Mit bunten Festen feierten das Kulturgasthaus in Hürth und die Bücherei in Stommeln den „Tag der Dritten Orte“.
NRW-FörderprogrammSo bewahren Ehrenamtliche in Hürth und Pulheim Orte der Begegnung

Hier soll ein neuer Backstage-Bereich entstehen, erläuterte der Vorsitzende Herbert Brand (l.) der Ministerin Ina Brandes beim Besuch in Hürth.
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Programmwechsel auf der Bühne im Hürther Kulturgasthaus Op d’r Eck: Zum Umbau schoben Herbert Hand und Ulrich Klugius das Lesepult beiseite, an dem der Schriftsteller Carsten Henn mit einer Lesung aus seinem Kinderbuch „Die goldene Schreibmaschine“ den „Tag der Dritten Orte“ in Stotzheim eröffnet hatte. Auch Ortsvorsteher Willy Winkelhag half mit, Platz zu schaffen für die Frauen der Line-Dance-Gruppe, die in der Woche als eine von vielen Gruppierungen das Kulturgasthaus zum Proben nutzen.
Hinter dem Tanzsaal, den Wilhelm Esser vor genau 100 Jahren erbaute, packten schon die Musikerinnen der Big Band der Musikschule die Instrumente aus – unter einem zur Seite offenen Wellpappendach zwischen unverputzten Hohlbausteinen. Genau hier will der Verein zur Quartier-Erhaltung Stotzheim-Sielsdorf einen Backstage-Bereich mit Aufenthalts- und Umkleideraum bauen, dazu noch einen Raum für die Bühnentechnik und eine Anfahrt, erklärte der Vorsitzende Herbert Hand der NRW-Kulturministerin Ina Brandes.
Hürth: Das Kulturgasthaus bekommt einen neuen Backstage-Bereich
Am 1. August soll der Umbau beginnen. 450.000 Euro bekommt der Quartiersverein aus dem Landesprogramm „Dritte Orte“, um das Kulturgasthaus weiter zum Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in dem kleinen Doppelort auszubauen. Dass sie das Zeug dazu haben, haben die Mitglieder, die den Verein im April 2023 gegründet haben, schon unter Beweis gestellt. In Eigenleistung wurde die alte Gaststätte entkernt und renoviert. Dabei soll der alte Charme erhalten bleiben.
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Rund 30 Kulturveranstaltungen finden bereits jährlich vor allem an Wochenenden statt, in der Woche nutzen Vereine die Räume. Selbst ein Dartclub habe sich im Ort gegründet, jetzt, wo den Sportlern Raum für das Training zur Verfügung stehe, erläuterte Ulrich Klugius, der für das Programm im Kulturgasthaus verantwortlich ist.

Um Bücher und um Glück drehte sich das pädagogische Spiel mit Kindern in der Bücherei St. Martinus in Stommeln.
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Ministerin Brandes zeigte sich beim Rundgang beeindruckt. Das alte Gasthaus als neues Kulturzentrum, getragen von vielen engagierten Menschen im Ort, sei ein gelungenes Beispiel für das Konzept des Förderprogrammes Dritte Orte, mit dem das Land Geld für Kultur im ländlichen Raum bereitstelle, sagte Ina Brandes. Seit 2020 fördere das Land 24 Dritte Orte der ersten Generation, 2024 seien 21 Dritte Orte im Land dazu gekommen, ausgewählt durch eine unabhängige Fachjury.
Eine Stunde Zeit hatte sich Ina Brandes für den Besuch in Stotzheim genommen, bevor sie in ihrer schwarzen Limousine zur zweiten Station im Rhein-Erft-Kreis weiterfuhr: nach Pulheim-Stommeln zur Bibliothek St. Martinus. Dort erwarteten schon Luise Clemens und Monika van Bonn vom Verein „buk“, kurz für „Buch und Kultur Stommeln“, ihre Ankunft. Für 2026 sei eigentlich das Aus für die katholische Bücherei geplant gewesen, erläuterte Luise Clemens, das Fortführen der Ausleihe von rund 10.000 Medien, nur mit ehrenamtlichen Kräften, sei schwierig.
Es macht mich glücklich, so viele engagierte Menschen bei meinem Besuch der Dritten Orte zu erleben
Auf der Suche nach Lösungen sei ihnen das Förderprogramm Dritte Orte „vor die Füße gefallen“. Eine 80-seitige Konzeptausarbeitung für den Ausbau der Bibliothek zum Kulturzentrum habe offensichtlich die Jury überzeugen können, so Clemens, die Mitteilung über die Förderung ihres Vorhabens habe sie kurz vor Ostern erreicht. Das Geld fließe zur Hälfte in den Umbau der Bibliothek mit Erweiterung des Eingangsbereiches zum Raum für Musik und Lesungen und den Bau eines Lesecafés.
Zum Tag der Dritten Orte präsentierte das Team seine erste große Veranstaltung, berichtete Luise Clemens. Die Organisatoren wollten damit zeigen, wie sie sich die künftige Kulturarbeit dort vorstellen. Alles drehte sich an diesem Tag um das Thema „Glück“: in einer Kunstausstellung, bei Bastelaktionen für Kinder und Erwachsene und in einem moderierten Gespräch auf der Kirchentreppe zum Thema: „Was brauchen wir zum Glück?“
Als „Klassiker“ bezeichnete die Ministerin die Pläne von „buk“. Mit dem Umbau von Bibliotheken habe in den 80er-Jahren der Soziologe Ray Oldenburg nämlich begonnen, den Begriff des Dritten Ortes zu prägen – ein Ort der Begegnung und des Austausches mit nicht kommerziellen Angeboten. „Es macht mich glücklich, so viele engagierte Menschen bei meinem Besuch der Dritten Orte zu erleben“, sagte Ina Brandes ganz passend zum Motto des Tages in Stommeln.