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GastrotippSpeisen mit Aussicht im Neunkirchener Landgasthaus Herchenbach

4 min
Das Landgasthaus in Eischeid wird in der fünften Generation geführt von Andreas Herchenbach (r.), hier mit seinem Vater Hermann Josef (85).

Das Landgasthaus in Eischeid wird in der fünften Generation geführt von Andreas Herchenbach (r.), hier mit seinem Vater Hermann Josef (85). 

Adventure-Golf und Vegetarisches im Landgasthaus? Andreas Herchenbach führt den Betrieb in fünfter Generation und verbindet Tradition mit Moderne.

Ankommen, den Blick schweifen lassen, durchatmen. Das Siebengebirge scheint ganz nah, Winterscheid und die Kirche St. Margareta in Neunkirchen nur einen Steinwurf entfernt. „Ein Tag Urlaub“, mit seinem Slogan kann Andreas Herchenbach gut werben. Der 55-Jährige führt das Familien-Landgasthaus im Ortsteil Eischeid in fünfter Generation.

Speisen und Spielen mit Aussicht: Der Adventure-Golfplatz war anfangs weit über die Region hinaus ein Alleinstellungsmerkmal. Die Idee hatte der Juniorchef aus den Niederlanden mitgebracht und 2005 verwirklicht: auf dem stillgelegten Tennisplatz, den einst Vater Hermann-Josef zu den Boom- Zeiten von Boris Becker und Steffi Graf anlegen ließ. Übrig sind noch die hohen Lichtmasten.

Eischeider lernte in Winterscheid Koch und besuchte in Bayern die Hotelfachschule

Sohn Andreas lernte in der Winterscheider Mühle Koch, damals eine der ersten Adressen im Kreis und verkehrstechnisch erreichbar auch für einen 15-Jährigen. In Bayern setzte er später den Hotelfachmann drauf. Von dort brachte er seine Vorliebe für große Biergärten mit und legte einen in Eischeid an. Seit 1997 führt er mit seiner Frau Berit den Betrieb „mit Herzblut“, wie er sagt. Anders funktioniere das nicht. Sie haben vier Kinder, die in ihrer Jugend mitanpackten, eine Tochter hat den Weg in die gehobene Gastronomie gewählt.

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Der Landgasthof soll vieles sein: Treffpunkt im Ort, Genussziel für Paare, Versammlungsort für Vereine, im schmucken Festsaal finden unter anderem Theateraufführungen statt, Partys, Kommunionsfeiern und Hochzeiten. Es gibt ein Schießkino, eine Kegelbahn und vielleicht in Zukunft sogar zwei Gästehäuser. Dieser Plan sei allerdings laut Herchenbach noch nicht spruchreif. 

Ein bunter Salat a la Andreas Herchenbach: Der gelernte Koch pflegt die Tradition, will aber auch mit der Zeit gehen.

Ein bunter Salat a la Andreas Herchenbach: Der gelernte Koch pflegt die Tradition, will aber auch mit der Zeit gehen.

Der Bedarf sei da, nicht nur durch den Festsaal. Denn vom Frühjahr bis zum Herbst ist Eischeid ein beliebtes Ausflugsziel, dank des besonderen Minigolfplatzes, dessen tückische Bahnen sogar Golfsportler herausforderten, schildert Andreas Herchenbach. Aus der gesamten Region kämen die Gäste, „nur vom nahen Umkreis könnten wir nicht leben“. 

Auf der Karte stehen traditionelle Gerichte wie das Paprikaschnitzel, „das gab es hier gefühlt schon immer“. Und das unverzichtbare Hähnchen, für das Herchenbach bereits vor Jahrzehnten weit und breit bekannt war. Gut und kreativ gekocht werde auch für Vegetarier und Veganer, die woanders häufig nur mit Beilagen abgespeist würden, betont der Koch. „Mit speziellen Vorspeisentellern kann man sich ein bisschen profilieren.“

Adventure-Golf mit Ausblick: Andreas Herchenbach legte den Platz in Eischeid 2005 an.

