Heftige KritikBrühl diskutiert über zweite Gesamtschule – Elternbefragung geplant

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Es sind zwei Menschen zu sehen, die ein Schild hochhalten, auf dem steht: „Keine 2te Gesamtschule auf Kosten der bestehenden Schulen“.

Sylvia Pawlik und Thomas Spiegels sind gegen eine zweite Gesamtschule und für den Erhalt von Real- und Hauptschule.

In Brühl wird weiter über die Errichtung einer zweiten Gesamtschule diskutiert. Nun sollen die Eltern befragt werden.

Ausdauernd und emotional wurde am Montagabend im städtischen Schulausschuss über die Schaffung einer zweiten Gesamtschule in Brühl diskutiert. Nach rund zwei Stunden erfolgte schließlich die Weichenstellung. Mit den Stimmen des rot-grünen Mehrheitsbündnisses wurde grünes Licht für eine Elternbefragung gegeben.

Die Mütter und Väter zweier Grundschuljahrgänge sollen demnach im Spätsommer via Fragebogen kundtun, ob sie ihre Kinder in einer im Sommer 2025 startenden Gesamtschule anmelden würden. Vom Ergebnis der Befragung hängt dann der weitere Weg ab.

Entscheidendes Ergebnis für die Zukunft der Gesamtschule

„Wenn die Eltern diese Schule nicht wünschen, hat sich das Projekt für uns erstmal erledigt“, kündigte Simone Weesbach, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, an. Nach Einschätzung von CDU und FDP sowie der vielen ebenfalls anwesenden Vertreter der weiterführenden Schulen würde der Weg besser erst gar nicht eingeschlagen. Sie setzten sich vehement für den Erhalt der bestehenden Schulen ein.

Denn klar ist, wenn eine weitere Gesamtschule entsteht, bedeutet dies das Auslaufen der Clemens-August-Hauptschule und der Erich-Kästner-Realschule (EKR). Carmen Schmitz, Schulleiterin der EKR, warnte: „Sie nehmen Schülern und einem Kollegium das Zuhause, sie schließen eine Talentschule.“

Kritik an dem Brühler Projekt 

Und ihr Pendant von der Clemens-August-Hauptschule, Jens Mathias, der auf die inzwischen solide Zweizügigkeit seiner Schule hinwies, beklagte, in dem Prozess werde die „geballte pädagogische Expertise der Schulleitungen ignoriert“. Bei seiner ablehnenden Haltung blieb auch Uwe Hehnke, der Vorsitzende Stadtschulpflegschaft. „Wie kann ein dreigliedriges System funktionieren, wenn man zwei der drei Glieder entfernt?“, fragte er.

Zudem ließen die Befürworter seines Erachtens offen, wo die für den Drittelmix an der weiteren Gesamtschule benötigten 40 bis 50 Schüler mit gymnasialer Empfehlung und die Lehrer herkommen sollen. Elternwille sei es, die Kinder dort zu unterrichten, wo sie am besten gefördert würden, so Hehnke.

SPD wolle keine Megaschule für Brühl

Rückendeckung gab es von CDU-Ratsherr Daniel Schönbauer. Er sagte, in der bestehenden Dreigliedrigkeit sehe man die Chance, dass jedes Kind einen idealen Förderort finde. Marcus Venghaus, der neue SPD-Fraktionschef, zeigte sich am Morgen nach der Sitzung überzeugt davon, den richtigen Kurs zu verfolgen. Trotz des heftigen Gegenwinds. „Das ist doch klar, wenn Veränderungen anstößt.“

Man bemühe sich darum, die Schulleitungen mitzunehmen. Elementar sei für seine Fraktion aber der Elternwille. „Tatsache ist, dass die Anmeldungen zur bestehenden Gesamtschule überproportional gestiegen sind“, so Venghaus. Ein Ausbau komme nicht in Frage, weil man „keine Megaschulen“ wolle.

Trend bewegt sich international zu Gesamtschulen hin

„Wenn wir Max-Ernst-Gymnasium und Gesamtschule erweitern, wird die Hauptschule ebenfalls verlieren. Wir müssen den Kopf aufmachen und neu nachdenken“, so der SPD-Politiker.

Auch Béla Kassan (Grüne) hält die Diskussion für gut und spannend. Er befürwortet es, wenn sich in der Schule unterschiedliche Menschen begegnen und austauschen. „Auch das ist Bildung“, sagte er. Dafür stehe die Gesamtschule. International gehe der Trend weg von einem mehrgliedrigen System. Verwundert sei er zudem, dass die Elternbefragung kritisch betrachtet werde.

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