120 Orte erfasstNeue Datenbank zur Barrierefreiheit in Bergisch Gladbach

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Barrierefreiheit braucht Platz: Hildegard Allelein, Samantha Schnitzler und Leyntje Bunjes messen die Türbreite der Elefanten-Apotheke an der Hauptstraße.

Barrierefreiheit braucht Platz: Hildegard Allelein, Samantha Schnitzler und Leyntje Bunjes messen die Türbreite der Elefanten-Apotheke an der Hauptstraße.

Bergisch Gladbach – Jetzt bloß keine Stufe. Hoffentlich gibt es eine Rampe, irgendwo. Mangelnde Transparenz im Hinblick auf eine vorhandene oder fehlende Barrierefreiheit stellt nicht nur behinderte Menschen schnell vor Herausforderungen, sondern auch diejenigen, die einen Rollator benötigen oder Eltern, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind. Die neue Datenbank der Stadt für Barrierefreiheit versucht, für mehr Transparenz zu sorgen.

„Ein großes Problem sind oft fehlende Informationen“, sagt Hildegard Allelein, Behindertenbeauftragte der Stadt. Vor allem für Rollstuhlfahrer und Menschen die in ihrem Seh- oder Hörvermögen eingeschränkt sind, aber auch für Senioren oder Menschen, die aufgrund einen vorübergehenden Erkrankung schlecht laufen können, sei es wichtig, zu wissen, was sie erwartet, wenn sie das Haus verlassen. Hildegard Allelein betont: „Barrierefreiheit geht uns alle an.“

Datenbank wird fortwährend um neue Orte ergänzt

Oft ist es nicht die Frage, worauf man Lust hat, sondern wo man rein kommt. Schaffe ich die Stufe? Wie weit ist es von der Bushaltestelle bis zur Arztpraxis? Eben solche Dinge sind es, die die Behindertenbeauftragte recherchieren wollte, als sie vor drei Jahren das Projekt Stadt(teil)begehung startete: eine Bestandsaufnahme von öffentlich zugänglichen Einrichtungen in der Stadt nach einheitlichen Standards. Rechtzeitig, bevor die 65-Jährige in den Ruhestand geht, steht die Datenbank jetzt online (siehe Seite 2).

Erfasst sind bislang 120 Einrichtungen – schwerpunktmäßig Arztpraxen und Apotheken, aber auch schon einige Restaurants und Cafés sowie Spielplätze. Nach und nach wird die Datenbank nun ergänzt: Gaststätten, Spielplätze, Geschäfte, Friedhöfe, Kinos, Kirchen, Krankenhäuser oder Anwaltskanzleien sollen möglichst flächendeckend beschrieben werden: anhand von 35 Kriterien, die teilweise sehr detailliert Auskunft über die Örtlichkeiten geben. Zum Beispiel erfahren Nutzer, ob es auf einem Spielplatz auch Bänke im Schatten gibt.

Orte werden zu Fuß erkundet

Ein Team von fünf Auszubildenden erhebt die Daten per Fragebogen oder erkundet die Orte zu Fuß. „Ich sehe die Stadt jetzt mit ganz anderen Augen. Mir fallen ständig Kanten, Schwellen und Treppen auf, die Hürden darstellen“, erzählt Samantha Schnitzler. „Mir ist aufgefallen, dass Bergisch Gladbach so vielfältig ist wie die Menschen, die hier leben“, meint Hanna Büllesbach. Außerdem helfen noch Leyntje Bunjes, Simon Stefer und Simon Schwab bei dem Projekt – größtenteils zusätzlich zu den Arbeitszeiten im Büro. Mit der Resonanz seien sie zufrieden.

Anders als Behörden sind privaten Einrichtungen wie Kinos, Gaststätten oder Geschäften keine gesetzlichen Verpflichtungen zur Barrierefreiheit auferlegt. „Da es in der Stadt viele Altbauten gibt, sind naturgemäß auch viele Hürden vorhanden“, sagt Hildegard Allelein. Für eine Stufe von 20 Zentimetern beispielsweise bräuchte man bereits eine drei Meter lange Rampe. Viel Platz. Und der sei nicht immer da.

Bergisch Gladbach auf gutem Weg in Sachen Barrierefreiheit

„Erst beim Umbau vor elf Jahren konnten wir einige besondere Kriterien für Barrierefreiheit wie einen extra breiten und ebenerdigen Eingang berücksichtigen“, erzählt Karoline von Petersenn, Besitzerin der Elefanten-Apotheke an der Hauptstraße. Dass Menschen mit Behinderungen sich ausgegrenzt fühlten, weil sie bestimmte Lokalitäten nicht erreichen könnten, verstehe sie gut. Mit der Datenbank könnten sich Betroffene nun wenigstens selbst ein Portfolio erreichbarer Örtlichkeiten zusammenstellen.

Aus der Sicht von Hildegard Allelein ist Bergisch Gladbach auf dem Weg zur weitgehend barrierefreien Kommune schon weit fortgeschritten: „Trotzdem ist noch viel zu tun.“

Teil des Aktionsplanes Inklusion

Die Bestandsaufnahme der öffentlich zugänglichen Einrichtungen ist Teil der der Anforderungen des Aktionsplans Inklusion der Stadt Bergisch Gladbach. Die Kriterien, die abgefragt werden, haben Menschen mit Behinderungen aufgestellt.

Die Örtlichkeiten sollen auf diese Weise objektiv und neutral beschrieben werden, ohne eine Wertung vorzunehmen. Stattdessen soll den potenziellen Besuchern der Geschäfte die Scheu genommen werden, das jeweilige Angebot wahrzunehmen.

Erfasst werden Infos zur Erreichbarkeit mit dem Öffentlichem Nahverkehr, zu Parkplätzen, zu den Räumlichkeiten und zum Sanitärbereich. Menschen mit einer Sehbehinderung können sich die Seiten vorlesen lassen. (ub)

www.bergischgladbach.de/stadtteilbegehung

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