„Nie wieder Krieg“Rösrather feiert 100. Geburtstag und äußert seinen größten Wunsch

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Gerhard Fleck aus Rösrath feiert 100. Geburtstag.

Rösrath – Australien ist der einzige Kontinent, auf dem Gerhard Fleck noch nicht war. Ansonsten hat der gebürtige Berliner in seinem Leben schon viel von der Welt gesehen. Viel erlebt hat er auch, mit seinen nun 100 Jahren.

Einen schönsten Moment hat der Liebhaber klassischer Musik trotzdem nicht, denn es gab so viele. Heute feiert Gerhard Fleck in Rösrath seinen 100. Geburtstag.

Geboren in Berlin: Gerhard Fleck aus Rösrath feiert 100. Geburtstag

Geboren wurde der Jubilar am 22. Juni 1921 in Berlin-Charlottenburg, dem seiner Meinung nach schönsten Teil Berlins. Dort wuchs er gemeinsam mit seinem Vater Otto, seiner Mutter Lieschen und den Schwestern Edith und Ulla am Tegelerweg 105 auf.

In seiner Kindheit spielte er auf der Straße und sah die ersten Automobile vorbeifahren, heute rauscht der Verkehr hier vierspurig vorbei. Eine weitere Besonderheit an dieser Straße ist die Nähe zum Charlottenburger Schloss. Noch bis heute hängen viele Bilder davon in seiner Wohnung in Hoffnungsthal.

Gerne erinnert sich Gerhard Fleck an seine Kindheit in Berlin und vor allem an die Ausflüge an den Wannsee. Zur Schule ging er immer gerne, bekam sehr gute Noten und war deshalb zutiefst unglücklich, als er aus finanziellen Gründen nicht auf das Gymnasium gehen durfte.

Zweiter Weltkrieg zerstört Zukunftspläne von Gerhard Fleck aus Rösrath

Doch von seinem Lehrer damals bekam er einen wichtigen Ratschlag, den er später seinen beiden Kindern Marina und Edmund mitgab. „Wenn du nicht in der Schule weiterlernen kannst, musst du mit den Augen und den Ohren alles Wissen stehlen.“ Weiterlernen wollte er unbedingt, denn sein Traum war es, Pfarrer oder Dirigent zu werden.

Doch 1939, da war er 18 Jahren alt, begann der Zweite Weltkrieg und Gerhard Fleck wurde zur Wehrmacht eingezogen. Von Polen über Rumänien bis nach Russland zog der junge Mann. Am 22. Juni 1941, seinem 20. Geburtstag, erfuhr er vom Überfall auf Russland und ahnte gleich, dass er nach diesen zwei ersten Kriegsjahren noch lange nicht nach Hause zurückkehren würde.

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Als 18-Jähriger wurde Gerhard Fleck von der Wehrmacht eingezogen, um im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen..

Diese bittere Erkenntnis an diesem wichtigen Geburtstag hat er nie vergessen, denn er vermisste seine Familie sehr. Bis heute erinnert sich der Jubilar auch noch daran, wie ihm in Russland fast ein Ohr abgefroren wäre. Nur die Warnung eines Offiziers rettete sein Ohrläppchen.

Zweiter Weltkrieg verschlägt Rösrather nach Griechenland und Afrika

Zu seinem Glück wurde Gerhard Fleck 1942 mit seiner Einheit nach Griechenland verlegt. Aus dieser Zeit sind noch einige Erinnerungsstücke im Familienbesitz, nämlich Liebesbriefe von griechischen Mädchen. Dafür lernte Fleck sogar Griechisch.

1945 geriet der nun 34-jährige Soldat in britische Kriegsgefangenschaft und wurde mit seiner Einheit nach Tobruk in Afrika verlegt. Dort versuchte er, ein bisschen Englisch aufzuschnappen und es gelang ihm schließlich, als Kellner im Offiziers-Casino zu arbeiten.

Den Rat seines Lehrers hat er immer beherzigt. Er hörte zu, lernte und machte vor allem einen sehr guten Handel. Als Nichtraucher tauschte er seine Zigaretten-Rationen immer wieder gegen andere Güter ein, sodass er am Ende mit einem Paar Lederschuhe und zwei goldenen Ringen im Jahr 1948 nach neun Jahren im Krieg endlich wieder in sein geliebtes Berlin zurückkehrte.

Weihnachtssterne aus Draht: Rösrather erinnert sich an Kriegszeit in Afrika 

Auch mit im Gepäck: seine Erinnerungen an die Zeit im Krieg. Dabei blieb vor allem die Weihnachtszeit im Gedächtnis.

In der Wüste Afrikas bastelten die Soldaten aus Draht Weihnachtssterne und aus der Sehnsucht nach einem Weihnachtsfest zuhause verfasste Gerhard Fleck ein Gedicht: „ Fern von der Heimat, umgeben von Wueste und Draht, steht ein Gefangener, sein Blick geht zum Himmel empor, sein Herz ganz fest in beiden Haenden er hat, aus seinen Augen perlen Traenen hervor, denn heute ist Heilige Nacht.“

Nach dem Krieg begann Gerhard Fleck mit einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann und fing beim Unilever-Konzern an. Im Jahr 1950 traf er dann auch die Person, die einen der goldenen Ringe aus Afrika bekommen sollte: die zehn Jahre jüngere Gisela Menne.

Beim Tanz in den Mai in Berlin-Mahlsdorf lernten die beiden sich kennen und es war Liebe auf den ersten Blick. Schon ein Jahr später, im Oktober 1951, wurden die Ringe auf der Hochzeit getauscht.

100-jähriger Rösrather hat sechs Enkel und zwei Urenkel

Mittlerweile hat Gerhard Fleck neben seinen zwei Kindern sechs Enkel und seit letztem Jahr auch zwei Urenkelchen. Seit 2011 wohnt er nun in Hoffnungsthal, in der Nähe seiner Tochter Marina Wittka. Von vorherigen Besuchen kannte er den Ort schon sehr gut und fühlte sich vor allem wegen der netten Nachbarschaft sofort wohl.

2011 feierte er in seiner neuen Heimat dann mit einer großen Torte in Form seines geliebten Charlottenburger Schlosses seinen 90. Geburtstag und im Oktober 2016 die Eiserne Hochzeit mit seiner Frau Gisela, die leider im Mai 2017 verstarb.

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Dass er die 100 nun erreicht, überrascht ihn nicht: „Ich habe nie aufgehört zu zählen“, sagt er. Nachdem im vergangenen nur die Familie und der Bürgermeister zu Besuch waren, soll dieses Jahr auch mit den Nachbarn gefeiert werden.

Was er sich zum Geburtstag wünscht, ist für ihn ganz klar: für immer Frieden und nie mehr Krieg.

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