Feier mit Lesern70 Jahre „Kölner Stadt-Anzeiger” und Bergische Landeszeitung

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kino feier 70 jahre

Fotos aus 70 Jahren bergischer (Zeitungs-)Geschichte präsentierte die Lokalredaktion den Lesern, die Karten für die Geburtstagsfeier gewonnen hatten.

Rhein-Berg – An die 300 Leser sind am Donnerstagabend im Bensberger Kino mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der Bergischen Landeszeitung auf eine „Zeit(ungs)reise“ durch 70 Jahre rheinisch-bergischer Geschichte gegangen. Schließlich waren vor 70 Jahren – wie bereits in der Serie der Lokalredaktion berichtet – die ersten Ausgaben der beiden Zeitungen erschienen.

Der stellvertretende Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Rudolf Kreitz (l.), mit Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen (M.) und Redaktionsleiter Guido Wagner.

Der stellvertretende Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Rudolf Kreitz (l.), mit Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen (M.) und Redaktionsleiter Guido Wagner.

Wo kommen wir her, wo wollen wir hin? Diese Frage stellte sich die Lokalredaktionen von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Bergischer Landeszeitung und forschte gemeinsam mit einer Reihe von Experten in Talkrunden und Fotoshows nach Antworten. Verkürzt wurde die „Zeit(ungs)reise“ mit Live-Musik von „Pütz & Bänd“. Da sich fast doppelt so viele Leser für die Leseraktion zum 70-Jährigen beworben hatten, hatten die Karten verlost werden müssen.

Vor 70 Jahren mit frischen Titeln an den Start gegangen

Am 29. Oktober und am 1. November 1949 gingen die Verlage Heider und DuMont-Schauberg in Bergisch Gladbach mit neuen frischen Titeln an den Start, da die Vorgängerzeitungen, die beide Häuser bis 1945 herausgebracht hatten, nach dem Kriegsende von den Alliierten zunächst nicht zugelassen wurden. Es gab vor Ort bereits die Kölnische Rundschau, die zu den Lizenzzeitungen zählte und ihr „70-Jähriges“ bereits vor drei Jahren feiern konnte.

Die Konkurrenz war also groß. Doch groß war auch der Hunger der Leserschaft nach objektiven Information, nachdem man Jahre der gleichgeschalteten Propagandapresse der Diktatur und anschließend die Zensur der Besatzungsmacht erdulden musste. Lesestoff stand damals hoch im Kurs.

Es gab noch kein Fernsehen, Internet konnte sich niemand vorstellen, Radio und Zeitung waren die Fenster zur Welt, und die Zeitung vor allem auch das Medium zum lokalen Datenaustausch. Altverleger Hans Heider erinnerte sich im Gespräch mit Guido Wagner, dem Leiter der gemeinsamen Lokalredaktion beider Blätter, an die turbulenten Gründungsjahre: „Wir hatten gedacht, der »Kölner Stadt-Anzeiger« würde sich wie vor dem Krieg auf den Kölner Raum beschränken, das tat er aber nicht.“

Hart war auch der direkte Wettbewerb zwischen den beiden damals konservativen Zeitungen BLZ und Rundschau, auch wenn Hans Heider das im Blick auf die spätere freundschaftliche Verbundenheit der Verlagshäuser Heinen und Heider nach der Fusion der beiden Blätter 1952 etwas herunterspielte. 

Sprachen über die 50er und 60er-Jahre im Bergischen: Maria Theresia Opladen aus Bensberg und Hans-Leo Kausemann aus Wipperfürth.

Sprachen über die 50er und 60er-Jahre im Bergischen: Maria Theresia Opladen aus Bensberg und Hans-Leo Kausemann aus Wipperfürth.

Stadtarchivar Dr. Albert Eßer betonte aber, dass die konservative Grundhaltung sehr unterschiedlich akzentuiert war: „Rundschau-Herausgeber Dr. Reinhold Heinen sah Adenauer kritisch.“ Der BLZ-Herausgeber Franz Heider war hingegen ein enger politischer Freund des ersten Bundeskanzlers, den er auch mit einem vielversprechenden politischen Talent aus seinem Landkreis, dem späteren Bundesminister Paul Lücke bekannt machte. 

