Sperrung schlimmer als LockdownHennefer „Bürgerhof“ kämpft ums Überleben

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Bürgerhof II

Der „Bürgerhof“ genießt einen überregionalen Ruf und erhält regelmäßig Auszeichnungen.

  • Mandy und Said betreiben seit etlichen jahren den „Bürgerhof“ in Happerschoß.
  • Zwei Monate lang mussten sie ab März schließen, lediglich Außer-Haus-Verkauf war möglich.
  • Nun haben die beiden mit ganz neuen Problem zu kämpfen, die nichts mit Corona zu tun haben.

Hennef – „Wir sind noch schlimmer dran als zu Zeiten des Lockdowns“, Mandy Noroozi ist die große Sorge um ihren Betrieb deutlich anzumerken. Gemeinsam mit ihrem Mann Said betreibt sie seit etlichen Jahren den „Bürgerhof“ in Happerschoß. Zwei Monate lang mussten sie ab März schließen, lediglich Außer-Haus-Verkauf war möglich.

Im Mai haben die Noroozis ganz langsam wieder aufgebaut. Viele Gäste waren ängstlich und ließen sich Zeit, bis sie wieder in Gaststätten gingen. Allmählich kam das Geschäft wieder ins Laufen.

Sanierung der Schlossstraße

Doch mit Beginn der Sommerferien kam der nächste Schlag. Die Sanierung der Schlossstraße am Allner Berg sowie die ebenfalls gesperrte Happerschosser Straße – dort wird der Kanal saniert – schnitt das Dorf sozusagen von der Außenwelt ab. Die Umleitung führt durch das Bröltal und Ingersau nach Neunkirchen. Die andere Variante geht über Pohlhausen und das Wahnbachtal.

Bürgerhof I

Mandy und Said Noroozi befürchten durch die Straßensperrungen katastrophale Folgen.

Das macht einen Umweg von mindestens 16,5 Kilometer, pro Strecke (wir berichteten). Die Arbeiten laufen noch bis zum 11. August. Ab den Herbstferien ist ein zweiter Bauabschnitt mit weiteren sechs Wochen Sperrung vorgesehen. „Gäste aus Bonn und Sankt Augustin sagen uns ab, weil der Weg so kompliziert ist“, hat Noroozi erlebt. „Eine Kegelgruppe ist abgesprungen, weil sie für Hin- und Rückweg 81 Kilometer ausgerechnet haben. Das war ihnen zu viel.“

Besucher mit großer Verspätung

Andere Besucher sind mit großer Verspätung gekommen. Zu ihnen gehören Susanne und Jörg Witzmann aus Köln-Porz-Zündorf. Zwei Tische sind an diesem lauen Sommerabend besetzt, sonst ist die Außenterrasse gut besucht. „Wir hatten reserviert und wollten pünktlich sein“, sagt Susanne Witzmann. Für 18.30 Uhr hatten sie gebucht, um 18.45 Uhr riefen sie an, dass es später werden wird.

„Wir haben kein Umleitungsschild gesehen und haben gesucht“, erklärt Ehemann Jörg. „Ohne Navi finden wir das nicht wieder.“ Denn vor einigen Jahren waren sie schon mal in Happerschoß essen und wussten, dass es sich lohnt. „Hätten wir das nicht gewusst, wären wir umgedreht“, gesteht Susanne Witzmann.

Sperrung ist nirgendwo eingetragen

Das Navigationsgerät schickte sie in alle möglichen Richtungen, die Sperrung ist offenbar nirgendwo eingetragen. Schließlich drehten sie einmal und entdeckten doch noch die U 10, die Umleitung über Neunkirchen. Um 19 Uhr trafen sie schließlich ein, entschuldigten sich für die Verspätung. „Die Zeit für die Baustelle ist sehr lang“, wundern sie sich. „Erst bringen die Noroozis Corona hinter sich und dann kommt so was.“

Saal Bürgerhof

Ein leerer Saal, wo sonst die Tische besetzt sind. Im „Bürgerhof“ bleiben die Gäste aus.

Über solche Gäste ist Mandy Noroozi natürlich glücklich. Denn alle Feiern sind abgesagt worden, keine Hochzeiten finden statt. Der „Bürgerhof“ genießt weit über die Stadtgrenzen hinaus einen guten Ruf, wird immer wieder ausgezeichnet. Bekannt sind die Weinproben in dem urigen Fachwerkambiente, die großen Veranstaltungen indes sind derzeit nicht möglich. „Wir sind angewiesen auf jeden Gast“, beschreibt die Gastgeberin mit Leib und Seele die Dramatik der Situation. „Wenn der Termin für die Baustelle nicht eingehalten wird, dann wird es bald katastrophal für uns.“

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Der Außer-Haus-Verkauf ist nämlich keine Option mehr. „Die Leute haben uns während des Lockdowns sehr gut unterstützt. Doch die großen Bestellungen aus Hennef und Siegburg bleiben aus, die Qualität des Essens würde auf den langen Wegen zu sehr leiden.“

Und Gäste, die mit dem Taxi kommen oder wegfahren, gibt es nicht mehr – das kann sich kaum jemand leisten. „Alle denken, die Krise ist überwunden, aber für uns ist sie das nicht“, resümiert Noroozi. Im August wird es noch ein Gespräch mit der städtischen Wirtschaftsförderung geben. „Das ist sehr spät“, meint die zierliche, stets höfliche Gastwirtin, „bei uns geht es um die Existenz“.

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