancen einer Bewerbung aus NRW bedeuten?
Wir wollen mindestens eine vergleichbare Zustimmung wie in München erreichen. Die Menschen in NRW lieben große Sportevents und sie haben sie regelmäßig vor der Haustüre. Wir stehen mit unserer Bewerbung vielleicht nicht so viel in den Medien, aber um die Zustimmung mache ich mir keine Sorgen. Im Übrigen: Der Sport in NRW hat schon heute gewonnen mit der Bewerbung, und zwar in der Breite. Ein neues Förderprogramm des Landes für Sportstätten des Breitensports von 600 Millionen Euro ab 2026, eine deutlich verbesserte Förderung von Nachwuchstrainer*innen ab 2026, eine Qualifizierungsoffensive für Übungsleitungen der Sportvereine in 2026 - all das ist von der Bewerbung befördert worden.
Bisher spielt das Thema Olympia in der breiten Öffentlichkeit von NRW und in der größten Bewerberstadt Köln noch keine große Rolle, auch im Kommunalwahlkampf wurde wenig darüber gesprochen. Was tun Sie, um das zu ändern?
Landesregierung, Kommunen und der organisierte Sport werden die kommenden Monate nutzen, um mit allen Beteiligten in die Detailarbeit zu gehen. 16 Städte werden ihre Bürger*innen im Frühjahr 2026 befragen: Duisburg, Essen, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Gelsenkirchen, Oberhausen, Recklinghausen/Herten, Mönchengladbach, Pulheim, Krefeld, Monheim, Leverkusen, Bochum, Wuppertal und Aachen. Ab Januar werden wir dort intensiv informieren und werben. Schon jetzt sind wir bei vielen großen Veranstaltungen in der Region mit Informationen zur Bewerbung unterwegs.
Wir werden im April 2026 ja nicht eine einheitliche Abstimmung erleben, sondern vermutlich 16 Ratsbürgerentscheide. Die werden unterschiedlich ausfallen. Was bedeutet das für die Chancen der jeweiligen Bewerberstädte, eine hervorgehobene Rolle zu spielen?
Die beteiligten Städte stehen nicht miteinander im Wettbewerb, sondern wollen sich als Gemeinschaft bewerben. Das ist die Stärke unseres Konzeptes. Ich gehe davon aus, dass alle 16 Städte sehr gute Ergebnisse in der Bürgerbeteiligung erzielen werden.
Aber ohne ein starkes Votum in der größten Stadt Köln wird es nicht gehen, oder?
Köln ist die einzige Millionenstadt in NRW und wichtiger Standort des Sportstättenkonzeptes in unserer Bewerbung. Natürlich brauchen wir hier ein starkes Votum.
Nochmal Hand aufs Herz: Haben die Leute im Land vielleicht ganz andere Sorgen? In Köln liegt das Haushaltsdefizit der Stadt um mehr als 45 Prozent über den ohnehin schon hohen Erwartungen, es muss an allen Ecken und Enden gespart werden, ist so ein Projekt da vermittelbar?
Der Weg zur Durchführung der Olympischen und Paralympischen Spiele kann ein starker Impuls für das ganze Land und auch für Köln sein, sich mal wieder etwas zuzutrauen. In Deutschland finden regelmäßig große internationale Sportevents statt, da fragt niemand, ob das denn geht oder ob wir das denn können. Die Durchführung der Spiele selbst erfordert keine Steuermittel – und die Bewerbung könnte viele dringend notwendige Sanierungen der Infrastruktur im Bereich Schulen, Verkehr und Sportstätten beschleunigen.

Dr. Christoph NIessen, Hauptgeschäftsführer Landessportbund NRW
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