Wahrzeichen von LeichlingenAbbruch oder Denkmalschutz für die Marly-Brücke?

Lesezeit 3 Minuten
Die nicht besonders elegante, aber markante Betonbogen-Brücke über die Wupper in Leichlingen.

Die nicht besonders elegante, aber markante Betonbogen-Brücke über die Wupper in Leichlingen.

  • Der Stahlbeton der Leichlinger Wupperbrücke ist nach fast 100 Jahren marode.
  • Wir erklären, warum das Rheinische Amt für Denkmalpflege die Marly-Brücke für bedeutend hält.
  • Und warum die Stadtverwaltung Angst vor einer Unterschutzstellung hat.

Leichlingen – Soll die Marly-Brücke unter Denkmalschutz gestellt werden? Ein Wahrzeichen Leichlingens ist die markante Wupperbrücke im Zentrum längst. Ihre Bögen sind das Erkennungszeichen der Blütenstadt auf vielen Logos, Vereins-Fahnen, Karnevalsorden, Stadtsilhouetten und Autoaufklebern. Jetzt steht die Entscheidung an, ob die nach der französischen Partnerstadt benannte Betonbrücke zum Denkmal gekürt werden soll. Das würde bedeuten, dass sie in dieser Gestalt dauerhaft erhalten werden müsste.

Der Stadtverwaltung wäre das gar nicht recht. Denn sie sieht hohe Kosten auf sich zukommen. Das zuletzt 2019 notdürftig renovierte Stahlbetonbauwerk ist so altersschwach, dass es eigentlich in etwa zehn Jahren durch einen Neubau ersetzt werden sollte. Das käme preislich günstiger als eine Grundsanierung unter Denkmalauflagen. Abbruch oder Unterschutzstellung? Jetzt muss wohl der Stadtrat ein Urteil über das Leichlinger Wahrzeichen fällen.

Gründe pro und contra

Losgetreten hat die Debatte Ekkehard Becker aus Koltershäuschen mit einem Bürgerantrag. Er hat das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) bereits im Juli 2019 angeschrieben und angeregt, die Brücke in die Denkmalliste aufzunehmen. Die Fachleute des LVR wurden dadurch auf das Objekt aufmerksam und haben, wie erst jetzt bekannt wurde, eine Expertise verfasst.

MDS-KSTA-2019-05-01-71-146908166

Im Mai 2019 sind die Betonbögen der Wupperbrücke noch einmal ausgebessert und abgedichtet worden.

Nach dem Urteil der Denkmalpfleger ist die Marly-le-Roi-Brücke zwar kein einmaliges architektonisches oder künstlerisches Juwel. Aber in ihrem Kurzgutachten kommen sie zu dem Schluss, dass sie wegen ihrer stadtgeschichtlichen und bautechnischen Bedeutung dennoch durchaus denkmalwert sei und ein öffentliches Interesse an ihrem Erhalt bestehe. Die Entscheidung überlassen sie der Stadt. Im Rathaus hat man den Daumen daraufhin nach unten gesenkt: Die Bauverwaltung empfiehlt, von einer Proklamation zum Denkmal abzusehen, weil man sich keinen teuren Klotz ans Bein hängen will.

Die Verwaltung hat damit ein Problem, das in der Bürgerschaft noch für kontroverse Diskussionen sorgen wird. Denn die Bogenbrücke hat auch unter den Einwohnern Freunde wie Feinde: Traditionalisten mögen sie, Spötter haben sie immer schon als plumpes Betongerippe betrachtet. Zu einer Debatte kam es bisher nicht, weil über den Fall öffentlich noch nicht gesprochen wird. Für die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung wurde es zwar kurzfristig auf die Tagesordnung genommen – am Montagabend aber noch spontaner direkt wieder abgesetzt. Offenbar wird die Sache im Rathaus als heißes Eisen eingestuft.

Historische Bedeutung

Hin- und hergerissen scheinen auch die Denkmalschützer zu sein. 1926 im Zuge der Wupper-Eindeichung gebaut, sei das Design der pfeiler- und schmucklosen Stahlbeton-Brücke eher Standardware ohne überregionale Bedeutung. Aber das Denkmalgesetz kenne auch andere schutzwürdige Kriterien, die durchaus erfüllt würden. Drei Pluspunkte: Als Teil des „städtebaulichen Großprojektes zu Wupperregulierung und Hochwasserschutz“ sei sie stadthistorisch wertvoll. Städtebaulich rage ihre markante Gestalt aus der „Brückenfamilie“ an der Wupper heraus. Und ihre authentisch erhaltene Konstruktion sei „inzwischen äußerst selten“ und daher wissenschaftlich interessant.

Das könnte Sie auch interessieren:

Mag sein, hält die Verwaltung dem in einer Stellungnahme entgegen. Aber es gäbe auch „schwerwiegende Gründe“, die gegen eine Unterschutzstellung sprächen. Eine solche würde bedeuten, dass bei den fälligen Sanierungen „außergewöhnliche Materialien und Techniken angewendet werden“ müssten, die Bauarbeiten verteuern und Sperrungen verlängern. Abbruch und Neubau wären dann wohl gar nicht mehr möglich.

Selbstverpflichtung

Die Verwaltung schlägt den Ratsfraktionen als Alternative zum Denkmalschutz eine freiwillige Selbstverpflichtung ohne gesetzliche Zwänge vor: Man verspreche, das heutige Erscheinungsbild der Brücke bei Sanierungen zu bewahren und auch bei einem eventuellen Neubau zu rekonstruieren. Dafür solle das Bauwerk demnächst in 3-D-Technik digitalisiert und auch materialtechnisch exakt dokumentiert werden. Nun haben die Politiker eine Nuss zu knacken.

Rundschau abonnieren