Junge Leute nicht interessiertFachkräftemangel kommt im Rhein-Erft-Handel an

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Viele Einzelhandelsgeschäfte haben Probleme, geeignetes Personal zu finden.

Viele Einzelhandelsgeschäfte haben Probleme, geeignetes Personal zu finden.

  • Geschäftsleute in den Großstädten werben die Fachkräfte aus den Kleinstädten ab.
  • Hinzu komme, dass der Handel für viele junge Leute uninteressant zu sein scheint.
  • Aber nicht jeder ist von dem Problem betroffen.

Bergheim/Brühl – Dem Einzelhandel im Rhein-Erft-Kreis laufen die Arbeitskräfte weg. Es wird immer schwieriger, gelerntes Personal, aber auch Aushilfskräfte zu bekommen oder auch zu behalten. Ein Grund: „Geschäftsleute in den Großstädten werben die Fachkräfte aus den Kleinstädten ab, das ist auch im Rhein-Erft-Kreis zu beobachten“, erklärt Jörg Hamel, Geschäftsführer des Handelsverbands Aachen-Düren-Köln auf Anfrage dieser Zeitung und ergänzt: „Wir haben einen wachsenden Fachkräftemangel, der auch im Handel angekommen ist.“

Hinzu komme, dass der Handel für viele junge Leute uninteressant sei. „Hier herrschen unattraktive Arbeitszeiten. Das hält Jugendliche davon ab, eine Lehre im Handel zu beginnen“, erläutert Hamel.

Junge Leute gehen lieber in den Online-Handel

Das wachsende Online-Geschäft sei ein zusätzliches Problem. Seit 2019 gibt es den Ausbildungsberuf Kaufmann im E-Commerce (Online-Vertrieb), durch den jungen Menschen der Beruf im Einzelhandel schmackhaft gemacht werden soll. „Zusätzlich versuchen wir mit der Kampagne #jetztschonprofi Jugendlichen aufzuzeigen, was der Handel kann und was sie erreichen können“, berichtet Hamel weiter.

Die Probleme, geeignetes Personal zu finden, kennt auch Helga Esser, die seit 28 Jahren im Schuhhaus Hemmersbach in der Bergheimer Innenstadt arbeitet. Zurzeit besteht das Team dort aus vier Mitarbeitern, zu Spitzenzeiten seien es sechs oder sieben gewesen, sagt sie.

Der stationäre Einzelhandel gerät ins Hintertreffen

„Es wird immer schwieriger, Leute zu finden.“ Sie habe das Gefühl, als hätten die jüngeren Menschen heute keine Lust mehr auf Einzelhandel. Woran das liege, wisse sie auch nicht so richtig.

Allerdings sieht sie den großen Konkurrenten Internet als eine Ursache. Denn die Leute kauften überwiegend online. Da gerate der Einzelhandel ins Hintertreffen. Die vier Kollegen im Team reichten aus, sagt Esser. Sie hat auch nach 28 Jahren noch Spaß an ihrem Job. „Ich mag den Umgang mit den Menschen, das brauche ich einfach.“

Es gibt aber noch ganz andere Probleme in der Bergheimer Innenstadt

Fast schon wütend wird Helga Geerling, wenn sie auf das Thema angesprochen wird. Sie führt den gleichnamigen Juwelierladen seit 1991 in dritter Generation, seit 1925 gibt es Geerling in Bergheim bereits. „Wir haben keine Probleme, Nachwuchs zu finden, weil wir keinen brauchen“, sagt sie zornig.

Denn Geerling arbeitet alleine, früher hatte sie vier Mitarbeiter. Sie habe alle entlassen müssen. „Ich kann einfach keine Mitarbeiter bezahlen, wenn sie keine Arbeit haben“, berichtet sie. Diese Entwicklung sehe sie für die ganze Bergheimer Innenstadt. Früher habe man alles vor Ort gehabt, jetzt stehen überall die Läden leer. „Es geht bergab“, findet sie.

Notwendiges Übel, um zu überleben

Ähnlich sieht es auch bei Hosen Birgel in Brühl aus. Seit über 60 Jahren gibt es das Modegeschäft in der Brühler Innenstadt nun schon. Geeignetes Personal zu finden, werde aber zunehmend schwieriger, schildert eine der Angestellten.

„Gelernte Textilfachverkäufer gibt es immer weniger, viele gehen in Rente. Und für die jüngeren Leute sind die Arbeitszeiten ein Problem“, sagt sie. Das Geschäft versuche, mit Aushilfen dem Problem entgegenzuwirken. Doch die hätten keine Erfahrung in dem Beruf. „Das ist ein notwendiges Übel, um heutzutage zu überleben“, berichtet sie.

Neues Personal steht Schlange - so kann es auch gehen

Dass es auch ganz anders laufen kann, zeigt die Buchhandlung Karola Brockmann. „Wir haben eine Warteliste für neues Personal“, berichtet Ladeninhaberin Karola Brockmann. Oft werde im Einzelhandel aber zuerst am Personal gespart, wenn der Umsatz nicht mehr stimme.

„Dadurch bleiben aber die Kunden weg, weil die Beratung zu kurz kommt“, ist Brockmann überzeugt. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müsse man sich vom Onlineangebot abheben. „Mit nettem Fachpersonal kann ein Onlinehändler nicht dienen.“

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Auszubildende dagegen zu finden, sei auch für sie etwas schwieriger. „Die Ausbildung ist nicht so einfach und oft wird ein Studium bevorzugt“, erläutert sie. Deswegen bietet sie mittlerweile die Möglichkeit an, einen Master innerhalb des Berufs zu absolvieren.

www.jetztschonprofi.de

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