Adventure-Golf mit Ausblick: Der Gastronom legte den Platz in Eischeid 2005 an.

So gibt es die Eischeid-Bowl mit Gemüse, Reis und Sesamsoße, mit und ohne Fleisch. Sellerieschnitzel, hausgemachte Tagliarini, veganes Eis. Jeden Trend mitzumachen sei aber nicht nötig. „Wir haben keine Burger, keine Pizza auf der Karte und nicht ständig neue Cocktails.“ Sondern, wie es zu einem Landgasthaus passe, eine regionale Karte. Plus exotische Ergänzungen, wie der Apfelblutwurst aus Frankreich.

Alles zu zivilen Preisen, die man in den vergangenen Jahren anpassen musste angesichts steigender Kosten für Energie, Lebensmittel, Personal. Eine Handvoll Festangestellter und rund 30 Aushilfen arbeiten bei Herchenbachs. Der Betrieb sei gut aufgestellt, sagt das Paar, das erst 2020 einen zweiten Ruhetag einführte: Sie würden auch nicht jünger.

Hier weiter zu reduzieren, wie viele Mitbewerber, sei für sie nicht der richtige Weg. „Wir lieben die Gastronomie, eine ganz besondere, erfüllende Tätigkeit“, sagt der Chef. Erstmals seit 29 Jahren werde der Landgasthof indes zu Weihnachten nicht öffnen, ergänzt die Chefin, das sei vor allem dem Personalmangel geschuldet. Sonst begann der Morgen nach dem Heiligen Abend schon früh um 6.  

150 Plätze hat die nach und nach erweiterte Gaststube, Raumnamen wie Kuhstall und Hühnerstall weisen auf den früheren Zweck hin. 150 Plätze gibt es draußen. Der Saal fasst bis zu 199 Menschen, bei Gesellschaften etwa 100 Gäste. Das 1872 gegründete Gasthaus wurde mit den Jahren erweitert. Anfangs lief die Bewirtung neben der Landwirtschaft.

Lange gab es eine „Handlung“, doch der kleine Supermarkt gab Anfang der 1970er Jahre auf, zu groß wurde die Konkurrenz der Discounter. Eine Broschüre zum 150-Jährigen zeichnet die Entwicklung über fünf Generationen nach. Abgebildet ist unter anderem eine Speisekarte aus den 1970ern mit Wurst mit Kartoffelsalat für 2,20 D-Mark, einem französischen Weinschnitzel mit Pommes Frites (5,30 DM) und der Spezialität: gebratenes Hähnchen (2,75 DM).

Seniorchef Hermann-Josef hat ein etwa 40 Jahre altes Gastgeberverzeichnis aufbewahrt, der vergilbte Faltzettel listet etwa 60 Restaurants in allen Ortsteilen Neunkirchen-Seelscheids auf: „Die meisten sind längst verschwunden.“         

Landgasthof Herchenbach, Sternstraße 4, Neunkirchen-Seelscheid, Ortsteil Eischeid, Öffnungszeiten Mittwoch bis Samstag ab 17 Uhr, Sonntag ab 11 Uhr. Adventure-Golf vom Osterferienbeginn bis zum Herbstferienende, Mittwoch bis Samstag ab 14.30 Uhr, Sonntag ab 11 Uhr.


Aus der Speisekarte

Halbes gebratenes Hähnchen nach Art des Hauses mit Pommes Frites 10,80 Euro, Überbackene Erftlandforelle 18,50 Euro, Rote-Bete-Gnocchi 16,80 Euro, Blootwooschzupp 5,90, Süßkartoffelsüppchen 5,60 Euro. Reissdorf Kölsch, Bitburger Pils (beide auch alkoholfrei), Paulaner Hefeweizen, Waldmoor-Bier, Fassbrause, Softdrinks jeweils 3,60 Euro (0,3 l), Säfte 2,60 Euro (0,2 l), Weine wie Spätburgunder vom Kaiserstuhl und Riesling aus dem Rheingau 5,90 Euro (0,2 l), Sprizz 6,80 Euro (0,2 l).