Rehkitze getötetGericht verurteilt Landwirt aus Hennef zu Geldstrafe

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Ein Helfer stülpt einen Wäschekorb über ein Rehkitz auf einem Feld.

Weder die ehrenamtlichen Rehkitzretter noch seine Jagdpächter hatte der angeklagte Hennefer Bauer vor der Mahd verständigt. (Symbolbild)

Ein Hennefer Landwirt hat gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Der Mähtod zweier Kitze war laut Amtsgericht vermeidbar.

Mit einem einzigen Anruf hätte ein Bauer zwei Rehkitze retten können. Doch der 59-Jährige hatte sich vor der Mahd nicht mit seinen Jagdpächtern in Kontakt gesetzt. Der Hennefer musste sich nun wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor dem Siegburger Amtsgericht verantworten. Auf den Zuschauerplätzen verfolgten etliche Kollegen den Prozess.

Spaziergänger hatten am Fronleichnamstag Mitte Juni 2022 ein noch lebendes Jungtier mit zerschredderten Läufen an einem Feldrand entdeckt, ein zweites, bereits verendetes wurde später 30 Meter weiter gefunden. Die herbeigerufene Tierärztin alarmierte die Polizei, eine Beamtin erlöste das Kitz mit einem Schuss.

Der Hennefer Landwirt hielt die Mähtod-Gefahr für sehr gering

Der Angeklagte räumte sein Fehlverhalten ein, er habe die Wahrscheinlichkeit, dass zu diesem späten Zeitpunkt neu geborene Tiere im hohen Gras liegen, für sehr gering gehalten. „Ich rufe die Jagdpächter immer vor der ersten Mahd an“, sagte der Bauer, in der Regel sei das Mitte Mai.

Wenige Stunden vor dem Ernteeinsatz werde das Feld abgesucht, schilderten die beiden Jagdpächter im Zeugenstand; etwa zehn Minuten dauere das mit einer Drohne mit Wärmebildtechnik, falls diese nicht verfügbar sei, mehrere Stunden zu Fuß, je nach Zahl der Helfer. Trotz dieser Kontrollen komme es vor, dass Tiere übersehen würden. Nach Schätzungen des Netzwerks Lebensraum Feldflur werden 100.000 Kitze im Jahr in Deutschland bei der Ernte getötet.

Sie haben Ihre Pflicht verletzt und den Tieren grundlos Leid zugefügt
Amtsrichter Ulrich Wilbrand zum angeklagten Landwirt

Amtsrichter Ulrich Wilbrand äußerte durchaus Verständnis für die Arbeit eines Landwirtes, dieser müsse, je nach Wetterlage, rasch reagieren. „Doch Sie haben Ihre Pflicht verletzt“, sagte er zum Angeklagten, „und den Tieren grundlos Leid zugefügt.“ Wenn der Bauer auch vor der zweiten Mahd einen der Jagdpächter informiert hätte, wären die Kitze nicht verendet, „wenn auch nicht mit 100-prozentiger Sicherheit“.

Da dieser Fall aber keine Ausnahme darstellte, boten Staatsanwaltschaft und Richter dem Angeklagten an, das Verfahren gegen eine Geldbuße von 1000 Euro einzustellen, zahlbar an die Jagdpächter. „Davon haben doch die Kitze nichts“, wandte dieser ein.

Er sei nur bereit zu zahlen, wenn die Pächter oder die Jagdgenossenschaft eine Drohne anschafften. Kollegen in Rheinland-Pfalz seien in vergleichbaren Fällen ohne Bußgeld davon gekommen: „Wie kann das sein?“ Eine Bedenkzeit ließ der Landwirt verstreichen, sodass das Gericht nach rund zwei Stunden ein Urteil sprach.

Der in Trennung lebende 59-Jährige, dessen Betrieb seiner Steuererklärung zufolge nur Verluste macht, muss eine Geldstrafe von 1000 Euro (50 Tagessätze à 20 Euro) sowie die Kosten des Verfahrens zahlen, wozu auch Fahrtkosten und Verdienstausfall der Zeugen gehören. Letzteres wäre ihm bei einer Einstellung erspart geblieben.


Rehkitzhilfe Lohmar seit 2019 im ehrenamtlichen Einsatz

Mit zwei Drohnen mit Wärmebildtechnik sucht die 2019 gegründete Rehkitzhilfe Lohmar die Felder ab: Mehrere Hundert Jungtiere seien so in dieser Saison gerettet worden, sagt die Vorsitzende Andrea Surrey. Im vergangenen Jahr waren es 80. Etwa 20 Helfer beteiligten sich.

Die Gruppe wird nach Absprache mit Landwirten und Jagdpächtern kostenlos tätig. Der Einsatz erfolgt in den frühen Morgenstunden. Nur bei kühlen Außentemperaturen könne die Technik das Jungtier finden. Eine Drohne sei aus Spenden finanziert worden, eine besonders hochwertige für mehrere Tausend Euro stelle der Verein ETN mit Sitz in Much leihweise zur Verfügung. Idealerweise erfolge die Suche kurz vor der Mahd: „Wir sind auch schon vor dem Traktor hergeflogen.“

Die Gruppe brauche Verstärkung von Ehrenamtlern, die bereit seien, von Ende April bis Mitte Juli zu den Einsätzen mitzufahren, so Surrey: „Wir bringen ihnen gerne das Fliegen mit der Drohne bei.“ Auch die Kreisjägerschaft setze auf die Technik, berichtet der Vize-Vorsitzende Thomas Decker. Etwa 15 Drohnen werden im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis für die Rehkitzsuche auf den Feldern eingesetzt, sie gehören dem Verband, Privatleuten und Vereinen. (coh)

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