Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Spur der Verwüstung in HennefMutter schreibt ans Gericht: Sohn soll möglichst lang in Haft

3 min
Der Brandstifter, der im März eine Spur der Verwüstung durch Hennef gezogen hat, wurde jetzt vor dem Siegburger Schöffengericht verurteilt.

Der Brandstifter, der im März eine Spur der Verwüstung durch Hennef gezogen hat, wurde jetzt vor dem Siegburger Schöffengericht verurteilt. (Archivbild)

Was muss eine Mutter erlebt haben, die einen Richter bittet, ihren Sohn lange hinter Gitter zu bringen? Der Fall aus Hennef machte Kopfschütteln.

Nur einem Zufall haben die Bewohner eines Mehrfamilienhauses ihr Leben zu verdanken. Das Schlafzimmerfenster eines Pärchens stand auf Kipp, unter dem Holzbalkon züngelten die Flammen hoch, der Rauchmelder schlug an. Der Mann hörte das Piepen, weckte seine Partnerin und alarmierte die Feuerwehr. Keine Nachbar hätte das Feuer mitbekommen, sagte er am Rande eines Prozesses vor dem Schöffengericht. Dort musste sich ein 30-Jähriger verantworten, der in dieser Märznacht 2025 eine Spur der Verwüstung in Hennef hinterlassen hat.

Er legte zahlreiche Brände, unter anderem standen ein Wohnanhänger, ein Reifenstapel, ein Radlader, Spielgeräte und Mülltonnen lichterloh in Flammen. Eines der Feuer sprang auf einen Verteilerkasten über, infolgedessen in einem Wohngebiet der Strom ausfiel. An etlichen Autos schlug er die Heckscheiben ein. Er beschädigte auch die Rathausfassade und eine Glasscheibe der Halle Meiersheide. Anlass: Frust.

Hennefer bedrohte seine Mutter mit einem langen Messer und dem Tod

23 Fälle listet allein diese Anklage auf, die Staatsanwältin verlas darüber hinaus weitere Anklagen wegen versuchter räuberischer Erpressung, Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung und Fahrraddiebstahls. Opfer waren vor allem seine Ex-Freundin, zwei ihrer Partner - und seine Mutter. 

Die hatte ihrem Sohn immer wieder geholfen, zahlte zwischenzeitlich auch seine Miete, wollte ihm aber irgendwann kein Geld mehr geben, das zum Großteil in Drogen floss, in Speed, Marihuana und Alkohol. Er trat im Streit den Außenspiegel ihres Autos ab, bedrohte sie mit einem langen Messer und dem Tod.

Brennende Reifen neben einem Radlader - der zweite Einsatz für die Feuerwehr.

Brennende Reifen neben einem Radlader - der zweite Einsatz für die Feuerwehr. (Archivbild)

Vor der Hauptverhandlung hatte sich die Henneferin, eine selbständige Kauffrau, in einer E-Mail an den Vorsitzenden Richter Ulrich Wilbrand gewandt mit der Bitte, ihren Sohn möglichst lange ins Gefängnis zu sperren. Der Vater, der seit Jahrzehnten von ihr getrennt lebt und ebenfalls selbständig ist, bekundete gegenüber dem Gericht, seinen Sohn in seinem Haus in Sankt Augustin aufnehmen zu wollen.

Der Angeklagte war aus der Untersuchungshaft in Handschellen in den Saal geführt worden. Das knappe halbe Jahr im Gefängnis habe seinem Mandanten gutgetan, sagte der Strafverteidiger. Der 30-Jährige stimmte zu: „Jetzt bin ich clean.“ Er wolle sich nun um einen Therapieplatz kümmern. Der Richter widersprach: „Sie sind doch in der JVA beim Kiffen erwischt worden.“ Und um eine Therapie hätte er sich ja bereits aus dem Gefängnis heraus bemühen können.  

Das Leben des Angeklagten verlief schon lange nicht mehr in geordneten Bahnen, er machte zwar einen Hauptschulabschluss, flog aber vom Berufskolleg. Nach einem sozialen Jahr im Rettungsdienst und einer Ausbildung als Fachlagerist jobbte er mal hier, mal da, seit eineinhalb Jahren ist er arbeitslos. Vorstrafen wegen Körperverletzung und Betäubungsmittelbesitz sammelt er seit 2017.   

„Ihr Problem ist ein Persönlichkeitsmangel“, sagte Richter Wilbrand. Der Angeklagte sei kein kalkulierter Verbrecher, er denke nur sehr kurz, zeige ein extrem unsoziales Verhalten. „Sie verbreiten Angst und Schrecken.“

Die Staatsanwältin plädierte auf drei Jahre und drei Monate Haft, der Verteidiger auf eine bewährungsfähige Strafe unter zwei Jahren. Das Schöffengericht verhängte drei Jahre, hob den Haftbefehl aber auf. So darf der Angeklagte bei seinem Vater auf die Ladung zum Haftantritt warten. Bis dahin muss er sich bei der Drogenberatung melden und ein monatliches, negatives Drogenscreening vorlegen. Verletzt er eine der Auflagen, wandert der Verurteilte sofort hinter Schloss und Riegel.

Ob er die drei Jahre komplett absitzt, hat er selbst in der Hand. Falls sein Therapieantrag und die anschließende Drogenentwöhnung erfolgreich sind, kann die Strafe zurückgestellt und der Rest zur Bewährung ausgesetzt werden.