Natur lechzt nach WasserErft führt nur ein Drittel der üblichen Wassermenge

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Mit Wasser aus dem Hydranten wird zurzeit der Wassergraben von Schloss Gracht versorgt.  

Rhein-Erft-Kreis – „Mindestens drei Tage Landregen, das würde ich mir so sehr wünschen“, sagt Degenhard Neisse aus Erftstadt. Das wäre ein Segen für die Felder und die Natur insgesamt. Neisse ist Landwirt und Eigentümer der Wasserburg in Konradsheim. Und als solcher hat er auch die Sorge, dass er bei anhaltender Trockenheit den Burggraben schon bald mit Wasser aus dem Hydranten auffüllen muss.

„Im Mühlenbach kann man aktuell Blumen pflanzen“

„Alle unsere Wasserreserven, die wir auf dem weitläufigen Gelände hatten, sind schon in den Burggraben geleitet“, erklärt er. Denn nur der luftdichte Abschluss, der durch das Wasser gewährleistet sei, schütze die aus Baumstämmen geschaffenen alten Pfahlbauten der Burg vor dem Verwittern. „Eigentlich speist ja der Mühlenbach unseren Burggraben“, erklärt Neisse. Doch der Mühlenbach führe zurzeit so gut wie kein Wasser. Er wird zwischen Friesheim und Ahrem vom Rotbach abgeleitet. „Im Mühlenbach kann man aktuell Blumen pflanzen“, meint Neisse.

Viel besser sehe es allerdings auch nicht im Rotbach aus. Das bestätigt auch der Sprecher der Stadt Erftstadt, Christian Kirchharz. Der Rotbach versorgt normalerweise auch den Lechenicher Stadtweiher mit Wasser. „Das funktioniert aktuell allerdings nicht“, sagt Kirchharz. Deswegen habe Olaf Krings vom Angelverein in Lechenich in engem Austausch mit den städtischen Diensten die Wasserzufuhr zum Stadtgraben aus Hydranten aufgebaut. „Denn auch der Stadtweiher darf nicht austrocknen“, betont Kirchharz. Das würde das Aus für das funktionierende Ökosystem des Weihers bedeuten, wo viele Fische und andere Tiere leben.

Frischwasser als Ersatz in Schlossgraben gefüllt

Um das Ökosystem, aber auch das jahrhundertealte Mauerwerk von Schloss Gracht vor Witterungsschäden zu schützen, wird jetzt auch der Wassergraben des Schlosses in Liblar mit Frischwasser aus dem Hydranten versorgt. Schuld daran ist ein weiterer fast trockengefallener Bach, der Liblarer Mühlengraben. Eigentlich stellt er über Pumpen die Wasserversorgung des Wassergrabens rund ums Schloss sicher. Lange schon hat Erika Hemmersbach von der Bliesheimer Mühle den Mühlengraben nicht mehr so schmal und schmächtig gesehen. Der Liblarer Mühlengraben wird am Wehr an der Swist von der Erft abgeleitet und fließt zwischen Brüggen und Gymnich zurück in die Erft.

Tatsächlich lechzt der ganze Rhein-Erft-Kreis nach Wasser. Auch Rita Lennartz, Miteigentümerin der Schallenburg in Schwadorf, hofft auf Regen, damit der zum Schutz der Holzpfahlbauten der Wasserburg benötigte Wasserstand im Burggraben wieder erreicht wird.

Wasser-Lage alles andere als schön

„Die Lage ist wirklich alles andere als schön“, erklärt auch Ulrich Muris, Abteilungsleiter beim Erftverband und zuständig für die Gewässerunterhaltung. Die Erft sei schmächtiger denn je. Aktuell transportiere sie im Erftstädter Abschnitt nur noch um die 600 Liter Wasser in der Sekunde. „Im Normalfall liegt der Durchfluss bei 1500 bis 2000 Liter Wasser in der Sekunde“, berichtet er. Beim Hochwasser im Juli 2021 seien es um die 400 000 Liter gewesen.

„Oberhalb von Euskirchen ist die Erft inzwischen trocken“, beschreibt Muris die Dramatik. Dort sei die Tier- und Pflanzenwelt der Erft bereits abgestorben. Dass der Fluss in Erftstadt überhaupt noch Wasser führe, verdanke er dem ehemaligen Bergwerk bei Mechernich, wo fortwährend etwa 200 Liter Wasser in der Sekunde aus den alten Stollen abgepumpt und in die Erft geleitet werden. Weitere bis zu 130 Liter Wasser in der Sekunde fließen mit der Swist kurz vor Bliesheim in die Erft. Zuletzt 2018, davor jedoch Jahrzehnte nicht, habe die Erft so wenig Wasser geführt. Gleichwohl ist Muris überzeugt, dass sich mit einsetzendem Regen die Tier- und Pflanzenwelt der Erft rasch erholen wird. Keine Probleme hat die Erft ab Bergheim, wo wegen des Tagebaus das sogenannte Sümpfungswasser abgepumpt wird. „Hier werden 5000 bis 6000 Liter Wasser in der Sekunde in die Erft gepumpt“, so Muris.

Ville-Seen geht es gut

Vergleichsweise gut ist die Situation der Ville-Seen. Zwar fehlt auch im Ville-Wald den Bäume und der gesamten Natur Wasser, einige Laubbäume haben sogar schon begonnen, ihr Laub abzuwerfen, doch den Seen gehe es gut. „Die Gewässer sind klar, verstärkten Algenwuchs oder gar eine Blaualge sind noch keine gesichtet worden“, so Revierförster Frank Pechtheyden. Gleiches bestätigte auch die Kreisverwaltung. Bedenkenlos könnten die Besucher in den fünf Seen im Kreis baden. Regelmäßig kontrolliere das Gesundheitsamt das Wasser.

Im Kreishaus geht man davon aus, dass das Wachstum von Blaualgen in den Ville-Seen kein Problem wird. Denn die Gewässer werden durch Grundwasser gespeist, seien deswegen arm an Nährstoffen und enthalten viel Sauerstoff, was das Wachstum von Blaualgen hemmt.

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„Von dem guten Wasser unserer Seen profitieren auch die Tiere des Waldes, die sich dort auch aktuell jederzeit ausreichend bedienen können“, sagt Revierförster Pechtheyden. Er vermutet, dass der Wasserstand an einzelnen Seen durch die lange Trockenheit allerdings schon um bis zu 20 Zentimeter gesunken ist. Auch der Überlauf vom Donatussee zum Untersee sei so gut wie ausgetrocknet. Noch rinnt allerdings ein feiner Wasserfluss über den Ablauf vom Schluchtsee in den Heider Bergsee, der wiederum die Gewässer des Schlossparks in Brühl mit Wasser versorgt.

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