Bei VerkehrsunfallDiese Ersthelferin kämpfte in Bergheim um das Leben eines Mannes

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Jasmin Kettmann war eine von sieben oder acht Ersthelfern bei einem schlimmen Unfall vor ein paar Tagen in Bergheim. Im Gespräch berichtet sie von ihren Erfahrungen.

Jasmin Kettmann war eine von sieben oder acht Ersthelfern bei einem schlimmen Unfall vor ein paar Tagen in Bergheim.

Jasmin Kettmann ist ausgebildete Ersthelferin und griff kürzlich nach einem Verkehrsunfall zwischen Glessen und Oberaßem beherzt ein.

Es kann jedem widerfahren – täglich und zu jeder Zeit. Ein schlimmer Unfall passiert. Verletzte brauchen dringend Hilfe. Was nun? „Erste Hilfe ist Bürgerpflicht“, sagt Jasmin Kettmann. Die 32-Jährige möchte sich nicht vorstellen, dass andere Verkehrsteilnehmer an einer Unfallstelle vorbeifahren, an der Menschen, möglicherweise sogar ihre Freunde, Familie oder ihre Kinder dringend Hilfe bräuchten. Um richtig helfen zu können, absolviert die junge Frau alle zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kursus. An ihrer Arbeitsstelle zählt sie zudem zum Erste-Hilfe-Team.

Jasmin Kettmann kann nicht nachvollziehen, dass Menschen, die nicht wissen, wie sie helfen sollen, in dieser Ahnungslosigkeit bleiben. „Viele Hilfsorganisationen bieten regelmäßig Erste-Hilfe-Kurse an“, sagt sie. Wie schnell und unerwartet man zum Ersthelfer werden kann, erfuhr sie selbst gerade erst. Es war an einem Samstag um 9.45 Uhr. Sie war mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann unterwegs zu Freunden.

Sieben oder acht Helfer waren schon am Unfallort

„Wir waren zum Frühstück eingeladen“, berichtet sie. Dann sahen sie in Bergheim zwischen Glessen und Oberaußem die Unfallstelle. Sieben oder acht Helfer waren schon da. Die junge Frau sah das Auto, das frontal gegen einen Baum gefahren war. Der Airbag war geöffnet, das Fahrzeug war in Brand geraten. „Ich stoppte unseren Wagen und lief zur Unfallstelle“, berichtet Kettmann. Verzweifelt hätten die Ersthelfer versucht, das Feuer zu löschen.

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„Auch ich habe in unserem Auto nach Gegenständen gesucht, mit denen ich das Feuer hätte ersticken können. Gefunden habe ich aber nichts.“ Erst dann sah sie, wie mehrere Ersthelfer den Fahrzeuginsassen über die Beifahrerseite aus dem brennenden Auto zogen. „Es muss für diese Ersthelfer eine enorme Kraftanstrengung gewesen sein, die Beifahrerseite trotz der Gefahr des Feuers irgendwie zu öffnen und den leblosen Mann aus dem Fahrzeug zu ziehen“, sagt sie. „Das war heldenhaft“.

Die Helfer legten den leblosen Mann auf einen Radweg

Die Helfer hätten den Verletzten dann auf den Radweg gelegt. Er bewegte sich nicht. „Ich habe seine Atmung und seinen Puls kontrolliert und dann direkt mit der Reanimation begonnen“, schildert sich Kettmann. Wie ein Film spulen sich seitdem die nächsten Minuten immer wieder vor ihren Augen ab. Sie sieht den leeren und starren Blick des Mannes und das viele Blut in seinem Gesicht. Sie spürt die Hitze des Feuers neben ihr und die Angst, das brennende Auto könne explodieren.

Zuerst allein, dann mit Hilfe eines weiteren Ersthelfers, den sie angesprochen hatte, zog sie den Mann noch einige Meter von dem brennenden Fahrzeug weg. Dann habe sie weiter reanimiert, schildert die 32-Jährige. Erst als sie einen Feuerwehrmann sah, bat sie einen anderen Ersthelfer, weiter zu reanimieren. Kettmann lief zu dem Feuerwehrmann und wollte wissen, ob das Fahrzeug explodieren würde. Als dieser das verneinte, sei sie beruhigt gewesen.

Ich hätte mir Vorwürfe gemacht, wenn ich nicht angehalten und geholfen hätte
Jasmin Kettmann

Der Feuerwehrmann habe dann die Rettungsmaßnahmen fortgesetzt, bis seine Kollegen vom Rettungsdienst zur Stelle waren. Als wenig später immer mehr Feuerwehr- und Rettungskräfte an der Unfallstelle eingetroffen seien, sei sie gefahren, sagt die 32-Jährige.

„Wir haben wenigstens versucht, ihn zurück ins Leben zu holen“

Erst später habe sie erfahren, dass alle Rettungsversuche vergebens waren. Das Opfer war seinen Verletzungen noch an der Unfallstelle erlegen. „Aber wir haben wenigstens versucht, ihn zurück ins Leben zu holen“, sagt sie und ergänzt: „Ich hätte mir Vorwürfe gemacht, wenn ich nicht angehalten und geholfen hätte.“

Auch wenn der Unfall ihr auch seelisch ordentlich zugesetzt habe, würde sie immer wieder genauso handeln, versichert Kettmann. Zuerst habe sie nur geweint. Auf der Weiterfahrt habe sie eine Panikattacke bekommen. „Mein Mann hat mir geholfen, wieder in den richtigen Atemrhythmus zu finden“, schildert sie. Immer noch sind die Szenen des schlimmen Unfalls in ihrem Kopf. „Ich habe mir inzwischen Hilfe geholt“, sagt Jasmin Kettmann.

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