Auf die Kleidung kommt es an: Wenn sich ein Straftäter gegen ein Festhalten wehrt, wird der Angriff auf Uniformierte härter bestraft.
15 VorstrafenDieb verletzt zwei Siegburger Ordnungsamtsmitarbeiter

Mitarbeiter des Siegburger Ordnungsamtes sind deutlich an ihren Uniformen zu erkennen, hieß es in einem Prozess gegen einen Dieb, der zwei Beschäftigte verletzte. (Archivfoto)
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Nicht nur die Polizei, auch Feuerwehrleute und Ordnungsamtsmitarbeiter haben besondere Befugnisse, wenn es um die Sicherheit geht. Dabei kommt es auf das Erscheinungsbild an. Paragraf 113 schütze alle Uniformträger, die sich in der Öffentlichkeit automatisch im Dienst befänden, hieß es in einem Prozess vor dem Schöffengericht. Dort saß ein Mann aus Much wegen räuberischen Diebstahls, Körperverletzung und Angriff auf Vollstreckungsbeamte auf der Anklagebank.
Er hatte im August vergangenen Jahres ein Paar Schuhe im Wert von 50 Euro in seine Tasche gesteckt und das Geschäft in der Siegburger Innenstadt verlassen, ohne zu bezahlen. Eine Verkäuferin, die ihn aufhalten wollte, schubste er weg. Ein Passant hielt den 29-Jährigen fest, zwei Ordnungsamtsmitarbeiter kamen hinzu, schafften es aber kaum, den um sich Schlagenden zu beruhigen, und erlitten Schürfwunden.
Gericht: Uniformen der Siegburger Ordnungsamtsmitarbeiter sind nicht zu übersehen
Ein dritter Stadtbediensteter brachte diesen schließlich in der Fußgängerzone zu Boden und legte ihm Handschellen an. Der Angeklagte räumte alle Vorwürfe ein und bat um Entschuldigung. Er habe die Nacht zuvor auf der Straße verbracht und sei nicht ganz bei sich gewesen. Sein Verteidiger Bernd Arnold forderte eine milde Strafe, sein Mandant habe eventuell nicht gewusst, dass es sich um Beschäftigte des Ordnungsamtes handelte.
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Das verneinten der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand. Die Uniformen, die deren „hoheitliche Tätigkeit“ schützten, seien nicht zu übersehen.
Für den Angeklagten sprach, dass er zum Tatzeitpunkt unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln, Cannabis, Amphetaminen und Kokain, stand. Gegen ihn sein langes Vorstrafenregister mit 15 Einträgen aus den vergangenen zehn Jahren.
Angeklagter aus Much ist seit Jahren ausreisepflichtig
Darunter ein gemeinschaftlicher Raub im Jugendalter, der mit einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren geahndet wurde. Mehrfach wurde er wegen Drogenhandels, unter anderem am Kölner Brennpunkt Ebertplatz, und wegen Diebstahls zu Geldstrafen verurteilt. Außerdem wurde er wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsrecht belangt.
Der Mann kommt nach seinen Angaben aus Algerien, hat mit 14 Jahren seine Heimat verlassen und lebt seit 2015 in Deutschland, aktuell in einer Asylbewerberunterkunft in Much. Er ist ausreisepflichtig, so stellte es das Gericht zuletzt im Juli 2024 fest.
Der Angeklagte hofft indes, dass ihn die Beziehung zu seiner deutschen Freundin vor der Abschiebung retten kann. Doch diese lebt mit ihren Kindern im Ruhrgebiet. Eine Heirat dürfte an den fehlenden Papieren scheitern, erklärte der Richter: „Dafür brauchen Sie hier in Deutschland unter anderem eine Geburtsurkunde.“
Es gebe für ihn nur eine Chance, nach Algerien zurückzukehren und als Facharbeiter wieder einzureisen, so Wilbrand. Das sei aber vermutlich ein langer Weg, denn der Angeklagte hat weder einen Schulabschluss noch eine Berufsausbildung.
Das Gericht verhängte eine Haftstrafe von 20 Monaten, hinter Gitter aber muss er zunächst nicht. Der 29-Jährige muss binnen sechs Monaten 120 Sozialstunden leisten und sich in einer Drogenberatungsstelle melden. „Er wird das Bundesgebiet verlassen müssen“, stellte der Richter fest, dennoch solle er bis zu diesem Zeitpunkt von einem Bewährungshelfer unterstützt werden. Leiste er dessen Anweisungen nicht Folge oder verletze er die Bewährungsauflagen, müsse er ins Gefängnis.
In der JVA hat er den vergangenen Monat verbracht, wurde in den Gerichtssaal in Fußfesseln geführt. Weil er zum ersten Prozesstermin Ende April nicht erschienen war, hatte Ulrich Wilbrand einen Haftbefehl verhängt. Zwei Wochen später wurde der Gesuchte gefasst.