Helmut Heinen erinnerte an den Titel „Bergische Rundschau“

Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen erinnerte daran, dass die Rundschau in Bergisch Gladbach damals unter dem Titel „Bergische Rundschau“ erschien, um sich lokal gegen den neuaufgetauchten Nebenbuhler durchzusetzen. „Davon ist das kleine hochgestellte R im Titel der BLZ geblieben.“ Für den heutigen Rundschau-Herausgeber hatte die Fusion der beiden Zeitungen im Jahre 1952 noch eine existenzielle Bedeutung: Dadurch kam nämlich sein späterer Vater, damals Jungredakteur in der BLZ, in das Rundschau-Verlagshaus an der Stolkgasse und lernte dort Verleger-Tochter Marianne Heinen, die Mutter des heutigen Herausgebers Helmut Heinen, kennen und lieben.

Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen (M.) mit dem stellvertretenden Chefredaktuer des "Kölner Stadt-Anzeiger", Rudolf Kreitz (l.), und Lokalredaktionsleiter Guido Wagner.

Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen (M.) mit dem stellvertretenden Chefredaktuer des "Kölner Stadt-Anzeiger", Rudolf Kreitz (l.), und Lokalredaktionsleiter Guido Wagner.

Auch für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist  der Rheinisch-Bergische Kreis eine ganz wichtige  Außenredaktion. „Wir tragen zwar Köln im Namen, verstehen uns aber als Regionalzeitung. Wir  haben gut die Hälfte unserer Leserinnen und Leser in der Region rund um Köln“, sagte  Rudolf Kreitz, stellvertretender Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der Vater von Hans Heider (hier im Gespräch mit Redaktionsleiter Guido Wagner) hat 1949 die Bergische Landeszeitung gegründet.

Der Vater von Hans Heider (hier im Gespräch mit Redaktionsleiter Guido Wagner) hat 1949 die Bergische Landeszeitung gegründet.

In den fotografischen Schlaglichtern, zu denen neben dem Stadtarchiv auch zahlreiche Leser mit zeitgeschichtlich wertvollen Stadtansichten beigetragen hatten, stand zunächst das Elend der Anfangsjahre im Vordergrund – Wipperfürths Altbügermeister und Landrat Hans-Leo Kausemann verwies auf den nachhaltigen Eindruck den das Flüchtlingsdurchgangslager Wipperfürth, das eine Million Menschen passiert haben, bei ihm hinterlassen hatte – dann aber dominierten Wiederaufbau und Wirtschaftswunder.

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Einen Einschnitt stellten die heftigen Proteste zu den Notstandsgesetzen 1969 dar, die sich auch in Gladbach bei einem Besuch von Franz-Josef Strauß in ungewohnter Heftigkeit entluden. Auf die Wachstums- und Umbruchjahre blickten Maria Theresia Opladen, deren Vater Adenauers Wohnungsbauminister Paul Lücke war, und der Leiter des Schulmuseums, Dr. Peter Joerißen, zurück, der diese Ereignisse jüngst in einer Ausstellung aufbereitet hatte. 

Schlaglichter aus 70 Jahren

Die Entwicklung der 1975 vereinigten Städte Bensberg und Gladbach kommentierte Ex-Stadtdirektor Otto Fell, das Ende des Bergbaus im Bensberger Erzrevier Siegfried Raimann. Auf die Zukunft warfen dann Mark vom Hofe, nacheinander Redakteur von BLZ, „Kölner Stadt-Anzeiger“ und WDR und bekannter Naturschützer, sowie der Vize-Geschäftsführer der Regionale-2025-Agentur, Thomas Kemme, einen Blick.

Weltenbummler feier

Die Band „Pütz & Bänd“ um Norbert Wielpütz (Foto) gestaltete den Abend musikalisch.

Der Rest des Programms gehörte den Folkloristen, die als Karnevalisten in ein saisonales Eckchen zu sperren, längst nicht mehr realistisch ist und die in Sachen Identität – woher, wohin und wer sin mer eijentlich – besondere Expertise verbürgen: „Pütz & Bänd“, „Weltenbummler“ Gerd Rück, die Labbese und der „Bergische Jung“ Willibert Pauels (letztere beiden in Videoform) trugen humorvoll zur Verortung der Papiermacherstadt und ihres Umlandes bei.

joerißen otto fell

Talkgäste: Museumsleiter Dr. Peter Joerißen und Ex-Stadtdirektor Otto Fell (v.r.)

Am Ende griff Pauels in Sachen Papier und Zeitung auf, was Heinen bereits zu Beginn des Abends erklärte: „Es ist nicht unsere Aufgabe, Bäume in dünne Scheiben zu schneiden und den Leuten morgens in die Briefkästen zu stecken.“ Pauels: „Die Zeitung wird weiter Zukunft haben, wenn ihr euch den journalistischen Eros, die Leidenschaft, bewahrt“, so der Bergische Jung, der den Zeitungen viele weitere erfolgreiche Jahre wünschte.

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